von Mathias Keiber
Band: Blazon Stone
Album: Return to Port Royal
Genre: Power Metal
Plattenfirma: Stormspell Records
Veröffentlichung: 27. November 2020
Schon mal von „Fan Fiction“ gehört? Es handelt sich um von Lesern geschriebene Weiterführungen echter Romane. Blazon Stone sind so etwas wie das musikalische Äquivalent dazu. Wie der Name des Projekts und der Titel des ersten, 2013 veröffentlichten Albums, „Return to Port Royal„, vermuten lassen, wird hier der Band von Käpt’n Rock n‘ Rolf Tribut gezollt. Konkret: es geht um Running Wild anno 1988. Und ganz konkret handelt es sich um eine Neuaufnahme des Debüts von Blazon Stone, die während der Pandemie entstanden ist.
Im Prinzip macht Multi-Instrumentalist und Songschreiber Cederick Forsberg hier alles richtig: Er schreibt und performt gut gelaunte Piraten-Metal-Songs, die auch von Rock n‘ Rolf und auf „Port Royal“ hätten sein können. Nur fehlt das gewisse Extra, das eben dieses Album von Running Wild zu ihrem für mich besten überhaupt machte: Die Varianz, die Rock n‘ Rolf mit dem poppig angehauchten „Uaschtischum“ und dem darauf folgenden Instrumental „Final Days“ rein brachte, bei dem man einfach mal die Gedanken schweifen lassen konnte. Stattdessen gibt’s auf „Return to Port Royal“ nach „Into the Arena“-Manier durchgehend auf die Fresse.
Das macht natürlich Spaß, hat aber einen Haken. Doch dafür muss ich etwas ausholen und abermals auf Rock n‘ Rolf zu sprechen kommen: Auch wenn ich jeden Vorwurf nachvollziehen kann, den man ihm in den letzten 30 Jahren gemacht hat, konnte ich einen, den er sich in den Achtzigern schon hatte anhören müssen, nie nachvollziehen: Running Wild hätten einen besseren Sänger als ihn verdient gehabt. Dem kann ich nur entgegen: Hätte er sich einen Filigran-Piepser wie Michael „Maikel“ Kiske angelacht, dann wäre ich nicht heute noch so großer Fan der ersten fünf Alben von Running Wild. Denn es ist Rock n‘ Rolfs rauer, kraftvoller Bariton, der die frühen Alben der Band für mich zum zeitlosen Vergnügen macht.
Bei „Return to Port Royal“ von Blazon Stone ist der übrigens nicht komplett neu aufgenommene Gesang jedoch so ein bisschen das Problem. Gastvokalist Erik Nordkvist fehlt ganz einfach die Überzeugungskraft in der Stimme, die Rock n‘ Rolf einst hatte. Und mit dem „Töne treffen“ hat es Nordkvist auch nicht so sehr.
Trotzdem hat die Neuauflage durch das US-Label Stormspell einiges für sich: ein überarbeitetes Cover in knalligeren Farben, einen neuen, ins Album integrierten Song („Beasts of War“) sowie zwei Bonustracks: Eine Live-Version von „Stand Your Line“ in erstaunlich guter (um ehrlich zu sein: zu guter) Qualität und ein Cover der Running-Wild-Nummer „Black Wings of Death“.
Und damit zur Neuaufnahme an sich: Eigentlich sind solche Sachen ja keine gute Idee. Aber da es sich bei Blazon Stone eh um ein Tribut-Projekt handelt, das per se nicht auf der Suche nach einem eigenen Sound ist, soll mir das mal egal sein. Nüchtern miteinander verglichen klingt die Neuaufnahme deutlich besser als die von 2013. Kurzum: Die 2020er „Return to Port Royal“ macht durchaus Spaß, auch wenn Fan Fiction generell nichts für mich ist — weder literarisch, noch musikalisch. Wenn ich das nun so gut es geht ausblende (ganz geht das nicht), dann komme ich auf 7 von 10 Hellfire-Punkten.
Tracklist
1. Intro 01:30
2. Return to Port Royal 05:08
3. Stand Your Line 04:24
4. Amistad Rebellion 04:36
5. High Treason 06:27
6. Curse of the Ghost Ship 05:11
7. Beasts of War 05:26
8. Blackbeard 04:49
9. Wind in the Sails 06:22
10. The Tale of Vasa 08:47
11. Stand Your Line [live ] 04:34
12. Black Wings of Death [Running Wild Cover] 04:55
Lineup
Cederick Forsberg (Bass, Gitarre, Schlagzeug)
Erik Nordkvist (Gesang)
Weitere Infos
https://stormspell.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/Stormspell.Records
https://www.facebook.com/BlazonStoneOfficial