Geschrieben von Kapunkt Albrecht
Band: Broilers
Album: Puro Amor
Genre: Punkrock
Plattenfirma: Skull & Palms Recordings/WM Germany
Veröffentlichung: 23. April 2021
„Verdammte scheiße, bitte entschuldigt meine Wortwahl, aber es fühlt sich so verdammt gut an das hier wieder zu machen, zusammen mit meinen Freunden, mit dem einzigen Unterschied, dass wir euch nicht sehen können. Wir vermissen euch und versuchen zumindest über diesen Weg ein bisschen näher bei euch zu sein“.
So lauten die direkten Worte von Sänger Sammy Amara an die unzählig wartenden Liebhaber der gepflegten Punkrockmusik, bei der Broilers Tanz in den Mai Live & Loud Performance des neuen Albums auf den Social Media Kanälen, welche tausende Menschen durch die zahlreichen Lautsprecher erklingen lassen, als wäre das glühende Micro nie abgekühlt. Mit „purer Liebe“ und einer geballten Leidenschaft für richtig guten Punkrock, verwöhnen die fünf Vollblutrocker ihre Zuschauer zu Pandemiezeiten auf der Bühne der Bildschirme und all jener, die sich nicht mehr auf der Couch halten konnten und so wie ich quer durch die Wohnung tanzten.
Die Stille verstummt und alle Lichter sind gerichtet auf das mittlerweile achte Album und 27 Jahre unvergleichlicher Bandgeschichte, die gewachsen ist ohne dabei Altersbeschwerden zu entwickeln, auch wenn merklich die Milchzähne unlängst ausgefallen sind und jeder Riff mühelos, gänzlich ohne merkbares knacken sitzt. Der Aufruf zum gemeinschaftlichen Tanzen folgt hierbei irgendwie nur rein formell, denn das Tanzbein schwingt schon automatisch und es wird deutlich, in all den Jahren ist auch auf der neuen Platte nichts verloren an Punkrockglanz und Gloria und nichts ist wachsglänzend glattgeschliffen, denn Broilers bleiben sich auch im Jahr 2021 treu und liefern ordentlich ab. Holzig und derb geben die Fünf auch in schweren Zeiten noch lange nicht auf, sondern gehen mit lauten Gitarren und hämmernden Drums wahrlich gekonnt kombiniert richtig ab.
In Broilers typisch gezielt, feinfühligen knallhart Texten wie deutlich provokant in „Alice und Sarah“ in Richtung AFD, treffen sie auch diesmal den tropfenden Zahn der Zeit. Obwohl ich zugegeben mehrfach überlegt habe, ob das hitzige Thema in Clownskostüm zu Nazidreck passend ist, um ohne Faust auf den Tisch zu hauen. (Spoiler meinerseits: mit Humor doch wesentlich besser zu ertragen). So fröhlich untermalt mit blechernen Trompeten ist dieser Track doch auch recht passend gekleidet, um den frühlingswarmen Duft dieser Tage wieder herrlich leicht wahrzunehmen.
Doch auch ernste und ganz persönliche Tracks finden ihren gebührenden Platz auf dieser Werksammlung, wie beispielsweise in dem emotionsgeladenen Track „nach Hause/komm zurück zu mir“ einem durchweg vier minütigem Gänsehautmoment in Gedenken all jener, die wir auf unseren Wegen verloren haben, was auch die Broilers Familie, welche während der Plattenproduktion durch zwei schwere Verluste getroffen wurde, geprägt hat. Emotionen tief verschmolzen in starken Gitarrenriffs und klarer Stimme, melodisch einprägsam verpackt in tragender Erinnerung.
Ganz anders dagegen prangert der Track „Porca Miseria“ die heilige Scheiße einfach ganz direkt an. Herrlich untermalt mit zynischen „charmanten mitten in die Fresse Spitzen“, verpackt in einem rhythmischen Mitklatschangriff, als Aufruf zum Gestengetränk reinorgeln zum ausdrucksstarken Statement dieser Tage, muss man sich diese Platte zum Engblues auch aus der Ferne ganz und gar nicht schön trinken und ob sich Paul der Hooligan mittlerweile als hemmungslos knutschender „Schwer verliebter Hooligan“ zum Kuschelbär entwickelt, bleibt dabei wohl jedem Fan der alten Zeiten selbst überlassen. Ein hoch auf die Loco Hasta La Muerte Zeiten und wir erheben unsere Gläser auf all das was hinter uns liegt und träumen auf die nächsten Pogokreise fern jeder Krise.
„Gib das Schiff nicht auf“, denn Schiffe sind nicht gebaut um in Sicherheit zu stehen, erinnert schon rhythmisch recht wellenartig daran, dass auch wenn wir in stürmischen Zeiten nach dem Anker suchen, nochmal der Lautstärkeregler nachgeschraubt, alles viel leichter und erträglicher von der Hand geht.
Die einstige Düsseldorfer Schülerband von 1994 rockt mittlerweile unverkennbar unfassbar energiegeladen die bebenden Bretter von unzähligen Arenen und Festivals und begleitet auch mich schon seit frühester Kindheit in den Ohren durch zertanzte Nächte, Familienfeste und gehört zu mir wie das Salz in der Ostseeluft.
Getreu meinem persönlichen Highlight der Platte „Alles Wird Wieder Ok!“, kann es mit dem aggressiven in Musik gemalten Durchhalteparolegefühl von Freundschaft, Liebe und dem ein oder anderen Dosenbier auch in dieser angstverseuchten Zeit durchaus unvergessliche Momente geben und mit der Pandemie als Fußnote freue auch ich mich auf das nächste Konzert, um diese Lieder gemeinsam in verrauchten Hallen zu feiern.
Auf Euch!
Von mir gehen erstklassig volle 10 von 10 Hellfire Punkte raus!
Trackliste:
- Nicht Alles Endet Irgendwann
- Nach Hause Kommen/Zurück Zu Mir
- Gib Das Schiff Nicht Auf!
- Porca Miseria
- Alter Geist
- Trink Mich Doch Schön
- Schwer Verliebter Hooligan
- Diktatur Der Lerchen
- Da Bricht Das Herz
- Dachbodenepisoden
- Alles Wird Wieder Ok!
- Niemand Wird Zurückgelassen
- Alice Und Sarah
- An Allen Anderen Tagen Nicht (Lebe, Du Stirbst!)
und wer es verpasst hat, findet hier im folgenden Link die Performance zum nachschauen: Live & Loud
weitere Infos: