Grizzly – Movement

© Grizzly

Geschrieben von Katja Maeting
Band: Grizzly
Album: Movement
Genre: Heavy Pop Punk
Plattenfirma: Department Musik
Veröffentlichung: 29. November 2019

Auch die niedlichsten Bärchen werden irgendwann mal erwachsen. Selbst der Boss im Wald ist davor nicht gefeit und so haben die Jungs von Grizzly ihr neues Album mit „Movement“ schon ganz richtig betitelt. Keine Ahnung, ob sie bei der Namensgebung ihrer Releases so etwas wie einen gedanklichen roten Faden hatten, aber rückblickend macht es schon irgendwie Sinn. Während das 2016er Debütalbum der damals noch sechs Karlsruher „Kidlife Crisis“ betitelt war, folgte dann die EP „Summer“ und Anfang 2018 das zweite Album „Polaroids“, mit dem Grizzly zeigten, dass sie endgültig im Leben angekommen sind und in den Songs wie mit ungefilterten Schnappschüssen aus dem sehr realen zwischenmenschlichen Geschehen erzählen.

Seither ist viel passiert, die Bärenbrüder haben ihre erste Headliner-Tour gespielt, haben Gitarrist Tom aus dem aktiven Line-up (aber nicht aus dem Rudel) verabschiedet und sich weiterentwickelt, musikalisch und thematisch. Man könnte es wohl „erwachsen werden“ nennen, aber Grizzly definieren diesen Begriff eindeutig anders als der Duden. Und hier zeigt sich, dass die englische Sprache manchmal doch mehr leisten kann als das Deutsche. „Movement“ kann mal auf vielfältige Art als Bewegung übersetzen und so reichen die Themen auf dem Album von persönlicher Bewegung in Form von Ortswechseln, Freundschaft und Familie über die Bewegung als Interaktion in Social Media mit all ihren Folgen bis hin zu etwas in der Welt bewegen, sozial und gesellschaftlich. 

Apropos Freunde und Familie, davon haben die Jungs auf ihrem dritten Album reichlich an Bord, gibt es doch insgesamt vier Feature. Und mit nem ziemlich coolen startet das Album direkt. „Why We Move“ kombiniert catchy Riffs mit dem stimmigen stimmlichen Zusammenspiel von Kev und Zig. Stilistisch und thematisch ist der Track für mich die Fortsetzung zum Band-Klassiker „Home“, mit schönem 2000er Vibe und nem Auftritt von Gregor von der King Nugget Gang als philosophischem Pizzaboten. Schon jetzt doppelter Kult. Mit „Angry Little Boys“ verlassen die Jungs dann die persönliche Ebene und richten den Blick auf die „alten Männer“ der Weltpolitik und ihr manchmal irrationales Verhalten. Musikalisch kommt der Song dafür erstaunlich entspannt rüber, locker treibende Strophen, druckvoller Refrain und pointiert gesetzte Crew Shouts.

„Juggernauts“ trägt das typische und gefühlt unendliche Energielevel der Jungs im musikalischen Gen-Pool eingraviert, setzt aber auch eine kurze cleane Atempause bevor der Endspurt einsetzt. Nichts für Kniekranke, denn hier ist live reichlich Sprungkraft gefragt. „Planet B“ arbeitet wieder mit reichlich Crew- und Chor-Momenten, kommt aber in den Strophen etwas sperrig rüber, was vor allem an den deutlich härter angelegten Riffs liegen dürfte und einigen Passagen, die stark Hardcore-inspiriert sind. Durchaus gewöhnungsbedürftig, aber nach zwei drei Durchgängen passt auch das irgendwie ins Gesamtbild. Nostalgisch schön ist dann die Retro-„Ballade“ „Daydream“, die während der Parts von Attic Stories Sängerin Romana in einen entfrachteten Alternative Stil wechselt und die Soundwucht deutlich runterschraubt. Ein schönes Spiel mit den Kontrasten. 

„Social Media“ hat dann Kontraste zum Thema, nämlich den Kontrast zwischen echtem Leben und dem Leben auf Social Media und verankert geschickt einen Ohrwurm im Hirn, der selbiges hoffentlich mal zum Arbeiten bringt. „Deadweight“ legt noch mal ne gute Schippe Gitarrenriffs drauf und stellt sich in die gute alte Pop Punk Tradition, mit den Grizzly-eigenen Kev-Shouts als Extra-Topping und das Familientreffen mit Ehren-Bärchen Flo ist ja als Vorab-Single „Headstrong“ bereits bekannt. Als letztes stell ich dann noch kurz meinen absoluten Lieblings-Track auf „Movement“ vor. „Snitches & Famebitches“ hat sich bei mir mit seinen punkigen Riffs, den Crew Shouts, dem für die Karlsruher ungewöhnlich stabilen Härtegrad und insbesondere dem erstaunlich roughen Clean-Gesang ins Herz gespielt. Aber nicht nur musikalisch fahren Grizzly hier ziemlich beeindruckend die gewaltigen Krallen aus, auch inhaltlich nehmen sie kein Blatt vor den Mund und zerfleddern damit so manches falsche Grinsen. 

Insgesamt ist „Movement“ für mich eine konsequente Weiterentwicklung von Grizzly. So wie man als Mensch und als Band wächst, so wächst auch die Vielzahl der Probleme und Themen, mit denen man sich konfrontiert sieht, denn man bewegt sich nun mal nicht in seiner eigenen kleinen schillernden Luftblase, sondern in einer Welt voller Höhen, Tiefen und auch Missständen. Ihr stilistisches Grundgerüst haben Grizzly schon auf der letzten Scheibe „Polaroids“ gefunden und wer diese mochte, wird auch mit „Movement“ glücklich sein.

Klar gibt es auch hier ein zwei Songs, die nicht hundertprozentig funktionieren. So finde ich „First World Problems“ im Vergleich zum Rest des Albums etwas blass und mit „Headstrong“ und „Planet B“ konnte ich mich auch erst nach mehreren Durchgängen anfreunden, aber so ein Album ist ja irgendwie auch nur ein Mensch, mit Stärken und Schwächen. Und dieses hier hat Charakter, Realitätssinn und verdammt viel Lebensfreude, da stören dann die kleinen liebenswerten Macken und Fehlerchen nicht wirklich. In meinem Grizzly-Gehege ist zwar „Polaroids“ immer noch Nr. 1, aber „Movement“ kratzt durchaus an diesem Thron. Die Heavy-Pop-Punk-Bären sind halt immer noch der Boss im Musik-Wald. 

Von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten

Trackliste:
01.Why We Move feat. Gregor Cheesy King Nugget Gang
02.Angry Little Boys
03.Silver Linings feat. Sushi Eskimo Callboy
04.Juggernauts
05.Planet B
06.Daydream feat. Romana Attic Stories
07.Social Media
08.Deadweight
09.Headstrong feat. Flo Yodas Rising
10.Snitches & Famebitches
11.First World Problems

Line-up:
Zig – Clean Vocals
Kev – Shouts & Raps
Bux – Guitar & Backing Vocals
Dome – Bass
Samu – Drums

Weitere Infos:
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Website von Grizzly

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