Engst – Flächenbrand

© Engst

Geschrieben von Katja Maeting
Band: Engst
Album: Flächenbrand
Genre: Deutschrock/Pop-Rock
Plattenfirma: Arising Empire
Veröffentlichung: 26. Oktober 2018

Deutsche Texte und ich, wir werden nur selten Freunde. Da man die Muttersprache nur sehr schwer ausblenden kann, ist das Fremdschäm-Potenzial des täglichen Radiogeblubbers irgendwelcher Pop-Kombos, die mal die E-Gitarre aufjaulen lassen, leider riesig. Umso größer meine Dankbarkeit für die Verfasser der Texte von Engst, denn hier machen Inhalt UND Grammatik Sinn. Musikalisch ist das Ganze zwar durchaus radiotauglich unterlegt, aber hier erhalten die gängigen Pop-Rock-Muster auch mal einen Punk-Anstrich, ne Runde Blechbläser bringt neue Elemente in den Sound ein oder es wird mal elektronisch rumgespielt. 

Viele behaupten ja, ehrliche Musik zu machen, aber nur wenige bringen dies auch so authentisch rüber wie die Jungs von Engst. Texte mit Tiefgang, die deutlich die Schwachstellen unserer Gesellschaft anprangern und den Finger nicht nur auf, sondern auch in die Wunde legen und so lange drin rumstochern, bis es richtig weh tut. Damit führen sie in konzentrierter Weise das fort, was sie vor gut einem Jahr mit ihrer selbstbetitelten Debüt-EP angefangen haben und lassen dabei zum Glück ein großes Stück Pop hinter sich zurück. Engst klingen auf ihrem ersten Album etwas rauer und markanter, was ihnen ausnehmend gut steht. 

„Flächenbrand“ wird von der mitreissenden Durchhalte-Hymne „Ich Steh Wieder auf“ eröffnet, deren leicht pop-punkigen Gitarren-Motive eine erstaunliche Leichtigkeit in den Song einbringen, während die angenehm raue Stimme von Frontmann Matthias eine rockige Färbung drüber legt. Das anschließende „Der Moment“, die aktuelle Single von Engst, berichtet dann sehr realistisch vom Ende einer Beziehung und unterlegt dies mit einem lockeren Rhythmus, auf dem die Gitarre zwischendurch ein traurig angehauchtes Solo dreht. 

„Ein Sommer in den Charts“ mischt dann wieder Punk, Rock und Pop auf eingängige Weise. Der Song treibt schnell voran, macht Laune und verbreitet etwas Selbst-Ironie, kritisiert er auf einem durchaus radiotauglichen Instrumentalgerüst inhaltlich doch die eingangs von mir erwähnten Fremdschäm-Sternchen. Hier unterstelle ich mal Absicht und sage: gut gemacht, Jungs. „Ist mir egal“ ist dann wieder eines der Lieder direkt aus dem echten Leben. Eine kraftvolle Rock-Ballade über das Leben nach einer Beziehung und die Phasen der Rückkehr zur Eigenständigkeit. 

Politisch und gesellschaftskritisch im passenden modernen Punkrock-Gewand geht es bei „Mit Raketen Auf Spatzen“ zu, während „Träumer Und Helden“ eine leicht verträumte Nostalgie-Hymne ist und das Album äußerst radiotauglich irgendwo zwischen Thomas Godoj und Andreas Bourani ausklingen lässt und live ein großartiges Mitsing-Erlebnis verspricht. 

Zwar würde ich mir die durchaus schon schönen Ecken und Kanten im Sound von Engst noch etwas schärfer ausgearbeitet wünschen, aber wer deutschsprachige Musik mag, sollte sich Engst unbedingt mal anhören. Mit ihrem Debüt-Album machen die Jungs aus Berlin auf jeden Fall Spaß, sind sowohl party- als auch auch hirntauglich und haben ein Händchen dafür, ihren Hörern unangenehme Wahrheiten auf eine Art darzubieten, die nicht abschreckt. Statt erhobenen Zeigefinger wird die Botschaft hier auf Augenhöhe überbracht. 

Von mir gibt es 8,5 von 10 Hellfire-Punkten.

Trackliste:
01.Ich Steh Wieder Auf
02.Der Moment
03.Eskalieren
04.Optimisten
05.Ein Sommer In Den Charts
06.Der König
07.Ist Mir Egal
08.Fremdes Elend
09.Morgen Geht Die Welt Unter
10.Mit Raketen Auf Spatzen
11.Träumer Und Helden

Line_up:
Matthias Engst ( Voc )
Ramin Tehrani (Git )
Alexander Köhler ( Bass )
Yuri Cernovolov ( Drums )

Weitere Infos:
Engst bei Facebook

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