Geschrieben von Marco Gräff
Band: Blind Guardian Twilight Orchestra
Album: Legacy of the dark lands
Genre: Symphonic / Classical / Musical
Plattenfirma: Nuclear Blast Records
Veröffentlichung: 08.11.2019
Sonntag, 21. Mai 1995, Capitol Mannheim – Mein erstes Live Konzert überhaupt. Das Album „Imaginations from the other side“ der Krefelder Band BLIND GUARDIAN war gerade sechs Wochen auf dem Markt, die zugehörige Tour mit „Nevermore“ als Support gerade voll im Gange. Ein Album, welches mich damals stark beeindruckt hat und auch heute noch zu meinen Top Favoriten gehört. Meiner Meinung nach waren sie mit dieser Scheibe auf dem Höhepunkt ihres Schaffens.
Es war der Beginn einer neuen Ära der Band. Mehr und mehr Bombast hielt Einzug in die Kompositionen, symphonische Elemente häuften sich. Nach dem noch ebenfalls starken „Nightfall in Middle-Earth“ folgte 2001 die Single „And then there was silence“, ein Song der mich wirklich sprachlos staunen ließ. Was war passiert? Für mich war das alles „too much“. Zu viel Bombast, der mehrspurige Gesang, die gesamten Arrangements. Zu geleckt, keine Härte mehr. Schade. Und es sollte sich über die kommenden Jahr zu einem Markenzeichen der einstigen Speed / Thrash Band mausern.
Gut, man kann heute von BLIND GUARDIAN halten was man will, es wird immer die beiden Lager geben, doch was man nicht absprechen darf ist die Konsequenz und der Wille gerade der beiden Köpfe Hansi Kürsch und André Olbrich. Seit mehr als 20 Jahren schwebte den beiden ein klassisches Werk vor. All die „Ausstaffierungen“ der Songs, die Intros und Interludes auf den Alben – nur ein Warmlaufen, eine Spielwiese.
Die erste Idee für ein reines Orchesteralbum reicht bis ins ferne Jahr 1996 zurück. „Als wir damit anfingen, hätten wir beide niemals gedacht, dass wir uns über einen solch langen Zeitraum damit beschäftigen würden“, sagt Hansi Kürsch. „Wir kamen damals ja wie die Jungfrau zum Kind zu diesem Orchesterprojekt – und plötzlich entwickelte sich solch ein Monster daraus.“ „Ich war schon nach unserem ersten fertigen Song Feuer und Flamme für die Idee“, so Olbrich. „Ich spürte, dass das hier etwas Neues war, etwas ungemein Kreatives. Es gab und gibt einfach nichts Vergleichbares.“
Und damit haben wohl beide Recht. Mit dem 90-köpfigen Prague Filmharmonic Orchestra nahm man im Prager Rudolfinum dieses Mammutwerk letzten Endes auf. Fantasy Autor Markus Heitz erdachte und konzipierte die Story um LEGACY OF THE DARK LANDS, was gleichbedeutend mit mit einer Fortsetzung seines Bestsellers „Die dunklen Lande“ ist. In knapp zwei Stunden bietet das Werk, hier darf man nicht mehr einfach von einem „Album“ sprechen, Bombast und Epik vom Feinsten, einem Filmsoundtrack würdig und doch alles was heutzutage Blind Guardian ausmacht.
Über die Art und Weise der Musik kann und will ich hier nicht wirklich drauf eingehen. Vom Sound und vom Mix her, der reine Klang ist fantastisch und die Wirkung die es hat wenn man sich das Werk in Ruhe zu Gemüte führt, ist unbeschreiblich. Mit Metal oder Rock hat LEGACY OF THE DARK LANDS nix im Geringsten zu tun, auch wenn ein gewisser Joey DeMaio mal gesagt haben soll, dass Richard Wagner mit seinen klassischen Werken der erste Metal Musiker der Geschichte war. Sicher mögen sich beide Welten auf einer gewissen Ebene ähneln. Doch gleichsetzen würde ich sie nie.
LEGACY OF THE THE DARK LANDS ist typisch BLIND GUARDIAN, was natürlich auch am Gesang von Hansi Kürsch liegt. Die Melodien und Soundmotive kennt man in Abwandlung auch von vielen Songs der Band der letzten 15 – 20 Jahre. Und doch wirkt alles noch imposanter und opulenter. Was natürlich auch kein Wunder darstellt. Doch wie geht man als Metal Head an so ein Werk ran, an ein Werk einer Band, die einem in den letzten Jahren kaum noch interessante Sachen geliefert hat?
Nun, ich steh auf großartige Filme und Soundtracks, und LEGACY OF THE DARK LANDS bietet über große Strecken genau das. Ein Fantasy Soundtrack der schon auf Grund der Bandvergangenheit und der Fantasy Themen und Lyrics natürlich oft an den „Herr der Ringe“ erinnert. Ebenso geht das Werk als Musical durch, und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass dieses Ding mal auf die Bühnen gelangt. Wer weiß was den Herren Olbrich und Kürsch mittlerweile durch den Kopf geht. Nichts scheint mehr unmöglich.
Kann man so ein Werk bewerten? Sicher nicht objektiv, wenn man in dieser musikalischen Welt nicht zu Hause ist. Subjektiv gesehen muss ich gestehen, dass ich durchaus Momente finde, in denen ich mich mit solcher Musik identifizieren kann. Und von seiner Art, Aufmachung und Gesamtwirkung ist LEGACY OF THE DARK LANDS sicherlich einzigartig. Ob man dafür aber den Namen BLIND GUARDIAN TWILIGHT ORCHESTRA verwenden muss, sollen andere diskutieren.
von mir gibt es 8 von 10 Hellfire-Punkten
Tracks:
01 – 1618 Ouverture 2:37
02 – The Gathering 1:22
03 – War Feeds War 5:05
04 – Comets And Prophecies 1:12
05 – Dark Cloud’s Rising 5:11
06 – The Ritual 0:52
07 – In the Underworld 5:50
08 – A Secret Society 0:25
09 – The Great Ordeal 4:55
10 – Bez 0:22
11 – In the Red Dwarf’s Tower 7:03
12 – Into the Battle 0:26
13 – Treason 4:21
14 – Between the Realms 0:48
15 – Point of No Return 6:37
16 – The White Horseman 0:50
17 – Nephilim 5:06
18 – Trial And Coronation 0:27
19 – Harvester of Souls 7:17
20 – Conquest Is Over 1:21
21 – This Storm 4:47
22 – The Great Assault 0:27
23 – Beyond the Wall 7:07
24 – A New Beginning 0:47
Line-Up:
André Olbrich
Hansi Kürsch
Prague Filmharmonic Orchestra
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