von Mathias Keiber
Band: Clutch
Album: Weathermaker Vault Series Vol.1
Genre: Rock
Plattenfirma: Weathermaker Music
Veröffentlichung: 27. November 2020
Clutch heißt auf Deutsch Kupplung und wenn man die im Auto tritt, dann wird das Getriebe vom Motor getrennt, die Kraftübertragung also unterbrochen. Ironischer hätte sich die Band um Frontmann-Phänomen und Weltklasse-Wortspieler Neil Fallon nicht benennen können. Denn im Grunde genommen ist die Band Motor und Getriebe in einem — und Kraftstoff obendrein.
Wer Clutch einmal live erlebt hat, weiß Bescheid. Bauchige Kopfnicker, deren Schuhwerk sonst tief im Boden verwurzelt zu sein scheint, verwandeln sich urplötzlich in grinsende Tanzbären, sobald Mr. Fallon verlauten lässt: „Please allow me to adjust my pants.“
Überspitzt gesagt: Eigentlich ist es verwunderlich, dass sich produzierende Betriebe den Clutch-Effekt noch nicht zunutze gemacht haben. Jede Wette: Stellt man in einer Fertigungshalle eine ordentliche PA auf und spielt Clutch, dann gehen Stückzahlen und Mitarbeiter-Motivation durch die Decke.
Seit ihrem Durchbruch im Jahr 2004 mit dem monumentalen „Blast Tyrant“ hat die Band keinen falschen Schritt mehr getan. Sechs blitzsaubere Alben hat es seitdem gegeben, und obwohl jedes einzelne davon seinen eigenen Charakter hat, hat Quartett aus Germantown, Maryland einen Wiedererkennungswert auf dem Niveau von AC/DC oder Motörhead.
Seit dem bislang letzten Album, „Book of Bad Decisions“, haben Clutch etwa eine Handvoll Songs anderer Künstler gecovert und auch so manche Eigenkompositionen neu aufgenommen. Nach und nach wurden diese digital veröffentlicht, manche sogar mit einem Videoclip. Da ich weder Fan von gecoverten, neu aufgenommen, noch von einzeln veröffentlichten Songs bin, habe ich das zunächst einmal ignoriert – bis dann die Clutch-Version des CCR-Klassikers „Fortunate Son“ in meinem Newsfeed auf Facebook auftauchte. „Kann man eh nicht besser machen“, dachte ich, drückte trotzdem auf Play und durfte feststellen: Falsch gedacht! Clutch können das. Sogar das, muss man sagen. Denn eigentlich kann man sich an einem solchen Klassiker nur die Finger verbrennen. Clutch hingegen befeuern die Nummer, ohne sich an ihr zu vergehen.
Neben „Fortunate Son“ sind noch drei weitere Neuaufnahmen von Stücken aus fremder Feder auf „Weathermaker Vaults Series Vol.1„: „Precious And Grace“, im Original von ZZ Top, „Algo Ha Cambiado“, ein Song der argentinischen Gitarristen-Legende Norberto Napolitano sowie der Blues-Standard „Evil“. Letzterer wurde in den Fünfzigern von Howlin Wolf bekannt gemacht, danach u.a. von Canned Heat und Derek & the Dominos und 1993 auch von Monster Magnet. An deren abgefahrener Neuinterpretation orientieren sich Clutch hier weitgehend. Unterschied: Während die Clutch-Version mehr groovt, bleibt die von Monster Magnet die wildere.
Dazu kommen noch sechs Neuaufnahmen eigener Songs, allen voran die aktuelle Single „Passive Restraints“. Dabei handelt es sich um ein überraschendes Duett zwischen Fallon und Lamb of God-Sänger Randy Blythe. Unter den eigenen, neu aufgenommen Stücken sind mit „Spacegrass“ und „Electric Worry“ auch zwei Band-Klassiker, doch das absolute Highlight kommt ganz am Ende in Form des mega-lässigen „Willie Nelson“.
Alle Songs sind voll produziert und entstammen der gleichen Aufnahme-Session. So entsteht ein homogenes Hörerlebnis wie bei einem regulären Album. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass eine Sammlung von Cover-Songs und Neuaufnahmen mal so durchgängig bei mir läuft, selbst nicht, wenn sie von Clutch ist. Vor 24 Stunden ist das Ding bei mir eingetrudelt, mittlerweile bin ich bei Durchlauf Nummer neun.
In diesem Sinne: 9 von 10 Hellfire-Punkten.
Tracklist
1. Passive Restraints
2. Electric Worry
3. Run, John Barleycorn, Run
4. Evil
5. Fortunate Son
6. Algo Ha Cambiado
7. Spacegrass
8. Precious And Grace
9. Smoke Banshee
10. Willie Nelson
Lineup
Bass – Dan Maine
Gesang – Neil Fallon
Gitarre – Tim Sult
Schlagzeug – Jean-Paul Gaster
Weitere Infos
https://www.pro-rock.com
http://www.weathermakermusic.com/