Geschrieben von Katja Maeting
Band: Friend Or Enemy
Album: Stories Of Death And Decay
Genre: Metalcore/Post-Hardcore
Plattenfirma: unsigned
Veröffentlichung: 14. Dezember 2018
„Bald“, „in Kürze“ oder auch „demnächst“ – alles Begriffe, die jeden Musik-Fan regelmäßig in Verzweiflung stürzen, denn wenn eine Band so etwas schreibt, dann ist meistens klar, dass hier zeitnah überhaupt nichts passieren wird. Insofern waren Friend Or Enemy geschickter, als sie im Januar 2018 auf meine Frage nach dem Album-Release antworteten: im Laufe dieses Jahres. Spricht für die Jungs, dass sie nicht gelogen haben 😉 und das ich die Band über diesen langen Zeitraum nicht vergessen habe, spricht ebenfalls für sie, denn in dieser Zeit ist verdammt viel Musik durch meine Ohren geflutet – da muss man schon einen guten Eindruck gemacht haben, um im Gedächtnis zu bleiben.
Diesen Eindruck haben die Fünf damals mit „Black Widow“ gemacht, der ersten Single zu ihrem jetzt erschienenen Debütalbum. Vor diesem Album gab es, wie bei so vielen Bands, eine Debüt-EP, die aber bereits 2014 erschien und mit dem aktuellen Sound von Friend Or Enemy so wenig zu tun hat, dass ich sie an dieser Stelle dezent unter den Teppich kehren möchte. Und für das Heute haben sich Friend Or Enemy dann doch verdammt viel Zeit gelassen, denn ab 2016 hieß es immer wieder: wir sind im Studio… aber was lange währt, wird endlich gut, und gut geworden ist „Stories Of Death And Decay“ definitiv. Nicht nur das sie die poppigen Synthie-Spielereien gegen atmosphärische Symphonic Arrangements getauscht haben und schon allein dadurch beeindruckender und erwachsener klingen, zusätzlich schaffen sie es auch noch, in sich stimmig die komplette Bandbreite des Metalcore zu bespielen und auch noch ein paar Post-Hardcore-Häppchen einzubringen. Weiteres besonderes Kennzeichen des Sounds von Friend Or Enemy ist, dass Bassist Luke hier keineswegs für die lieblichen Trällertönchen zuständig ist, sondern problemlos fette Shouts und Growls ins Mikro haut, während Frontmann Mbey eindringliche Screams drüberlegt. Cleane Parts kommen trotzdem nicht zu kurz, werden aber eher härteorientiert anstatt mit Zuckerfaktor ausgestaltet.
Beim Opener „The Darkest Hour“ kombinieren Friend Or Enemy zu Beginn direkt symphonische Instrumentierung mit Gang-Shouts. In den Strophen entwickelt sich dann ein Wechselspiel aus cleanen und gutturalen Passagen, instrumental legen die Streicherarrangements eine weiche Melodie darunter, gestützt von der kompakt agierenden eigentlichen Band-Instrumentierung, die entsprechend mehr Druck und Rhythmus einbringt. Als Albumeröffnung gut platziert, denn hier bekommt man eine ausgewogene Mischung der Sound-Facetten präsentiert, die einen nicht sofort überfordert. „Leave It Behind“ kombiniert in den Strophen instrumentale Rhythmus-Dominanz mit passenden Shout-Salven und wechselt dann im Refrain zu einer erstaunlichen Melodieverliebtheit, die sich auch im Tempo zumindest etwas zurücknimmt und die Wall Of Sound auflockert. Diese wird dann vom nachfolgenden „So Sick“ wieder kräftig festgetrampelt. Hier balancieren auch die Cleans auf den Extremen und kratzen regelmäßig am Scream-Bereich. Instrumental auch etwas atonal und schrill ausgestaltet, bekommt der Track dadurch einen eindringlichen, fast schon hysterischen Charakter. „Paradigm Shift“ ist hingegen das clean dominierte Melodiemonster des Albums, hat für mich insbesondere im Chorus einen leichten Pop Punk Einschlag und ist auch mindestens genauso eingängig, während „Shadows“ zum Abschluss leicht balladige Töne anstimmt – was man halt so Ballade nennt in diesem Genre. Schmusekitsch ist es eher weniger (außer zum Ende hin).
Ob man die beiden atmosphärischen Interludes „War“ und „Nightmares“ wirklich braucht, ist natürlich Geschmackssache. Als erklärte Intro/Interlude-Gegnerin muss ich allerdings zugeben, ich finde beide ganz hübsch. Der einzige Track, von dem ich nicht mindestens dieses voller Überzeugung sagen kann, ist „Lost And Alone“. Hier ist der Titel irgendwie Programm, denn mit seiner im Vergleich zum restlichen Album kraftlosen Art und seinen streckenweise an Sprechgesang angelehnten Vocals wirkt er konturlos und wabert wie ein ungeliebter Geist aus den Boxen. Da hilft es auch nicht, dass nach einer langen, nicht konzentrationsförderlichen, Symphonic-Passage zum Ende hin nochmal ein paar schöne Shouts mit der entsprechend druckvollen instrumentalen Untermalung rausgehauen werden. Aber irgendeine Achillesferse hat wohl jedes Album.
Wer Bands mag, die sich nicht stur an eine Stilrichtung innerhalb ihres Genres halten, sondern ihren Sound facettenreich ausgestalten, der liegt bei Friend Or Enemy definitiv richtig. Hier finden sowohl Fans von Formationen wie Ice Nine Kills ihre Favoriten als auch Anhänger von deutlich aggressiver agierenden Bands wie z.B. Caliban. Ein eindrucksvolles Debüt, auf das die Jungs definitiv stolz sein können. Da hat sich die Wartezeit gelohnt. Mein absoluter Liebling und daher Anspieltipp ist „Monster“. Hört mal rein.
Von mir gibt es 8,5 von 10 Hellfire-Punkten.
Trackliste:
01. The Darkest Hour
02. War
03. The Aftermath
04. Black Widow
05. Like Knives
06. Lost And Alone
07. Nightmares
08. Monster
09. Leave It Behind
10. So Sick
11. It Takes One To Know One
12. Paradigm Shift
13. Shadows
Line-up:
Mbey: Vocals
Luke: Vocals, Bass
Chris: Guitar / Backing Vocals
Marco: Guitar
Leon: Drums
Weitere Infos:
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