Geschrieben von Katja Maeting
Band: Callejon
Album: Hartgeld Im Club
Genre: Metal-Rap
Plattenfirma: Century Media Records
Veröffentlichung: 04. Januar 2019
Callejon und ich – das ist irgendwie Hassliebe. Deutsche Texte, ein sehr eigenwilliger Stil, absolute Direktheit, der Wille zur Provokation und eine gewisse Penetranz, das zeichnet die Jungs aus Düsseldorf aus. Das kann man lieben oder hassen, einfach zur Kenntnis nehmen ist da irgendwie keine Option. Entsprechend gestaltet sich meine Beziehung zu dieser Band. Früher gehasst, zwischendurch schwer verliebt und in der Playlist schwanken wir zwischen Skip und Endlos-Repeat. Wer sowas schafft, der macht vieles richtig, denn nur wer gegen den Strom schwimmt, geht nicht in der Masse unter.
Seit ihrem Album-Debüt 2006 gehen Callejon konsequent ihren eigenen Weg, gepflastert mit eigenen Songs. 2013 dann ein kleiner Anfall von Schizophrenie – aus Callejon wurde Kallejon und diese nahmen alles durch, was in den Jahren zuvor so deutschsprachig durchs Mainstream-Radio kreuchte und fleuchte. Da reichte die Speisekarte von den Ärzten über Sportfreunde Stiller bis zu den Fanta 4. Schon damals überraschten die Fünf mit einer individuellen Neuinterpretation, die das Original respektiert, egal aus welchem Genre, aber einfach ein Callejon-Ding, ‚tschuldigung, Kallejon-Ding draus macht.
Und schon damals hatten Callejon reichlich Spaß mit K.I.Z. – für mich eigentlich ein übles Menetekel an der Wand, denn ich finde Rap schrecklich, egal in welcher Sprache. Dank extremer Radioverbreitung kann man diversen Deutsch-Rap-Stücken inzwischen eigentlich nicht mehr entgehen und so dachte ich mir beim Blick auf die Trackliste: na gut, sie können es ja zumindest nicht SCHLIMMER gemacht haben. Erschreckenderweise haben sie aus der Mehrzahl der Liedern richtig geile Nummern gezaubert, die das Original locker in die Tasche stecken und wirken, als wären sie Callejon-Originale.
So haben sie sich den absolut typischen und verwechselbaren Sido-Track „Schlechtes Vorbild“ vorgenommen, bei dem man im Original einfach nur wie ein Wackeldackel den Kopf bewegt. Hieraus machen Callejon eine riffgeladene Hochenergie-Nummer, die angenehm aggressiv vorantreibt und die Stimmung hochpeitscht. Auch der Schmachtfetzen „Was du Liebe nennst“ gewinnt nicht nur durch die prägnante instrumentale Ausgestaltung, die der originalen Zuckerwatte-Struktur endlich Kanten verleiht, sondern auch die grundsätzlich andere Herangehensweise an den Gesang verstärkt den gelungenen Charakter der Neuinterpretation.
Lediglich am Deichkind-Song „Arbeit nervt“ arbeiten sich selbst Callejon etwas vergeblich ab. Die Hamburger haben halt einen so eigenen Stil, da kann man nichts von sich selber einbringen, ohne das es als Kopie oder Persiflage endet. Dafür wird selbst mein absolutes Feindbild „Bros“ in der Kallejon-Version erträglicher, aber als ausgewiesene Wort-Fetischistin zucke ich trotzdem immer zusammen, sobald das Wort „frägt“ über die Lippen von Sänger Bastian kommt. Aber dafür kann der Mann ja nix.
Natürlich geht es aber auch diesmal nicht ohne ganz eigenen Callejon-Sound. Der Titeltrack vereint orientalischen Flötenklang mit fetten Riffs und dreht das Grundprinzip des Albums um, indem er druckvollen Grundsound mit rappenden Guest-Parts von Antifuchs und Pilz vereint. Eine Rechnung, die definitiv in beide Richtungen funktioniert. Die unendliche Geschichte „Porn from Spain“ findet auch diesmal eine Fortsetzung, bei Ausgabe Nr. 3 hüpfen Callejon nicht einfach nur mit K.I.Z. in die Kiste, sondern holen sich von Altmeister Ice-T eine kurze, aber auf den Punkt sitzende Lektion ab. Da bin selbst ich beeindruckt.
Die Kombination aus Callejon und Deutsch-Rap klingt in der Umsetzung überraschend viel besser als sie sich auf dem Papier liest, aber wer seine musikalischen Schubladen liebt, sollte diese Scheibe in den Giftschrank packen. „Hartgeld im Club“ ist jetzt schon die Platte des Jahres 2019, die man entweder feiert oder bei der man abkotzt. Hier gibt es kein Jein, egal ob Callejon oder Kallejon, es gibt nur Ja oder Nein, Liebe oder Ablehnung, und ich bin gerad mal wieder schwer verknallt in die Callejon/Kallejon-Zwillinge.
Von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten.
Trackliste:
01. Von Party zu Party
02. Schlechtes Vorbild
03. Kids (2 Finger an den Kopf)
04. Palmen aus Plastik
05. Was du Liebe nennst
06. Willst du
07. Arbeit nervt
08. Urlaub fürs Gehirn
09. So Perfekt
10. Bros
11. Ich rolle mit meim Besten
12. Hartgeld im Club feat. Antifuchs und Pilz
13. Porn From Spain 3 feat. Ice-T und K.I.Z
Bonus Tracks (nur auf Limited Box Set):
Türlich, Türlich
Porn From Spain 3 REMIX by BastiBasti
Hartgeld im Club REMIX by Gspnst
Porn From Spain 3 REMIX by Actionhorn
Line-up:
BASTIBASTI – Vocals
BERNHARD HORN – Guitars
CHRISTOPH „KOTSCHE“ KOTERZINA – Guitars
THORSTEN BECKER – Bass
MAX „KOTZE“ KOTZMANN – Drums
Weitere Infos:
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