Geschrieben von: Klaus Saalfeld
Band: Hämatom
Album: Lang lebe der Hass
Genre: Metal
Plattenfirma: Anti Alles (Rough Trade)
Veröffentlichung: 04.11.2022
Was die Herren Ärzte aus Berlin mit ihrem Hell/Dunkel Doppelschlag in der Hochphase der Pandemie vorgemacht haben, scheinen die aus Oberfranken stammenden HÄMATOM gewissermaßen wiederholen zu wollen, nämlich ein eigentlich als Gesamtwerk zu betrachtendes Doppel-Album auf zwei zeitversetzt veröffentlichte Scheiben zu verteilen, denn auf das letztjährige “Die Liebe ist tot” folgt nun die Quasi-Fortsetzung “Lang lebe der Hass”.
Zugegeben, ich war bislang nicht wirklich ein Fan des maskierten Viererpacks, dafür wirkte mir das Ganze immer ein wenig zu stumpf. Aber mit zunehmendem Alter scheine ich ein wenig offener für bislang von mir ignorierte Bands zu werden. Im Fall von Hämatom waren es die auf YouTube veröffentlichten Folgen des Metal Fight Club (ein Songwriting Battle mit Saltatio Mortis), die mich zum Umdenken angeregt haben (wer es noch nicht gesehen hat: unbedingt anschauen!). Das Ergebnis besagten Fight Clubs hört auf den Namen “Es regnet Bier”, welches auch den Songreigen auf “Lang lebe der Hass” eröffnet. Auch wenn die Nummer zweifelsohne auf Ballermann Niveau agiert – und inzwischen wenig überraschend von einem gewissen Peter Wackel gecovert wurde -, kommt man nicht umhin, dem Song ohrwurmartige Eigenschaften zu konstatieren. Als quasi Zugabe gibt es das gute Stück am Ende des Albums mit Beteiligung von Saltatio Mortis noch in englischer Sprache.
Dazwischen finden sich neun Tracks, die mal mehr, mal weniger ernste Botschaften transportieren. Das brachiale “Gaga” ist eine Ode an das Leben abseits des alltäglichen Spießertums, der Titelsong eine ungeschönte Ansage an die Kritiker der Band, denen die politische Ausrichtung der Hämatome nicht gefällt, und “Keinen Bock auf Menschen” die vertonte Sehnsucht nach Ruhe und Frieden. Der Metal Tribute Song “Strassenbande 666” hat zweifelsohne Potential zur Live Hymne, “My Sherona” Gedächtnis Riff und klebriger 80er Jahre Pop-Synthie Sequenz. “Nobody’s Perfect” ist eine groovige Anklage an die Ich-AGs dieser Welt, während “SOS” nicht nur mit unerwartetem Klar-Gesang im Refrain aufwartet, sondern dank der Mobbing-Thematik auch zu den wichtigsten Songs der Band zählen dürfte.
Mit “Ein Freund” haben die Oberfranken einen weiteren Ausnahme-Track am Start, der sich mithilfe von poppigen Keyboard Klängen und einer unwiderstehlichen Hookline bereits beim ersten Durchlauf in den Gehörgängen festsetzt. Auf dem gesetzten “Räche sich wer kann” erhalten die vier Maskenmänner stimmgewaltige Unterstützung der bayerischen Landsleute Equilibrium und das mit reichlich Pathos unterlegte “Olympia” lädt glatt zum Schunkeln ein, wobei die “Ahou” Shouts auf mich unfreiwillig komisch wirken.
Nun mag nicht jeder mit der laut-provokanten Art der Oberfranken seinen Frieden schließen, aber das Gros der Songs eignet sich hervorragend zum Mitgrölen/Mitsingen und dürften auch Live bestens funktionieren. Fans der Band werden “Lang lebe der Hass” ohnehin abfeiern, und der Schreiber dieser Zeilen hat sich über die sechsunddreißig Minuten Spielzeit gut unterhalten gefühlt. Was will man mehr….
Von mir gibt es 8 von 10 Hellfire Punkten
Trackliste:
- Es regnet Bier
- Gaga
- Lang lebe der Hass
- Keinen Bock auf Menschen
- Strassenbande 666
- Nobody’s Perfekt
- SOS
- Ein Freund
- Räche sich wer kann
- Olympia
- It’s raining beer
Line Up:
Nord: Gesang
Ost: Gitarre
Süd: Drums
West: Bass
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