Band: Bruce Dickinson
Album: The Mandrake Project
Genre: Heavy Metal
Plattenfirma: BMG
Veröffentlichung: 01.03.2024
Ein neues Album von Maiden-Shouter Bruce Dickinson ist 19 Jahre nach „Tyranny of Souls“ an und für sich schon eine kleine Sensation – und dass der gute Bruce dafür wieder den nicht minder guten Roy Z an Bord hat, lässt die Erwartungshaltung natürlich steigen. Letztendlich war der Mann für die Klassiker „Accident of Birth“ und „The Chemical Wedding“ maßgeblich mitverantwortlich.
Von „Deaf Forever“-Chefredakteur Götz Kühnemund war bereits Ende letzten Jahres zu lesen, „The Mandrake Project“ übertreffe seine kühnsten Erwartungen, es stehe auf Augenhöhe mit den zwei genannten Klassikern von 1997 und 1998. Aber das ist auch nur eine Meinung. Hier sind vier Meinungen von uns: Klaus, Hans, Daniel und Marco haben sich das Album gehört.
Klaus Saalfeld :
Satte neunzehn Jahre hat Iron Maiden Frontsirene Bruce Dickinson seine Fans warten lassen, um endlich einen Nachfolger für seinen bis dato letzten Solo-Ausflug „Tyranny Of Souls“ zu präsentieren. Die Frage, die sich mir im Vorfeld gestellt hat, war, ob „The Mandrake Project“ die hohen Erwartungen erfüllen würde und damit womöglich das nicht vollends überzeugende letzte Maiden Album „Senjutsu“ in den Schatten stellen könnte. Die klare Antwort darauf lautet „Jein“.
Die erste Vorab-Single „Afterglow Of Ragnarök“ kommt trotz seiner relativ treibenden Rhythmik überraschend düster daher, auch wenn der Chorus mit einer vergleichsweise leicht zugänglichen Hookline aufwartet. Für einen Einstiegssong eine vielleicht etwas ungewöhnliche Wahl, und trotz mehrfacher Anläufe hat mich die Nummer immer noch nicht vollends gepackt. „Many Doors To Hell“ wäre da wohl der bessere Opener gewesen, die Nummer rockt cool und lässig und bleibt schon beim ersten Anhören hängen.
Auch die theatralischen Elemente bei „Rain On The Graves“ hätte ich so nicht erwartet, der Song entpuppt sich aber nach mehrmaligem Hören als absoluter Ohrwurm, während „Resurrection Men“ mit gewissen Western-Vibes und einem etwas merkwürdig anmutenden stampfenden Mittelteil daherkommt, die den Track einerseits ein wenig sperrig wirken lassen, andererseits zumindest mit einem starken Refrain ein klein wenig entschädigt. „Fingers In The Wounds“ ist ein getragener Song mit Streicher und Piano Untermalung, der zwar recht gefällig wirkt, dem aber irgendwie das gewisse Etwas fehlt.
„Eternity Has Failed“ dürfte dem Grunde nach jedem Maiden Fan bekannt sein, denn die Nummer wurde unter dem leicht veränderten Titel „If Eternity Should Fail“ bereits auf „Book Of Souls“ veröffentlicht. Der Unterschied besteht im Wesentlichen in einem etwas gedrosselten Tempo sowie leicht abgewandelten Lyrics, wobei ich der Maiden Nummer hauchdünn den Vorzug geben würde. „Mistress Of Mercy“ ist dann der erste und einzige Track des Albums, der über das vorherrschende Midtempo hinausgeht und von allen Stücken die größte Dynamik aufweist. Auch wenn der Chorus nichts Spektakuläres bietet, hätte ich mir gerne ein/zwei weitere Songs dieser Machart gewünscht.
Und dann begeht Mister Dickinson den gleichen Fehler wie Maiden auf ihrem letzten Longplayer, nämlich drei langsame Tracks an den Schluss des Albums zu packen, von denen die beiden letzten mit sieben bzw. knapp zehn Minuten auch noch Überlänge haben Das von Akustikgitarren angeführte „Face In The Mirror“ erinnert mich zu Beginn irgendwie an Avenged Sevenfolds „So Far Away“, ansonsten kann man der Nummer eine hohe Eingängigkeit nicht absprechen. „Shadow Of The Gods“ knüpft die ersten vier Minuten stimmungsmäßig an seinen Vorgänger an, ehe Song nach vier Minuten eine überraschende Wendung nimmt und ordentlich rockt, bis knapp zwei Minuten später wieder balladeske Töne Einzug halten. „Sonata (Immortal Beloved)“ ist schließlich so eine Art Breitwand-Ballade mit zugegeben toller Hookline und einigen kurzen Spoken-Word Parts, deren einziger Fehler im Grunde darin besteht, künstlich in die Länge gezogen worden zu sein. Einzeln betrachtet sind die Songs nicht schlecht, allerdings halte ich die Positionierung innerhalb der Tracklist für nicht gerade glücklich.
Um auf den Beginn meiner Rezi zurückzukommen: Übertrifft „The Mandrake Project“ den letzten Maiden Output? Nein, denn beide Scheiben haben neben einigen starken Songs auch den einen oder anderen weniger gelungenen Track zu bieten. Und die Frage, ob Bruce Dicksinsons neues Solo-Album die Erwartungen erfüllt, muss jeder Fan für sich selbst beantworten, für mich bleibt „Accident Of Birth“ nach wie vor unerreicht. 7 von 10 Hellfire-Punkten.
Hans Dadaniak:
Ist Bruce jetzt „Bruce“ oder doch eher Maiden? Eine Frage, die sich wohl nach Hören seines neuesten Werkes einige stellen werden. Also hör ich mal für euch rein und sag euch dann was ich davon halte. Eins steht jetzt schon mal fest, da „The Mandrake Project“ auch als Comic erscheint, ist es wohl ein Konzeptalbum. Und da bedient sich „Dickinson“ mal direkt an nordischen Sagen.
Mit „Afterglow Of Ragnarok“ als Opener bekommen wir eingängige Riffs, Gesang, der sich nicht in Dickinsons markanten Höhen bewegt, was dem Song jedoch keinen Abbruch tut. Der Song geht schon mal gut ins Ohr. „Many Doors To Hell“ bringt uns danach eine mehr oder weniger Standard-Komposition mit rockigen Elementen ins Ohr. Kein herausragendes Juwel, aber ansonsten gut hörbar.
„Rain On Graves“ lässt auch noch nicht so richtig die Richtung erkennen, wo es wohl hingehen soll, obwohl es Gesangstechnisch in bekannte Gefilde geht. Das was man eigentlich hören will. Und danach geht es in Richtung „Western“. Reitet da gerade John Wayne über die Prärie? Nein, wohl eher nicht. Der einsetzende Gesang zerstreut alle Zweifel. Auch musikalisch entwickelt sich der Song weiter und siehe da, auf einmal sind 6 Minuten wie im Flug vergangen, obwohl im Mittelteil noch mal so leicht Westernklänge auftreten.
Etwas kürzer fällt „Fingers In The Wounds“ aus. Ein wenig religiös? Aber ein Song der irgendwie im Ohr bleibt. Ein wenig orientalisch? Muss wohl bei der Thematik sein. Streicher und Piano unterstreichen den Song dann noch einmal und bilden so einen Erinnerungseffekt. „Eternity Has Failed“ hab ich doch schon vor Jahren mal gehört, oder irre ich mich da wenn ich meine der war mal von „Iron Maiden“. Nun ja, auf „Book Of Souls“ hieß der Song noch „Eternity Should Fail“ welcher hier aber weitaus mehr klasse hat. Und nun kann „Bruce“ seine Herkunft nicht mehr abstreiten.
Doch was passiert dann?, mit „Mistress Of Mercy“ knallt mir ein Song in die Ohren, mit dem ich nicht wirklich warm werden kann. Irgendwie ist mir der Song zu chaotisch. Und als hätte ich es gehofft, beim nächsten Song wird es ruhiger. „Face In The Mirror“ ist ein richtig guter Song, den man auch gerne mal in Schleife hört. Ballade oder doch nicht? „Shadow Of The Gods“ beginnt jedenfalls so und hat eine herausragende Gesangsleistung. Doch nach kurzer Zeit, etwa 4 Minuten, schlägt der Song andere Töne an. Der Song nimmt Fahrt auf und wird schneller, um dann ab der sechsten Minute wieder das Tempo zu ändern. Geht ins Ohr, bleibt im Ohr. Wer jetzt erwartet, dass dieses Album mit einem Kracher endet, wird schnell eines Besseren belehrt. „Sonata (Immortal Beloved)“ ist eine Reise, bei der der Gesang an erster Stelle steht. Musikalisch ein wenig theatralisch werden hier alle Register gezogen. Mit seinen fast 10 Minuten gibt es hier einen wundervollen Abschluss, der sich in keiner Weise vor den anderen Songs verstecken muss. Im Gegenteil. Wer solche Kompositionen bei Iron Maiden geliebt hat, kommt hier auf seine Kosten.
Für mich ein Album, das mehr Nähe zu Iron Maiden hat als deren letztes Werk „Senjutsu“. Aber was sagt dies über das Album aus? Zum einen kann Bruce Dickinson nicht aus seiner Haut heraus, schafft es aber trotzdem, diesem Album seinen persönlichen Stempel aufzudrücken. Daher vergebe ich 8 von 10 Hellfire-Punkten.
Daniel Seidel:
Da ist sie nun, die seit soo vielen Jahren erwartete neue Scheibe von Bruce Dickinson! Und gleich vorweg, für mich hat sich dieses Warten absolut gelohnt! Zwar bin ich bei den vergangenen Veröffentlichungen immer noch mehr Fan von Accident of Birth (1997), aber The Mandrake Project reiht sich perfekt in die letzten 2 Soloplatten des Iron Maiden Masterminds ein. Die dunkle Grundstimmung von The Chemical Wedding (1998) und Tyranny of Souls (2005) wird beibehalten und von Roy Z sowohl musikalisch als Gitarrist und Bassist, als auch als Produzent wunderbar in Szene gesetzt! Meines Erachtens wird er diesmal auch nicht an der kurzen Leine gehalten und liefert ein erstklassiges Werk ab. Der Gesang von Herrn Dickinson ist natürlich für jeden Fan des Mannes keine Überraschung, wobei er in seinen Solowerken durchaus auch neue Facetten seiner Stimme bietet! Und wenn wir schon bei Bieten sind, das Songwriting von Bruce Dickinson und Roy Z ist einfach spitze. Mit „Afterglow Of Ragnarok“, der wundervollen Ballade „Face In The Mirror“, der (Achtung!) Maiden-Coverversion von „Eternity Has Failed“ (bringt den Song sowas von nach vorne) und nicht zuletzt „Many Doors To Hell“ gibt es 4 Songs, die wohl noch lange Zeit durch meine Anlage dröhnen werden.
Kurzum, “The Mandrake Project” ist für mich das stärkste Soloalbum und sollte in keiner Metal-Sammlung fehlen und so gibt es von mir 9 von 10 Hellfire-Punkten.
Marco Gräff:
Da ist es ja doch. Das siebte Soloalbum von ‚Maiden‘-Singer BRUCE DICKINSON. Wer hätte das noch gedacht? Fast 20 Jahre nach „Tyranny of souls“ kommt nun endlich das neue Werk. Der Albumname klingt erstmal nach einem Konzeptalbum, das Album dann selbst aber nicht. Eher wie eine Aneinanderreihung einzelner Songs, die über die letzten Jahre entstanden sind. Muss das schlecht sein? Nein. Ist das Album dann automatisch gut?
Der Start ins Album mit Afterglow of Ragnarok ist es zumindest. Der Song ist sogar richtig gut geworden. Für mich jetzt schon einer der Songs des Jahres. Wie das Album insgesamt, eine düstere Nummer mit kraftvollen, fetten Riffs und einer begnadeten Gesangsleistung des 65-Jährigen. Hier stimmt alles. Leider können die restlichen neun Songs das Niveau über die Zeit nicht halten.
Wobei es erst mal gut weitergeht. Many doors to Hell und Rain on the graves wissen noch zu überzeugen, ebenso wie Mistress of mercy. Auch wenn man immer wieder geneigt ist, die Songs mit den jüngeren ‚Maiden‘ Sachen zu vergleichen, liegt das hier meist an der Stimme von Dickinson. Und Rain on the graves könnte so eine Nummer sein. Das an Western Musik erinnernde Resurrection man und die eher maue Ballade Face in the mirror zeigen, wieso Dickinson Soloalben macht. Die Nummern würden nie auf einem ‚Maiden‘ Album landen.
Das eine Nummer in beiden Welten funktioniert, zeigt dagegen Eternity has failed. Dieser Song eröffnete in abgewandelter Art als „If eternity should fail“ das 2015er Album „The Book of Souls“. Eternity has failed ist hier aber kompakter, etwas langsamer und hat einen ausgedehnten instrumentalen Solo Part. Würde fast behaupten, die reine Dickinson Nummer gefällt mir besser. Shadow of the Gods kommt nur langsam in Fahrt, das abschließende Sonata (Immortal Beloved) ebenso, glänzt aber mit einem psychedelischen, proggy Pink Floyd Finish.
So gesehen ist THE MANDRAKE PROJECT in meinen Augen ein zweischneidiges Schwert. Neben dem starken Opener folgen noch vier, fünf nennenswerte Nummern. Der Rest dümpelt so vor sich hin. Leider. Wenn auch schweren Herzens, da allein Afterglow of Ragnarok es wert ist, sich das Album zuzulegen, mehr als 7,5 von 10 Hellfire-Punkten kann ich nicht geben.
So weit die Mainung unserer vier Autoren. Im Durchschnitt gibt’s von also 7,9 von 9 Hellfire-Punkten.
Tracklist:
01 Afterglow of Ragnarok
02 Many Doors To Hell
03 Rain On The Graves
04 Resurrection Men
05 Fingers In The Wounds
06 Eternity Has Failed
07 Mistress Of Mercy
08 Face In The Mirror
09 Shadow Of The Gods
10 Sonata (Immortal Beloved)
Lineup:
Bruce Dickinson: Gesang
Roy Z: Bass, Gitarre
Dave Moreno: Schlagzeug
Mistheria: Keyboard