Geschrieben von Marco Gräff
Band: Annisokay
Album: Aurora
Genre: Modern Alternative Metal / Metalcore
Plattenfirma: Arising Empire
Veröffentlichung: 29.01.2021
Seit 2007 liefern die mittlerweile zum Quartett geschrumpften ANNISOKAY aus Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt regelmäßig hochwertigen Metalcore der modernen und melodischen Art. Man kann durchaus behaupten, dass sich die Band stetig gesteigert und mit jedem Album ein besseres vorgelegt hat. Irgendwann ist aber der Punkt erreicht, an dem es nicht mehr besser werden kann…
Seit dem letzten Werk „Arms“ 2018, von dem meine Kollegin Katja so geschwärmt hat, ist einiges passiert. Die wichtigste Veränderung dürfte der Weggang von Shouter Dave Grunewald sein, der nach der Festivalsaison 2019 den Hut nehmen musste, bzw. nahm. Doch bereits im darauffolgenden Herbst wurde Rudi Schwarzer als neuer Frontman vorgestellt. Auf Tour mit den ‚Emil Bulls‘ durfte er sich dann auch gleich beweisen.
In wie fern die neue Personalie Einfluss auf die neuen Songs hat kann man nur erahnen. Erneut ist eine Weiterentwicklung festzustellen und auch (leider) deutlich hörbar. Wobei es am Sound an sich erneut nichts zu Mäkeln gibt. Gitarrist und (gleichzeitig, seit Anbeginn) Produzent Christoph Wieczorek hat der Platte einen gewohnt druckvollen und organischen Sound verpasst. Stilsitisch haben sich ein paar, in meinen Augen, auch recht ungewohnte Neuerungen eingeschlichen.
Dabei dürften gerade der Album Opener Like a parasite und die erste Singleauskopplung STFU noch die Band typischsten Nummern auf AURORA sein. Gleich zu Beginn starten die Jungs mit einem Breakdown, und auch Neushouter Rudi darf sich gleich voll beweisen. Als wolle man den Fans sagen – wir sind wieder da, so wie ihr uns kennt. Auch die zweite Nummer geizt nicht mit Härte und Breakdowns. Also alles beim Alten? Jein. Denn bei The tragedy wird es dann schon ungewohnt poppig. Sehr poppig für meinen Geschmack. Auch wenn sich das Stück über die Songlänge hinweg im Härtegrad steigert, Harfen und leicht verzerrten Klargesang hab‘ ich beim besten Willen aber nicht erwartet. Vor allem die erste Minute klingt mehr nach einem neuzeitlichen Schmachtfetzen als nach ANNISOKAY. Zum Glück setzen bald Gitarren ein und spätestens wenn Rudi einsteigt, erinnert man sich wer hier überhaupt gerade spielt. Der symphonische Einschlag gegen Ende passt dagegen gut, auch wenn er fast zu sehr in den Hintergrund gemischt ist.
Aber irgendwie hat es sich ja schon spätestens mit dem letzten Album angedeutet, wo die Reise zukünftig hingehen wird. Synthie-Passagen und Elektro-Enflüsse finden sich auch hier wieder reichlich, an harten Passagen wird natürlich nicht gespart, auch wenn diese gefühlt etwas weniger aber platziert zu finden sind. Und wenn, dann recht heftig. Das Spiel zwischen emotionalem Klargesang und harten Shouts funktioniert noch immer, melodisch sind ANNISOKAY sowieso. Und doch klingen die Jungs anders als bisher.
Sie sind schon etwas ruhiger geworden, haben sich geöffnet und lassen deutlich mehr Alternative Rock und andere Stile mit einfließen. Keine Frage, AURORA wird sicher weit nach vorne in die Charts gehen („Arms“ ging bis auf Platz 26 – Anm.), doch von Mainstream möchte ich noch nicht sprechen. So eine Nummer wie Under your Tattoo sprengt noch immer jeden Moshpit. Auch The blame game und Friend or enemy haben das Zeug zu Fanlieblingen zu werden. Und der fette Breakdown bei I saw what you did lässt schon fast die Boxen platzen. Da kommt eine getragene und emotionale Nummer wie Standing still gerade recht. Also ein bunt gemischtes Album mit den bekannten Trademarks der Band und einigen neuen, wenn auch nicht immer zündenden Ideen.
ANNISOKAY haben sich also mit ihrem fünften Output so einiges getraut. Nach starkem Beginn wird ein bisschen experimentiert, was dem Album und dem Sound der Band nicht wirklich gut steht, aber nach dem (leichten) Hänger fängt sich das Quartett wieder und rettet AURORA quasi auf der Zielgeraden noch mal kurz vorm Absturz. An die beiden Vorgängeralben kommt die neue Platte aber zu keinem Zeitpunkt ran. Am neuen Shouter soll es aber nicht liegen. Rudi Schwarzer macht einen soliden Job und lässt, auch wenn das die Fans der ersten Stunde nicht hören mögen, einen Dave Grunewald diesbezüglich nicht wirklich vermissen.
von mir gibt es 7,5 von 10 Hellfire-Punkten
Tracks:
01 – Like a parasite
02 – STFU
03 – The tragedy
04 – Face the facts
05 – Overload
06 – Bonfire of the millenials
07 – The cocaines got your tongue
08 – Under your tattoo
09 – The blame game
10 – I saw what you did
11 – Standing still
12 – Friend or enemy
13 – Terminal velocity
Line Up:
Rudi Schwarzer – Gesang
Christoph Wieczorek – Gesang / Gitarre
Norbert Kayo – Bass
Nico Vaeen – Drums
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