Dagger Threat – Gestaltzerfall

© Dagger

Geschrieben von Katja Maeting
Band: Dagger Threat
Album: Gestaltzerfall
Genre: Hardcore/Crossover
Plattenfirma: BDHW Records
Veröffentlichung: 31. Mai 2019 (physisch)/ 17. Mai 2019 (digital)

Man soll ja anfangen wie man aufgehört hat, von daher war es wohl keine gute Idee, mir das Debüt von Dagger Threat nach einem Abend in der Cocktail-Bar als Frühstück zu gönnen, denn süßliche Plörre servieren die fünf Jungs aus Hamburg definitiv nicht, auch wenn sie in ihrem Sound viele verschiedene Dinge vereinen. Kein Wunder bei den doch sehr unterschiedlichen musikalischen Hintergründen der Bandmitglieder, die sich nach dem bewährten Prinzip „einer kennt  einen, der einen kennt…“ 2016 in der lokalen Musikszene gefunden haben. Dass sie gerne außerhalb der ausgetretenen Hardcore-Pfade unterwegs sind, zeigten sie schon mit ihren beiden EPs „History Repeats“ und „Reality Bites“, aber erst auf ihrem Debüt „Gestaltzerfall“ präsentieren Dagger Threat, was sie drauf haben – und das ist im ersten Moment durchaus irritierend.

Eröffnet wird das Album nämlich mit dem Instrumental „Diagnosis“, das alarmartige Dissonanzen mit schrillen Riffs kombiniert, dann kurzzeitig eine breite Metal-Wand hochzieht, diese sofort wieder mit Blast Beats zertrümmert und das Ganze dann zu einem abstrakten Soundgemälde kombiniert, das mit Einsetzen der Vocals in die Vorab-Single „Coffin Nail“ überleitet. Diese kommt mal im Oldschool Style, mal Beatdown-Like daher und schafft es sogar, melodische Parts zu integrieren. Der anschließende Quickie „Stone“ mit Feature-Gast Zach von Left Behind nimmt nur nen kurzen Anlauf, um eine kompakte Wall Of Sound hochzuziehen: drückende Riffs grooven sich wummernd ein und die Blastbeats schieben schön nach, um mit wechselnder Dynamik im Sound und abwechslungsreichen Vocals das Feld für „Crooked Mirror“ zu bereiten, bei dem die Jungs die perfekte Pit-Kür laufen. Beatdown Passagen im Wechsel mit jagendem Hardcore Sound, mittig eingebettet einen kurzen melodisch angelegten Part mit Clean-Momenten und schließlich noch ein fetter Breakdown, der das Ganze endveredelt. 

Das kurze Interlude „Treatment“ setzt mittig in der Scheibe einen Ruhepol in Form eines entschleunigten Klavierstücks bevor mit „Drowning“ nicht nur die nächsten Gäste (Fabio & Simon von Slope) die Bühne betreten, sondern Dagger Threat auch mal wieder eine ihrer Überraschungen auspacken. Der Track hat sich definitiv Old School Rock in den Gen-Pool eingebaut, der sich vor allem in den Riffs die Oberhand sichert und mit einem Hardcore/Beatdown-Rhythmusgeflecht erstaunlich gut funktioniert. Die Gäste bilden natürlich die Kirsche auf diesem extravaganten Cocktail, der den Geschmacksnerven noch einen fetten Beatdown-Abgang gönnt. „Dystopia“ präsentiert sich dann in der ersten Hälfte als Traum aller Blastbeat- und Breakdown-Junkies, um plötzlich eine ganz andere Persönlichkeit auszupacken und mit harten Melodielinien und einem Kanon aus Cleans und Shouts einen eingängigen Exkurs zu wagen, bevor der Song dann wieder auf seinen Ursprung zurückkehrt.

Auch als Schlusspunkt haben Dagger Threat wieder ein Instrumental gesetzt, welches aber wesentlich in sich versöhnter klingt als der Start von „Gestaltzerfall“. Das schlichte, sehr eingängige Motiv zieht sich als roter Faden durch die 3,5 Minuten, immer wieder in anderen musikalischen Farben ausgemalt, hier findet sich neben der klassischen Metal-Ausprägung u.a. auch eine symphonisch angehauchte oder dem NuMetal zugetane Variante und weben so ein stimmiges Bild, welches das überraschende Ende eines sehr überraschenden Debüts bildet.

„Gestaltzerfall“ ist ein sehr heterogenes Album geworden, welches aber trotzdem verdammt gut funktioniert. Scheint so, als hätte die Band aus Hamburg tatsächlich ein Händchen dafür, alle Gegensätze sehr hörbar unter einen Hut zu bringen, wie uns Frontmann Tim schon im Interview erzählt hat. Für eine so junge Formation eine großartige Leistung, auch wenn hier hörbar keine Grünschnäbel unterwegs waren. Die Scheibe schafft es immer wieder, nicht nur zu überraschen, sondern auch die Aufmerksamkeit zu fesseln und den Hörer aus dem Trott zu reissen. Wer Old School Hardcore, Beatdown und noch mehr liebt, sollte sich ab sofort Dagger Threat ganz oben auf den Zettel schreiben. Stimmige Individualität ist hier Programm.

Von mir gibt es 8,5 von 10 Hellfire-Punkten.

Trackliste:
01. DIAGNOSIS
02. COFFIN NAIL
03. STONE
04. CROOKED MIRROR
05. TWISTS AND TURNS
06. TREATMENT
07. DROWNING
08. DYSTOPIA
09. ABUSE OF POWER
10. REFORMED
11. CURE

Line-up:
Sascha – Drums
Nicolas – Guitar
Dennis – Guitar
Fynn – Bass
Tim – Vocals

Weitere Infos:
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