Geschrieben von Katja Maeting
Band: Cyhra
Album: No Halos In Hell
Genre: Melodic Metal/ Modern Melodic Metal
Plattenfirma: Nuclear Blast
Veröffentlichung: 15. November 2019
Ich bin ja von Natur aus ein ziemlicher Klugscheißer und habe nichts lieber als Recht 😉 Schon bei der Rezension zu ihrem Debütalbum „Letters To Myself“ war ich überzeugt, dass die (jetzt nur noch vier) Herren dieses mit der nächsten Scheibe in den Schatten stellen würden. Wer nochmal eben nachlesen möchte, wie begeistert ich damals schon von diesem Zusammenschluss hochtalentierter und erfahrener Musiker war, kann dies hier tun und sich überlegen, was Cyhra auf dem neuen Werk wohl angestellt haben, um mich noch mehr zu überzeugen.
2016 schloss sich hier ein musikalischer Gen-Pool zusammen, der seinesgleichen sucht. (Ex-) Mitglieder von Amaranthe, In Flames, Shining und Kamelot erschufen zusammen einen modernen Melodic Metal Sound, der starke Gitarren mit schönen Synthie-Linien kombiniert und diesen mit den unverwechselbaren Cleans von Jake E krönt. Schon damals schafften sie es, sich von ihren teils langjährigen musikalischen Prägungen zu emanzipieren und aus der Kombination aller Faktoren etwas schon ziemlich eigenständiges zu erschaffen.
Auch nach den vergangenen zwei Jahren und Shows rund um die Welt ist diese Eigenständigkeit noch immer vorhanden und wurde durch den Haupt-Songwriter Jake in akribischer Feinarbeit weiter herausgearbeitet. Schon die erste Single „Out Of My Life“ zeigte, dass der Sound von Cyhra zukünftig noch dichter gewoben ist, die Melodien noch mehr im Vordergrund stehen und die Trademark-Riffs in Kombination mit großen, catchy Refrains zukünftig mit deutlich gleichberechtigteren Synthie-Linien agieren würden.
Die nächste Single „Battle From Within“ verdeutlichte, dass Cyhra inzwischen eine gefestigte Band ist, die in sich ruht, denn Sänger Jake schrieb hier den wohl persönlichsten Song seines Lebens. Der Song thematisiert den Selbstmord seines Bruders Frederik und die Lücke, die dadurch im Leben von vielen entstanden ist. Der Song ist musikalisch überraschend energiegeladen, geht aber durch die ehrlichen Einblicke in die Seele des Frontmanns unter die Haut.
Viele Tracks auf „No Halos In Hell“ tragen in sich das Grundgerüst, welches inzwischen zum Markenzeichen von Cyhra geworden ist. So sind der Titeltrack oder auch Songs wie „I Am The One“, „I Had Your Back“ und „Man Of Eternal Rain“ (letztere beide jeweils mit einem großartigen Solo versehen) melodiegetrieben mit weitgreifenden Riffs, anlegt im oberen Mid Tempo bis an die Schwelle zum Up Tempo und mal mehr mal weniger dominant durchzogen von stimmig eingewobenen Synthies. Backing Vocals setzen noch zusätzliche Catchiness-Effekte und das sich die Refrains beständig im Ohr festsetzen, wundert wohl niemanden. Soweit so gut, aber es geht noch besser.
Und wie es besser geht, beweist z.B. „Dreams Gone Wrong“, der den Cyhra-Sound nochmal auf ein anderes Level hebt. Das fast symphonische Synthie-Gebaren zieht eine mitreissende Dynamik durch den Song, um die sich mal stabile Gitarren-Riffs und mal eine dominante Bass-Linie arrangieren. Ein schneller Song voller Catchiness und übersprudelnder Energie, die Leichtigkeit mit Soundwucht kombiniert und sich so ins Langzeitgedächtnis schraubt. „Lost In Time“, bei dem die Band mit dem Songwriter/Keyboarder Mark Mangold zusammenarbeitete, weist hingegen schon fast cinematische Züge auf. Eine für Cyhra-Verhältnisse sehr entfrachtete Ballade, die ihre Klangwucht langsam aus der Kombination der Vocals mit Klavier-Klängen und orchestralen Arrangements aufbaut.
Zum Glück rüttelt einen die Hochtempo-Nummer „Kings Tonight“ aus der aufkommenden Ehrfurcht auf und jagt schnelle Riffs in Begleitung von Synthie-Effekten durch den Gehörgang. Richtig Spaß macht hier vor allem der Solo-Auftritt der Gitarre, die aufs angenehmste melodische Härte verbreitet, bevor das druckvolle Drumming die Nummer ins Ziel bringt. „Blood Brothers“ schlägt leicht folkige Töne an und ist durchgehend sehr gitarrendominiert. Einer der härtesten Songs auf „No Halos In Hell“ und mit einer komplexen Wall Of Sound versehen, entwickelt er doch eine unwiderstehliche Dynamik und fast hymnenhaften Charakter. Mein Favorit für ein Live-Erlebnis. Der Promo-Zettel verspricht nicht zu viel, wenn er das nachfolgende „Hit Me“ als schizophren ankündigt, denn mit seinen gegensätzlichen Elementen aus harten Riffs und aggressiver Rhythmus-Struktur gepaart mit fast schon poppigen Mitsing-Passagen ist der Song ein interessantes Erlebnis.
Cyhra haben sich auf ihrem zweiten Album all das bewahrt, was sie bei ihrem Debüt richtig gemacht haben und dies stellenweise sogar noch etwas besser hinbekommen. So stehen hier Songs in der „Letters To Myself“ Tradition selbstbewusst neben einem weiterentwickelten Sound der hauptsächlich in Schweden verorteten Band. Großartig ist hierbei vor allem, dass auch alte Hasen wie diese es noch drauf haben, sich neuen Gedanken zu öffnen und dabei selbstbewusst in sich zu ruhen. Hier weiß eine Band genau, wer sie ist und wer sie sein will und beides passt schon jetzt sehr deckungsgleich übereinander. Jeder der modernen, melodischen Metal mag, sollte spätestens jetzt endlich Cyhra einen Probelauf in der heimischen Anlage gönnen. Ich verspreche, es lohnt sich.
Von mir gibt es 9,5 von 10 Hellfire-Punkten
Trackliste:
01. Out Of My Life
02. No Halos In Hell
03. Battle From Within
04. I Am The One
05. Bye Bye Forever
06. Dreams Gone Wrong
07. Lost In Time
08. Kings Tonight
09. I Had Your Back
10. Blood Brothers
11. Hit Me
12. Man Of Eternal Rain
Line-up:
Jake E – Vocals
Euge Valovirta – Lead Guitar
Alex Landenburg – Drums
Marcus Sunesson – Guitar (live)
Jesper Strömblad – Guitar
Weitere Infos:
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