Geschrieben von Oliver Heberling
Artist: Atlantean Kodex
Album: The Course of Empire
Genre: Epic Metal
Plattenfirma: Ván Records
Veröffentlichung: 13. September 2019
Sechs Jahre ist es her, dass der zweite Langspieler von ATLANTEAN KODEX, The White Goddess mit einer unermesslichen Durchschlagskraft den Epic Metal-Sektor erschütterte. Ein Masterpiece dessen Songs im Verbund eine Dramatik entwickeln, die national und international eine Messlatte legt, an der sich neben selbsterklärt beeinflussten Newcomern wie Lethean eben auch ATLANTEAN KODEX selbst messen müssen.
Diesen Schritt wagen sie nun mehr als eine halbe Dekade später mit ihrem Neuling THE COURSE OF EMPIRE. Das neue Album ist schwerfälliger, dumpfer, härter und abwechslungsreicher als sein Vorgänger. Doch auch der melodische Hymnencharakter, der immer stärkere Einflüsse durch Manowar zum Vorschein trägt ist nicht verloren gegangen. Lyrisch befassen sich die Bayern mit dem Aufstieg und Niedergang von Zivilisationen, der einmal mehr den Spagat zwischen historischer Geschichtenerzählung und tagesaktueller Parabel probiert und meistert. Der Gang der Weltreiche ist das thematische Leitmotiv, das alle Songs unter einer Haube bündelt. Von Leitmotiven durchzogen ist auch die Musik, lyrisch wie instrumentell.
Die Höhepunkte des gut einstündigen Epos markieren meiner Ansicht nach das schwer fassbare „Chariots (Descending from Zagros)“, das schwerfällig und düster beginnt, dann temposteigernd explodiert und sich in einem wirkmächtigen choral unterstützten Ohrwurm-Refrain die Kür gibt. Hier gelingt es bestens zwischen Sword & Sorcery-Thematik und aktueller politischer Debatte zu changieren. Getoppt wird das nur noch vom Song-des-Jahres-Anwärter „He who walks behind the years (The place of sounding drums)“. Die Mischung aus den im Titel angesprochenen stampfenden Trommeln, Gitarrenharmonien und den von Sänger Markus Becker genial vorgetragenen, pathetischen Gesangsmelodien entwickelt eine Dramatik, die in ihren stärksten Momenten („louder in the distance drums are calling“) für Gänsehaut-Effekte sorgt.
Gitarrist und Lyrik-Mastermind Dr. Manuel Trummer der an der Uni Regensburg in Vergleichender Kulturwissenschaft doziert, beweist einmal mehr ein Händchen dafür, literarische Inspirationsquellen wie Mark Valentines und John Howards Werke Secret Europe und Inner Europe mit musikalischen Einflüssen wie Bathory („A secret Byzanthium (Numbered as sand and the stars)“) zu einer Einheit zu verbinden und, als Kniefall vor dem Geist der großen Vorbilder, das Hauptthema von ATLANTEAN KODEX, die historischen Entwicklungen Europas und dessen Vorzeichen für den weiteren Verlauf, durchzuexerzieren.
Konstanten des Menschheitszyklus erzählen und in mythologischem Gewand aufarbeiten: das ist die Stärke von ATLANTEAN KODEX. Den musikalischen Baukasten, den sie dafür einsetzen, schränkt die Band gezielt selbst ein und hat ihr hauseigenes Soundgewand entwickelt, aus dem sie auch mit THE COURSE OF EMPIRE nicht ausbricht, aber es um weitere Komponenten erweitert und die beständigen Elemente wie Beckers Gesang, auf die nächste Ebene verfrachtet.
Trotz des Einstiegs von Neu-Gitarristin Coralie Baier kündigen ATLANTEAN KODEX, wie auch bereits nach The White Goddess an, dass THE COURSE OF EMPIRE womöglich ihr letztes Album sei. Die, einerseits aus privaten und beruflichen Verpflichtungen, andererseits aus Haltung, Rosinen-artig rausgepickten Live-Auftritte beweisen, dass die Band nicht aus finanziellen Interessen agiert und eben auch keine Alben aus diesem Beweggrund veröffentlicht. Doch was aus ATLANTEAN KODEX wird ist ein weiteres Mal genauso ungewiss wie der Course des Vereinigten Europas, für das sie sich in ihren Texten stark machen.
Von mir gibt es 10 von 10 Hellfire-Punkten.
Tracklist:
01 – The Alpha And The Occident (Rising From Atlantean Tombs)
02 – People Of The Moon (Dawn Of Creation)
03 – Lion Of Chaldea (The Heroes’ Journey)
04 – Chariots (Descending From Zagros)
05 – The Innermost Light (Sensus Fidei)
06 – A Secret Byzantium (Numbered As Sand And The Stars)
07 – He Who Walks Behind The Years (The Place Of Sounding Drums)
08 – Spell Of The Western Sea (Among Wolves And Thieves)
09 – The Course Of Empire (All Thrones in Earth And Heaven)
10 – Die Welt von gestern (Abendland)
Line-Up:
Markus Becker – Vocals & Choirs
Manuel Trummer – Rhythm Guitars
Coralie Baier – Lead Guitars
Florian Kreuzer – Bass & Choirs
Mario Weiß – Drums
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