Geschrieben von: Mathias Keiber
Band: Dozer
Album: Drifting in the Endless Void
Genre: Stoner Rock
Plattenfirma: Blues Funeral Recordings
Veröffentlichung: 21.4.2023
1995 gegründet, waren die Schweden Dozer die erste nennenswerte europäische Stoner-Rock-Band. Und sie waren nicht nur die erste, sondern zweifellos auch die beste: Die fünf Alben, die sie zwischen 2000 und 2009, dem Jahr ihrer Auflösung, veröffentlichten, gehören nach wie vor mit zum Besten, was bis heute aus der Szene gekommen ist. Wirklich übertroffen wurde diese Serie eigentlich nur von dem, was Greenleaf abliefern, die „Nachfolgeband“ von Dozer, seit dort das Ausnahmetalent Arvid Jonsson den Gesang übernommen hat. Doch es geht hier nicht um Greenleaf.
Es geht um Dozer – und bei denen singt jemand anderes. Fredrik Nordin heißt der Mann, er spielt zudem die zweite Gitarre, und wegen seines Ausscheidens wurde die Band 2009 aufgelöst. Der Grund dafür liest sich im Rock-and-Roll-Kontext erfrischend harmlos: Als Dozer in den 00er Jahren durchstarteten, blieb Nordin keine Zeit für sein eigentlich angestrebtes Studium. Weswegen er 2009 sozusagen Schluss machte und an die Uni ging. Und Dozer waren Geschichte…
Doch dann, am 16. Januar 2021, postete die Band ein Foto auf Facebook, das sie in ihrem Proberaum zeigte. Dazu hieß es schlicht: “The Legend continues.” Seitdem existieren Dozer und Greenleaf wieder parallel — und traten letztes Jahr auch schon beide an einem Tag beim Hoflärm-Festival im Westerwald auf.
Der „main man“ beider Bands ist Gitarrist Tommi Holappa. Und man muss es einfach sagen: Was der Mann anpackt, das hat nicht nur Hand und Fuß, das hat auch ganz viel Herz und ganz viel Hirn – und zwar ausnahmslos seit über 20 Jahren. Soll heißen: „Drifting in the Endless Void“ fällt im Vergleich mit den früheren Alben von Dozer kein bisschen ab. Es ist bis zum Bersten gefüllt mit geilen Riffs, brutalen Grooves, sowas von eingängigen Gesangsmelodien und dramaturgisch voll ausgereiften Spannungsbögen.
Eine knappe dreiviertel Stunde tut die Band im Prinzip nur eines: Sie liefert, sie liefert und sie liefert. Sie liefert aber nicht nur „wie bestellt“. Nein, sie liefert auch noch das Tüpfelchen auf dem „i“ mit. Konkret: Dozer haben sich weiterentwickelt – und zwar deutlich.
Bewegten sich die meisten Songs früher irgendwo im Bereich zwischen drei und vier Minuten, so hat man nun einen deutlich epischeren Ansatz gewählt: Drei der sieben Nummern übertreffen die Sechs-Minuten-Marke, nur zwei sind kürzer als fünf Minuten. Und wer jetzt Bedenken hat, das spontane Element, das viele Klassiker der Band auszeichnet, sei abhandengekommen, der sei beruhigt: Dozer spielen anders als andere Stoner-Bands keine Sekunde auf Zeit. Sie sind einfach nur epischer geworden. Die Songs zünden genauso schnell wie früher – beim ersten Anhören.
Kurzum: „Drifting in the Endless Void“ ist ganz großes Tennis, ein herausragendes Comeback und klar das beste Album, das ich dieses Jahr bislang gehört habe.
Dafür gibt’s von mir 9 von 10 Hellfire-Punkten.
Tracklist
01 Mutation/Transformation
02 Ex-Human, Now Beast
03 Dust for Blood
04 Andromeda
05 No Quarter Expected, No Quarter Given
06 Run, Mortals, Run!
07 Missing 13