Geschrieben von Marco Gräff
Band: Heaven Shall Burn
Album: Of truth and sacrifice
Genre: Melodic Death Metal / Metalcore / Modern Metal
Plattenfirma: Century Media
Veröffentlichung: 20.03.2020
Viele sprechen von einem Comeback von Deutschlands führender Metalcore Band. Dabei waren HEAVEN SHALL BURN nicht wirklich weg. Sie legten ja nur eine zweijährige Live Pause ein. Und seit dem letzten Album „Wanderer“ sind ja auch nur dreieinhalb Jahre vergangen. Also kein Comeback im klassischen Sinne. Dennoch ist es schön ein neues Album der Thüringer zu hören.
Und ist das noch Metalcore? Nun, die Frage stelle ich mir schon spätestens seit dem 2013er Album „VETO“. Irgendwo haben HSB ihre eigene Nische gefunden und verbinden auf wunderbare Art und Weise melodischen Death Metal mit unterschiedlichsten Core Elementen und schrecken auch vor anderen Stilen und Experimenten nicht zurück. Und auf dem neuen Meisterwerk gibt es auf zwei Platten verteilt so einige Überraschungen.
„Das Album ist in zwei Platten unterteilt, „Of Truth“ und „Of Sacrifice““, erklärt Maik Weichert. „Während die erste Platte Zuversicht und Kampfbereitschaft signalisiert, ist die zweite eher nachdenklich und befasst sich mit den Opfern und Kämpfen, welche man für die Wahrheit bereits auf sich genommen hat und auch künftig nicht scheuen wird.“
Wie nicht anders zu erwarten, und wie man das Quintett auch kennt, nehmen HSB auch auf ihrem mittlerweile neunten Album kein Blatt vor den Mund. Gewohnt gesellschaftskritisch und direkt auf den Punkt gehen sie dahin wo es auch mal wehtut. Und das natürlich auch musikalisch. Mit Thoughts and prayers bekommt der geneigte Fan nach dem Intro March of retribution genau das was er von seiner Lieblingsband erwartet. Typischen Heaven Shall Burn Metal. Brachialität und Melodien in Harmonie, dazu die unverkennbaren Shouts und Growls von Sänger Marcus Bischoff. Ein perfekter Einstieg.
Während danach mit Eradicate den Hardcore Wurzeln brutal gehuldigt wird, überzeugt Protector mit schwedischem Melo Death ganz in bester HSB Manier. Ein wahrer Ohrwurm. Bei Übermacht muss man zu Beginn erst mal prüfen, ob hier immer noch die Thüringer am Werk sind. Da wird plötzlich mit Industrial Tönen und viel Elektro gespielt. Wenn man sich darauf einlässt, entfaltet sich dem Hörer in dem Song ein teilweise episches wie zerstörerisches Meisterwerk, welches spätestens bei Halbzeit voll und ganz als Highlight der Platte durchgehen wird. Mit deutschen Vocals wohlgemerkt. Das Video hierzu ist übrigens äußerst sehenswert.
Das ebenfalls geniale My heart and the ocean dürften vielen bereits als Video kennen, Expatriate überrascht dann wieder. Langsam baut sich der längste Song in der Geschichte der Band mit Klavier und Streichern zu einem eindringlichen Gänsehaut Song auf, der mit Message daher kommt (unbedingt bis zum Schluss hören!) ohne dabei zu verleugnen, woher er stammt. Große Kunst.
Und nachdem es mit What war means wieder richtig auf die Mütze gibt, wartet Terminate the unconcern mit dem ersten von drei Gastbeiträgen auf. Andi Dörner von ‚Caliban‘ leiht dem Song seine Stimme. Im Duett mit Marcus Bischoff battlen sich beide in einem klassischen HSB Melo Death Song, der ein wenig an „Corium“ vom letzten Album erinnert. Mit The ashes of my enemies endet Part eins in ruhiger und nachdenklicher Art und Weise ganz klassisch instrumental.
Doch Zeit zum innehalten und nachdenken bleibt nicht lange. OF SCARIFICE beginnt mit Children of a lesser god und dürfte all denen gefallen, die frühen ‚In Flames‘ angetan sind und „Passage of the crane“ der letzten Platte mochten. Dann wird es wieder „schräg“! La Résistance bietet Club Atmosphäre, Elektro Dance der Marke HEAVEN SHALL BURN. Sehr gewöhnungsbedürftig, aber im Falle einer Platte mit 19 Tracks, kann man auch so etwas mal verzeihen. Und wer mit „European Super State“ vom Album „Veto“ zurechtkam, dürfte auch hier keine Probleme haben. Dennoch eine gewagte Nummer.
Neue Wege scheinen HSB mit The sorrows of victory und special Guest Chris Harms zu gehen. Ein bißchen Gothic, ein bißchen Doom. Der Hamburger Jung von ‚Lord Of The Lost‘ verleiht dem Song nicht nur wegen seiner charismatischen Stimme einen düsteren Touch. Ein Song der Zeit braucht um sich zu entfalten.
Die beiden folgenden Nummern Stateless und Tirpitz bieten danach wieder bekannte Kost und punkten mit eher klassischem Death Metal als Core. Truther ist eine Abrissbirne im wahrsten Sinne, da freue ich mich schon Live drauf. (Sofern es irgendwann mal wieder Shows gibt). Für den letzten Gastbeitrag haben sich HSB die Stimme von Matthi Tarnath (Nasty) gegönnt, der das Cover von Critical mass (im Original von ‚Nuclear Assault‘) veredelt. Was soll man da sagen? Passt wie Arsch auf Eimer.
Danach folgen nur noch zwei Nummern – aber was für welche. Das aggressive Eagles among vultures entwickelt sich langsam zu einem neuen Lieblingssong der Band aus Saalfeld. Wenn du mal so richtig miese Laune hast, das Ding zieht! Den krönenden Abschluss bildet dann Weakness leaving my heart. Gefühl, Härte, Hass und Hoffnung in nur einem Song. Der Schluss ist episch und zum Heulen schön.
Aber wie beurteilt man so ein Werk im Ganzen? Nach dem ersten Hören hätte ich maximal acht Punkte vergeben. Natürlich klingt das Album von vorne bist hinten nach HEAVEN SHALL BURN. Trotz aller Experimente. Aber das macht die Band doch aus. Kein Stillstand, immer weiter nach vorne. Brachial, zerstörerisch, nachdenklich, eindringlich. All das verbinden HEAVEN SHALL BURN auf OF TRUTH AND SACRIFICE zu einem Ganzen. Einem Werk welches entdeckt werden will. Beschäftigt Euch mit der Platte und es wird seine ganze Schönheit entfalten. Momentan dürften die meisten ja viel Zeit haben.
von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten
Tracks:
OF TRUTH
01 – March Of Retribution
02 – Thoughts And Prayers
03 – Eradicate
04 – Protector
05 – Übermacht
06 – My Heart And The Ocean
07 – Expatriate
08 – What War Means
09 – Terminate The Unconcern
10 – The Ashes Of My Enemies
OF SACRIFICE
11 – Children Of A Lesser God
12 – La Résistance
13 – The Sorrows Of Victory
14 – Stateless
15 – Tirpitz
16 – Truther
17 – Critical Mass
18 – Eagles Among Vultures
19 – Weakness Leaving My Heart
Line-Up:
Maik Weichert – Guitar
Alexander Dietz – Guitar
Marcus Bischoff – Vocals
Eric Bischoff – Bass
Christian Bass – Drums
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