Geschrieben von Katja Maeting
Band: Anywhere But Here
Album: Built From Memories, Made In Dreams (EP)
Genre: Metalcore
Plattenfirma: unsigned
Veröffentlichung: 02. August 2019
„Alle sagten, das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat’s einfach gemacht.“ Irgendwie musste ich direkt an diesen altbekannten Spruch denken, als ich las – und hörte – das Anywhere But Here in ihrer Musik Metalcore mit Einflüssen von Jazz bis Akustik mischen. Geht definitiv! Die Band aus Berlin spielt sich seit 2018 nicht nur über heimische Bühnen, sondern konnte sich auch schon eine kleine Tour durch Norddeutschland ins Tagebuch eintragen. Nicht schlecht für eine so junge Formation. Und mit ihrem Sound dürften sie dabei definitiv für Aufmerksamkeit gesorgt haben, denn Standard ist hier eher wenig.
Zum Opener „Aletto Pelican“ haben Anywhere But Here zeitgleich zum EP-Release ein Video veröffentlicht. Der Song beeindruckt mit seiner Mischung aus aggressiven und harmonischen Parts, dem Wechsel aus harten, etwas schrägen Riffs und klaren Melodie-Ketten, kompakt-dominanten Blastbeats und dezentem Drumming und Vocals zwischen druckvoll-aggressiven Shouts und einem Klargesang, der eher nach prägnantem Alternative anstatt nach typischen Metalcore-Cleans klingt. „Lunar Escape (Part I)“ ist als Vorab-Single schon länger auf diversen Streaming Plattformen verfügbar. Auch dieser Song setzt wieder auf das Spiel der Gegensätze, legt die Cleans diesmal aber auch über die vorandrückenden Parts – schon allein weil es hier eigentlich keine rein melodischen Parts gibt. Zwischendurch wird’s auf dem Weg zum Breakdown mit Beatdown-Anhauch auch noch ein bisschen proggy. Interessante Idee, mich stört hier eigentlich nur, dass Gesangs- und Instrumentallinien, gewollt oder ungewollt, streckenweise etwas nebeneinander statt miteinanderklingen.
„Solar Eclipse (Part II)“ hat auch wieder seine ganz eigene Überraschung im Gepäck. Diesmal den Einsatz von Piano-Klängen, einen erheblich höheren Gesamtanteil des Klargesangs, viele melodisch vollen Passagen und einen musikalischen Einschub der mich jedes Mal aufs neue an Queen denken lässt. Zudem liefert der Song im Text auch den Titel der EP. Bei „Red Skies (Part III)“, der als Single noch „These Days (Part III) hieß, habe ich dann zum ersten Mal durchgehend das Gefühl, was altbekanntes gefunden zu haben. Und das will bei meiner Schlagzahl an Core-Alben was heißen, wenn das so lange dauert. An sich kein schlechter Song, wirkt er neben seinen Nachbarn einfach blass. Weiträumige Clean Parts, die nicht so prägnant ausfallen wie auf dem Rest des Albums und auch die Shouts wirken etwas zurückgenommen, dazu reichlich Gang Vocals als Garnitur und das Ganze hinterlegt mit einer konstanten, unaufgeregten Melodie-Kette. So richtig festsetzen will sich da nichts – vielleicht sind die musikalischen Sinne auch einfach anspruchsvoll geworden.
„Sideeffects“ kombiniert dafür ziemlich interessant Blast Beats mit Jazz Einflüssen, harte klare Riffs ziehen sich durch den Song und werden hin und wieder unterbrochen von Passagen, die mal nach Improvisationsspielereien, mal nach traditionellem Metal klingen. Ein Track, der eine wilde musikalische Reise verspricht. Auch hier allerdings kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass man an einzelnen Stellen noch ein kleines bisschen mehr aus dem auch so schon guten Song hätte herausholen können. Als Bonus gibt es das Demo des Songs „Green Brownies in Santa Monica“ bei dem Anywhere But Here Akustik mit Breakdowns kombinieren und ein paar andere Facetten ihrer Experimentierfreude zeigen.
Anywhere But Here gehen definitiv mit einem erfrischend anderen Ansatz an die Metalcore-Sache heran. Klar kommt man nicht drum herum, auch bekannten Strukturen zu folgen, aber die Jungs suchen sich lieber auf eigene Weise ihren Weg zum Ziel anstatt einer abgegriffelten Karte zu folgen. Definitiv eine der interessantesten Bands, die mir in letzter Zeit per Zufall im Music Player gelandet sind. Auch wenn beim Finetuning der Songs und der Produktion noch ein bisschen Luft nach oben ist, so wirbeln Anywhere But Here mit „Built From Memories, Made In Dreams“ für ein Debüt und eine so junge Band echt angenehm frischen Wind auf, auch wenn die Songs mit ihren teils vertrackten Strukturen und einem weitgreifenden Ideen-Mix nicht immer leichte oder eingängige Kost sind. Wer Metalcore auch mal anders mag, sollte sich diese EP gönnen.
Von mir gibt es 7,5 von 10 Hellfire-Punkten
Trackliste:
01. Aletto Pelican
02. Lunar Escape (Part I)
03. Solar Eclipse (Part II)
04. Red Skies (Part III)
05. Sideeffects
06. Green Brownies in Santa Monica (Demo)
Line-up:
Juri (Vocals)
Alex (Guitar, Backing Vocals)
Paul (Guitar, Backing Vocals)
Markus (Bass)
Jonathan (Drums)
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