Die Heart – Vorbilder

© Die Heart

Geschrieben von Katja Maeting
Band: Die Heart
Album: Vorbilder
Genre: Hardcore Punk / Electrocore / Rapcore / Alternative/Crossover
Plattenfirma: NoCut Entertainment
Veröffentlichung: 08. Februar 2019

Unser lieber Jörg, seines Zeichen stellvertretender Chefredakteur des Hellfire Magazins, versucht jetzt seit ca. 2 Jahren, zu raten, was denn meinen Musikgeschmack treffen könnte. An dieser Stelle schon mal Danke an die Jungs von Die Heart, denn mit ihrem neuen Album „Vorbilder“ werden sie wohl weiter zur Verwirrung beitragen. Die Vier singen nämlich inzwischen auf Deutsch, was bei mir ja eigentlich ein ziemliches K.O.-Kriterium ist, allerdings kenne ich Die Heart auch nur so. 

„Entdeckt“ habe ich die Band aus Hamburg nämlich durch ein Review meines Kollegen Sven zu ihrer letztes Jahr erschienenen EP „Monument“, sie nach dem ersten Hören unter „och ja bis na ja“ einsortiert, aber dann aus irgendwelchen Gründen niemals von meinem Handy (= Music Player) gelöscht. Mit norddeutscher Sturheit tauchten die Jungs also immer mal wieder in meiner Playlist auf und da sich in der Zwischenzeit dank Bands wie Callejon oder den Österreichern Silencer auch deutsche Texte in meiner Musikwelt eine Daseinsberechtigung erkämpft haben, wurde mein Herz im Laufe der Zeit durchaus weichgeklopft. Umso gespannter war ich dann auf „Vorbilder“, Die Heart das erste Mal in Albumlänge auf Deutsch statt im konzentrierten EP-Format, welches es ja meist einfacher macht, die Schokoladenseiten neuer musikalischer Wege hervorzuheben als die Langstreckenversion.

Wer diese EP verpasst hat, bekommt sie auf „Vorbilder“ direkt mitgeliefert, denn schon beim ersten Track setzt bei mir erst Irritation und dann Wiederkennen ein, denn „Alles Was Du Wolltest“ erhält hier ebenso wie „Unser Leben“ und „Monolith“ eine Neuauflage. Für alle, die Die Heart erst jetzt entdecken bestimmt nett, für alle anderen angesichts einer nicht mal ein Jahr alten EP vielleicht eher entbehrlich, auch wenn die Songs definitiv gut sind. Bleiben also noch neun neue Songs zu entdecken und mit diesen schubsen mich die Jungs aus Hamburg auf eine Achterbahn der Gefühle. 

Diese startet auf mittlerer Höhe mit „Gezeiten“, einer melodischen, gitarren-dominierten Nummer mit viel Klargesang und leichten Shouts in den Strophen, die im letzten Drittel das etwas zu glatt fließende Gebilde mit harten Electro-Einschüben aufwühlt. Stark nach oben geht es dann mit dem bereits als Vorab-Single bekannten „Marschieren“, Eindringlichkeit kombiniert mit Eingängigkeit, druckvolle wuchtige Gitarrenarbeit kombiniert mit vorantreibenden Drums und gekrönt von abwechslungsreichen Vocals, die insbesondere im Shout-Bereich eine Mischung aus Wut und Verzweiflung transportieren. Auf den höchsten Punkt der ganzen Fahrt hebt mich dann die letzte Vorab-Single „Eins“, bei der sich Jonas von 8Kids die Ehre gibt und mich zusammen mit Die Heart vollends um den Finger wickelt. Ein sich langsam aufbauender Song mit einem catchy Melodie-Motiv der Gitarre, stilistisch in den Strophen leicht ein Radio-Rap Songs angelehnt, während der Refrain stimmlich und instrumental aufdreht, den gefühlvollen modernen Rock Sound von Bands wie eben 8Kids aufgreift und ohne jeglichen Kitschmoment pure Emotion unter die Haut schiebt. Definitiv Lieblingssong und Anspieltipp auf „Vorbilder“.

„Immer Nur Du“ schiebt anschließend fette Beats ins Ohr, gepaart mit aggressiven Shouts, Electrocore meets Deutsch-Rap, leider mit einem sehr poppigen Allerwelts-Refrain versehen, der hoffentlich als Persiflage auf die textlich behandelten Egomanen-Hohlbratzen gedacht ist, ansonsten aber einfach nur regelmäßig die Power aus dem Song haut und so ein bisschen den Effekt versaut. Richtung Boden geht es für mich dann mit dem ebenfalls vorab veröffentlichen „Licht“, einer ziemlich eigenschaftslosen Pop Rock Nummer wie sie inzwischen dutzendfach aus dem Mainstream-Radio flutet, daran ändern leider auch die wuchtigen Sound-Fragmente im letzten Drittel inklusive Aggro-Shouts nichts. Mit der Wucht-Nummer „Schmerzlichen Glückwünsch“ geht es wieder ein Stück nach oben, harte Beats im Hip Hop Stil wechseln mit melodischen Zwischenspielen, Shouts mit Klargesang und illustrieren so den textlich dargebrachten Zwiespalt und inneren Kampf. „Zeitschatten“ versprüht dann reichlich Callejon-Charme, ich schwanke noch, in welche Richtung die Fahrt wohl für mich weiter geht und schon knallt mich das Bausa-Cover „Was Du Liebe Nennst“ äußerst brutal auf den Boden der Tatsachen. Bei aller Liebe, Jungs, ne, das musste nicht sein. Nachdem sich Callejon schon an dieser Blubber-Nummer ausgetobt hatten (und das ziemlich gut), können weitere Cover-Versionen nur noch verlieren. Ich hoffe nur, dieses Lied wird jetzt nicht das neue „Holding Out For A Hero“ der deutschsprachigen Bands. „Abschied“ lässt das Album dann instrumental kurz und schön ausklingen und ich entscheide mich spontan, „Eins“ ein paar Stunden in Endlosschleife zu hören. 

Wer grundsätzlich ein Problem mit Stil-Mischungen hat und im speziellen mit deutschen Texten, Bands wie Callejon oder auch mal radiotauglichen Pop Rock-Einsprengseln absolut gar nichts anfangen kann, der wird wohl nicht bereit sein, „Vorbilder“ eine Chance zu geben. Verdient haben die Jungs aus Hamburg sie aber auf jeden Fall, denn wenn auch nicht alle Songs zum absoluten Glück führen, so gibt es doch ausreichend Schönes für jeden zu entdecken, der es auf den Versuch ankommen lassen mag. Dieses Album enthält auf jeden Fall genug Rosinen zum genüsslichen Rauspicken. 

Da selbst ich ja aus Erfahrung lerne, habe ich mir diesmal reichlich Durchgänge von Die Heart gegönnt und komme für mich zu folgendem Ergebnis:

Von mir gibt es 8 von 10 Hellfire-Punkten.

P.S.: Wer sich wundert, dass er das Album woanders mit anderem Cover sieht, es gibt zwei Versionen bzw. wurde die physische Variante mit einem Wende-Cover ausgestattet, sodass man sich aussuchen kann, welches der Kinder man als Vorbild nehmen möchte. 

Trackliste:
01. Alles Was Du Wolltest
02. Gezeiten
03. Marschieren
04. Eins (feat. 8Kids)
05. Immer Nur Du
06. Unser Leben
07. Licht
08. Schmerzlichen Glückwunsch
09. Zeitschatten
10. Was Du Liebe Nennst
11. Monolith
12. Abschied

Line-up:
Vocals:Niels
Bass/Vocals:Nille
Guitar:Simon
Drums:Torben

Weitere Infos:
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Website von Die Heart

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