Hellfire-Crossfire: Kreator – Hate Über Alles

(C) Kreator

Band: Kreator
Album: Hate Über Alles
Genre: Thrash Metal
Plattenfirma: Nuclear Blast
Veröffentlichung: 10.06.2022

Obwohl KREATOR schon weit mehr als fünfunddreißig Jahre existieren und in Metal Kreisen ja eigentlich Kult sind, reichten die Reaktionen innerhalb des Hellfire Teams hinsichtlich einer möglichen Beteiligung am Hellfire-Crossfire erstaunlicherweise von „habe da absolut keinen Zugang zu“ über „ist nicht so mein Ding“ bis hin zu Gleichgültigkeit. Aber einige wenige Unverwüstliche trotzten der vorherrschenden Ignoranz und machten sich auf, dem fünfzehnten Studioalbum der Essener Thrasher mal auf den Zahn zu fühlen.


Klaus:

Obwohl KREATOR bzw. deren Vorläufer beinahe genauso lange existieren wie meine Begeisterung für harte Mucke, hat sich mein Interesse für Thrash Metal erst vor einigen Jahren so richtig manifestiert. Daran war das 2017 erschienene „Gods Of Violence“ der Essener Veteranen sicherlich nicht ganz unschuldig. Von daher war meine Vorfreude auf „Hate Über Alles“ schon ziemlich hoch! Und nach dem Italo-Western Intro („Sergio Corbucci Is Dead“) geht es mit dem vorab veröffentlichten Titeltrack direkt mal eine echte Thrash Granate zur Begrüßung, dessen Wucht und rohe Energie nur noch vom genial-einfachen Mitsing Chorus übertroffen wird. „Killer Of Jesss“ steht dem kaum etwas nach, wenngleich der Mittelteil ein wenig Zeit zum Verschnaufen gönnt und der Refrain vielleicht etwas kantiger wirkt.

Auf „Crush The Tyrants“ verlassen KREATOR vorerst ihre Thrash Pfade und legen einen massiven Midtempo Stampfer hin, den man sich auch auf Metallicas schwarzem Album hätte vorstellen können. „Strongest Of The Strong“ legt wieder einen ordentlichen Zahn zu, hier wird klassischer Metal par excellence zelebriert und die Monster Hookline mitsamt Mitgröl Garantie sorgt für einen Dauerst…äh, Dauergrinsen. Beim – im wahrsten Sinne des Wortes – Aufgalopp zu „Become Immortal“ kommen mir passend zum inhaltlichen Rückblick auf die 80er Jahre sofort (alte) Running Wild in den Sinn, wobei bei den „Ohohoh“ Chören auch eine leichte Accept Referenz nicht zu leugnen ist. „Conquer And Destroy“ holt den Thrash zurück, wobei der Aufbau ähnlich ist wie bei „Hate Über Alles“, heißt Wechsel aus Abriss-Strophe und ein wenig gedrosseltem Refrain. Überraschend ist der Gastbeitrag des Indie-Künstlers Drangsal, dessen recht hoher Gesang ein wenig gewöhnungsbedürftig ist.

„Midnight Sun“ setzt rifftechnisch ebenfalls auf die Thrash Kante, wenngleich der Song nicht konsequent auf Höchstgeschwindigkeit setzt. Auch hier gibt es in der Bridge mit Sofia Portanet eine Gastsängerin, zudem erinnert mich der Chorus ein wenig an die experimentelle „Endorama“ Scheibe, wobei der Song sich nach einigen Durchläufen dennoch festsetzt. „Demonic Future“ reiht sich in eine Reihe mit „Killer Of Jesus“ und (größtenteils) „Conquer And Destroy“ ein, während „Pride Comes Before The Fall“ mit Glockenspiel und sanftem Klargesang als Einstieg überrascht, eher das Riff Gewitter einsetzt und angeführt von tollen Gitarrenharmonien in einem packenden Refrain mündet. Der ebenfalls zurückhaltende Mittelteil sorgt für einen weiteren Gänsehautmoment. Der knapp siebenminütige Abschluss-Track „Dying Planet“ ist genauso dystopisch wie sein Titel, schleppend, düster, gewaltig und im hinteren Teil der Nummer sorgt der gesprochene Ausblick auf das nahende Ende für zusätzliches Unbehagen.

Klar, Musik ist immer Geschmacksache, aber warum KREATOR nur so wenig Resonanz innerhalb der Redaktion erhalten haben, erschließt sich mir nicht. Dafür habe ich ein saustarkes, abwechslungsreiches Album bekommen, dass in den meisten kommenden Bestenlisten des Jahres einen vorderen Platz einnehmen dürfte.

Von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten.


Marco:

Bei einem Albumtitel namens HATE ÜBER ALLES kann man ja schnell mal ein wütendes und hasserfülltes Album erwarten. Besonders wenn es von Deutschlands Thrash Band Nummer 1 kommt. Und diesen Eindruck haben KREATOR mit dem bereits vor Wochen veröffentlichten Titeltrack so ziemlich untermauert. Dann ist das 15. Album in der über 30jährigen Geschichte der Ruhrpott Band am Ende aber doch nicht so garstig ausgefallen. Zumindest auf den ersten Blick.

Nach dem überraschenden wie genialen Intro, eine Verneigung vor Ennio Morricone und dem Italo-Westernregisseur Sergio Corbucci, bricht es mit dem bockstarken Titelsong Hate über alles schon gleich richtig über den Hörer herein. Ein schneller, fieser und Band typischer Thrash Metal Kracher, der schon bald als Klassiker gelten dürfte. Für mich einer der Songs des Jahres. Live tauglich über allen Maßen und einfach ein Brett. Das folgende Killer of Jesus versucht dort anzuknüpfen, kann aber nicht ganz mithalten.

Bei Crush the tyrants, einem recht schwerfälligen Stampfer, nehmen KREATOR den Fuß vom Gas. Mehr ein klassischer Metal Song als typischer Thrash aus Essen. Strongest of the strong dürfte auch schon bekannt sein. Ebenfalls ein Live Kandidat und ein eher gezügelter KREATOR Thrasher mit Mitgröl Refrain. Im weiteren Verlauf bleibt sich die Band dem Schema treu. Klassische Thrash Perlen wie Conquer and destroy und Demonic Future wechseln sich mit Heavy Metal Songs und diversen Einflüssen ab. Become immortal bringt britischen NWoBHM Flair mit, Midnight sun ist gar düster angehaucht, bringt weiblichen Gastgesang mit und erinnert an die experimentelle Bandphase Mitte der 1990er Jahre.

Den Abschluss bilden Pride comes before the fall, eine Nummer bei der „Mille“ mit Klargesang zu Beginn überrascht und der Song mit Spieluhr mäßigem Intro daherkommt. Der Rest ist ebenso stark wie schon die erste Hälfte der Platte. Und das schon episch anmutende Dying planet, knapp sieben Minuten lang, ist düster und dystopisch. Wie der Titel schon vermuten lässt. Würdiges Ende eines abwechslungsreichen Albums, bei dem man immer wieder überrascht wird.  

Ich persönlich habe allerdings ein wütenderes und giftigeres Album erwartet und am Ende auch ein stärkeres, als der direkte Vorgänger „Gods of violence“ (2017). Gerade zu dieser Zeit. Der Titelsong, Anfang Februar veröffentlicht, hat in mir wohl doch zu hohe Erwartungen geschürt. Wobei man bedenken sollte, dass der Großteil der Songs schon 2019 entstand. Weit vor dem ganzen Chaos weltweit. Dennoch ist HATE ÜBER ALLES beachtenswert und sicher eines der besten Alben in der Geschichte der Band. Und auch in diesem Jahr. Ob‘s allerdings für meine Top Ten reicht müssen die nächsten Wochen zeigen. Wenn HATE ÜBER ALLES sich noch ein bisschen entfalten durfte. Der Titelsongs jedenfalls steht jetzt schon weit vorne in meiner Gunst.

Von mir gibt es 8,5 von 10 Hellfire Punkten. Mit Tendenz nach oben.


Helgvar Sven:

Kurz nach meiner pubertären Phase erschien das Debütalbum „Endless Pain“ und ab dieser Veröffentlichung, war es um mich geschehen. Das vorher Erwähnte und natürlich „Pleasure to Kill„, die EP „Flag of Hate„, „Terrible Certainty“ und „Extreme Aggression“ laufen bei mir in einer gewissen Regelmäßigkeit rauf und runter oder umgekehrt und einige weitere zusätzlich. Nun erscheint in dieser Woche das Studioalbum Nr. 15 und ich widme diesem jetzt mal meine Ohren.

Sergio Corbucci Is Dead“ ist ein gefühlvoll, dunkler und nachdenklicher Einstieg, der episches folgen lässt. Das Intro ist schon einmal sehr cool…und ich denke es geht um den italienischen Filmregisseur gleichen Namens, warum auch immer dieser gewählt wurde. Mit dem folgenden „Hate über Alles“ geht die sprichwörtliche Post ab, Petrozza und Sami Yli-Sirniö zwirbeln aus und auf ihren Saiten und nicht nur hier, Klangerlebnisse hervor und dies alles im Zusammenspiel der Einheit mit Ventor und Leclercq. „Kill Of Jesus“ ist aus meiner Sicht noch eine Nummer druck -und kraftvoller, „Crush The Tyrants“ stampft auf, ist gediegener unterwegs, aber haut mich nicht schlagartig aus den Socken, wohl auch deshalb, weil ich ein Freund der flotten und schnelleren Sohle bin.

Strongest Of The Strong“ ist geradlinig auf seinem Weg, bildet schön schwebende Melodiebögen und schlussendlich werde ich noch aus oder angelacht, „Become Immortal“ geht aus meiner Sicht in die Heavy Metal Richtung, finde es ungewohnt, aber auch wieder gut, eben anders. “Conquer And Destroy“, mit dem Spezialgast Drangsal, ist eröffnend Saiten klangvoll und aggressiv unterwegs, bietet wieder vieles anderes oder zusätzliches und einen mehrstimmigen Gesang vernehme ich (mit weiblicher Unterstützung oder ein Herr mit höherer Stimmlage?), genauso wie beim Nachfolger “Midnight Sun“, der energiegeladen zu Werke geht, aber auch schwebt und klanglich vokalistisch von der Indie-Pop-Sängerin Sofia Portanet begleitet wird und so dem Song noch eine weitere Würze verleiht.

Demonic Future“ kommt mir gerade recht und gibt mir flottes für mein Parkett. Natürlich brettert man hier nicht wie in alten Tagen durchgehend (eigentlich schade), aber nichtsdestotrotz ist der Song ein schönes Brett mit verschiedenst dargeboten in Tönen gefasster Maserung. “Pride Comes Before The Fall“ geht mit „Spieluhrklängen“ auf die Reise, ist vielfältig kreativ, rasant, nachdenklich ruhig und gesegnet „flüsternder“ Gesang passt sich perfekt ein. Den Abschluss bildet der längste Song “Dying Planet“, der mit seiner breiten Vielfältigkeit ein ganz starker Song ist, dargeboten im doomig leichten Gewand.

Fazit: Bin ich ein Fossil und schaue nur auf die alten Zeiten? Mitnichten! Mein volles Haupthaar schwand und so machte ich auch eine Entwicklung durch, genauso wie KREATOR, die hier altes mit neuem verbinden.

Von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten!

Marius:

Wer zur Hölle ist Sergio Corbucci? Das wird sich so mancher Kreator-Fan fragen, wenn er dieser Tage das 15. Studioalbum der Ruhrpott-Thrasher auf die Ohren bekommt und das Western-Intro mit dem Titel „Sergio Corbucci Is Dead“ anhört. Für diejenigen, die sich das fragen, hier die Erklärung: Corbucci war einer der einflussreichsten italienischen Regisseure des sogenannten Spaghetti-Western-Genres, das vor allem durch Sergio Leone bekannt gemacht wurde und in Quentin Tarantino einen modernen Fan und Nachahmer gefunden hat.

Aber das ist eigentlich nebensächlich. Wichtiger ist, was Kreator musikalisch mitbringen und das ist mal wieder zünftiger Thrash Metal. Beinahe etwas zu zuverlässig serviert die Band um Frontmann Mille Petrozza alle paar Jahre eine neue Scheibe und schrei(b)t sich den Hass aufs Establishment und den Weltschmerz aus der Seele. Was man von der Anspielung auf die erste Strophe des Deutschlandlieds im Albumtitel „Hate Über Alles“ halten soll, sei an dieser Stelle jedem selbst überlassen. Besonders clever wirkt es nicht und insgesamt erinnert der dazu passende Song rhythmisch etwas zu sehr an „Hordes of Chaos“ aus dem Jahr 2009.

Und das ist es auch, was mich an „Hate Über Alles“ nicht zu überzeugen vermag: Die Songs sind gut, bodenständig, schnell, aber auch berechenbar und wenig abwechslungsreich.

Von mir gibt es daher 7 von 10 Hellfire-Punkten!

Der Durchschnitt für „Hate Über Alles“ beträgt demnach 8,38 von 10 Hellfire Punkten.


Trackliste:

  1. Sergio Corbucci Is Dead
  2. Hate Über Alles
  3. Killer Of Jesus
  4. Crush The Tyrants
  5. Strongest Of The Strong
  6. Become Immortal
  7. Conquer And Destroy
  8. Midnight Sun
  9. Demonic Future
  10. Pride Comes Before The Fall
  11. Dying Planet

Line Up:

Miland „Mille“ Petrozza: Gesang, Gitarre
Sami Yli-Sirniö: Gitarre
Frédéric Leclercq: Bass
Jürgen „Ventor“ Reil: Drums

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Video zu „Strongest Of The Strong“

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