Mit dem Hellfire Quick5 Interview versuchen wir dem Leser möglichst interessante Infos aus den Musikern rauszukitzeln, ohne dass sie sich seitenlangen Fragen/Antworten hingeben müssen.
Wir vom Hellfire bemühen uns, (mehr oder weniger) kurz und prägnant im Rahmen von 5 Fragen zu agieren (manchmal kann eine Frage auch gedoppelt oder getrippelt sein); dem Musiker obliegt es, nach seinem Gutdünken zu antworten: kurz und knapp bis hin zu ausschweifend und umfangreich.
Hellryder, eine neue Band mit alten Gesichtern veröffentlichen Ende Mai ihr Debüt „The Devil Is A Gambler“. Mit von der Partie sind Chris Boltendahl (v, Grave Digger) Axel „Ironfinger“ Ritt (g, Grave Digger), Steven Wussow (bs, Orden Ogan) und Timmi Breideband (dr, ex-Bonfire).
Der eiserne Finger Axel Ritt gab uns ein paar Einblicke in das, was da bald wie eine Dampfwalze auf uns zurollen wird.
HF: Axel, offensichtlich habt Ihr im 2020er Corona Jahr nicht den Kopf in den Sand gesteckt. Das Grave Digger Album konnte live nicht präsentiert werden, und dann hast Du mit Chris Hellryder aus dem Boden gestampft. Über Chris‘ Posts in den sozialen Medien im letzten Jahr habe ich entnommen, dass er trotz der ganzen Scheiße sehr optimistisch war und auch Vertrauen in die Politik gesetzt hat.
Der Optimismus wich allerdings stetig mit allen unsinnigen Maßnahmen seitens Politik. Ich denke, Du hast das ähnlich gesehen
Hättet Ihr andere Wege eingeschlagen, wenn Euch damals der heutige Stand bekannt gewesen wäre?
AR: Hi Jörg, nein, wir persönlich hätten nichts anders gemacht, außer dass ich seiner Zeit deutlich mehr Bitcoins gekauft hätte, wenn ich mir die Rendite des letzten Jahres ansehe 😉 . Spaß beiseite, dass unsere Branche zu den ganz großen Verlierern der politischen Inkompetenz, gepaart mit gerade ekelhaft anmutender Korruption zählt, dürfte allgemein hin bekannt sein. Ganz ehrlich, wer heute noch CDU/CSU wählt, begeht ein Verbrechen an der Gesellschaft!
Wir haben Unsummen an Geld durch die ausgefallenen Konzerte verloren, wurden aber auf der anderen Seite nicht vom Staat aufgefangen. Ich zahle jetzt seit fast 5 Dekaden meine Steuern, habe dem Staat und den Bundesländern im Laufe meines Lebens einen siebenstelligen Betrag an Steuern zukommen lassen und im Gegenzug nicht ein einziges Mal seine Hilfe in Anspruch genommen. Jetzt verbietet man mir, meinen Beruf ausüben zu können und hält es nicht mal für nötig, ein Kurzarbeitergeld für Soloselbständige anzubieten. Stattdessen landen meine Steuern weiterhin in den Subventionen von Massentierhaltung und Schlachttiertransporten. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich die aktuelle Regierung verachte! Sie widert mich an!
HF: Kommen wir zur Band Konstellation: mit allen Bandmates von Grave Digger hätte Hellryder ja kein Sinn gemacht, dann wäre ein weiteres Grave Digger Album herausgekommen. Wie waren die ursprünglichen Ideen zur Hellryder Band Konstellation? Waren auch andere Musiker im Gespräch und wie kam es schlussendlich zur aktuellen Besetzung?
AR: Chris und ich hatten vor knapp 4 Jahren die Idee zu HELLRYDER, aber der straffe GRAVE DIGGER Zeitplan verhinderte damals eine entsprechende Umsetzung. Durch den Pandemie-bedingten totalen Zusammenbruch der Live-Branche haben wir die Möglichkeit genutzt und die Planung erneut aufgegriffen und entsprechend umgesetzt. Durch unsere lange Erfahrung im Business und mein Tonstudio sind wir zudem komplett autark und konnten alles genauso umsetzen, wie wir es geplant hatten.
Da es sich bei HELLRYDER nicht um das tausendste „Name-Dropping-Wir-Schicken-Uns-Die-Files-Gehen-Nie-Auf-Tour-Und-Kleben-Die-Bandfotos-Vor-Green Screen-Aus-Einzelfotos-Zusammen“ Projekt, sondern um eine echte Band handeln sollte, hatten wir zunächst einige Namen auf dem Schirm, wobei sich die Liste schnell lichten sollte. Wir wollten unbedingt hoch motivierte Freunde aus unserem räumlichen Umfeld, die nicht nur handwerklich herausragende Musiker und sehr nette Typen sind, sondern auch live auf der Bühne die absolute Sau rauslassen. Unter diesem Anspruch blieben dann tatsächlich nur Steven Wussow am Bass und Tim Breideband am Schlagzeug übrig. Sie stellen in der Tat die Traumbesetzung dar.
HF: Ihr habt im Vorfeld der Veröffentlichung von „The Devil Is A Gambler“ voll Gas gegeben: spannende Promoarbeit mit Bekanntgeben der Band Mitglieder und Ihr habt auch gleich mit Rainer Fränzen zwei Videoclips gedreht. Wie habt Ihr diesbezüglich im Vorfeld geplant und ist schlussendlich alles nach Euren Vorstellungen umgesetzt worden? Ist manches hinten runtergefallen?
AR: Wir kennen Rainer schon von seiner Arbeit mit GRAVE DIGGER, bei der er immer sehr gute Arbeit abgeliefert hat. Zudem hat er uns auch preislich ein sehr gutes Angebot gemacht, von daher „Never Change A Winning Team“. Man muss schauen, dass die Investitionen wirtschaftlich in einem guten Verhältnis stehen, aber ich bin der Meinung, dass der Fan sehr gutes Entertainment erhält und das ist schließlich die Hauptsache.
HF: Kommen wir zu „The Devil Is A Gambler“. Alleine durch Chris‘ Stimme sind Vergleiche zu Grave Digger gar nicht zu vermeiden. Aber was die Songs angeht: habt Ihr da übrig gebliebene GD Songs/Fragmente aufgegriffen oder komplett bei Null mit den Kompositionen begonnen? Gabs dabei interne Vorgaben, was geht und was ihr unbedingt vermeiden wolltet?
AR: Nein, es gab keinerlei Zweitverwertung von GRAVE DIGGER Songideen, alle Songs sind komplett neu komponiert worden. Stilistisch hatte ich seit vielen Jahren erstmals wieder die Möglichkeit, ohne jegliche Schere im Kopf drauf los komponieren zu können. GRAVE DIGGER ist eine international bekannte Band mit einer entsprechenden Erwartungshaltung der Fans was die Songstruktur angeht, hier habe ich einen vergleichsweise schmalen Korridor, den ist kompositorisch ausreizen kann, sonst gibt es einen immensen Shitstorm und rückläufige Verkaufszahlen.
Die einzigen Vorgaben, die wir uns gesetzt haben, waren 1.) die Musik muss zu Chris’ Stimme passen, 2.) die Songs müssen zu unserer Devise „Dirty Kick Ass Heavy Metal“ passen, 3.) die Song Strukturen müssen zu unserem gewählten Bariton Tuning passen und 4.) die Produktion muss höchsten Ansprüchen genügen. Ich glaube, das ist uns alles sehr gut gelungen.
HF: Mit etwas Optimismus sieht man durch steigende Impfzahlen langsam ein Licht am Ende des Corona Tunnels. Live Konzerte sind – wie auch immer es dann umgesetzt werden wird – vielleicht schon im vierten Quartal wieder möglich. Was plant Ihr? Evtl auch ein Double von Hellryder und Grave Digger? Die U.D.O./Dirkschneider Konstellation hat ja gezeigt, dass solche Planungen nicht von der Hand zu weisen sind. Auf der anderen Seite: sobald Touren wieder möglich ist, wird der Live-Markt zugeballert werden. Wie verschafft man sich Konzerte mit akzeptablen Zuschauerzahlen?
AR: Wir sind ja leider mittlerweile 2x um die Chance gebracht worden, unser 40-jähriges Band Jubiläum 2020 zu begehen. Wir waren für nahezu alle großen europäischen Festivals 2020 bestätigt worden und wollten den Fans entsprechend fette Sondershows bieten. Glücklicherweise sind wir nun auch für alle entsprechenden Shows 2022 bestätigt worden, d. h. wir sind 2022 wohl ein ganzes Jahr lang nur unterwegs. Das Problem wird nur sein, dass halt alle anderen Bands ebenfalls versuchen werden, ihren Konzertrückstand aufzuholen, bei gleichzeitiger Reduzierung der Auftrittsmöglichkeiten durch die Insolvenz vieler Clubs. Ich warte erst einmal ab, inwieweit unser Lügenbaron aus dem Gesundheitsministerium seine Versprechungen dieses Mal auch wirklich umsetzt und nicht nur weiterhin Promotion für seine Person betreibt.
Ein Double HELLRYDER / GRAVE DIGGER fände ich zwar spannend, allerdings wäre eine solche Show für Chris’ Stimmbänder schon eine echte Herausforderung. Die Hellryder Songs sind sehr kraftaufwändig in der Umsetzung und dann noch mal 90 Minuten Grave Digger hinter dran, das wäre grenzwertig. Diese Entscheidung muss Chris treffen.
Vielen Dank für Deine Zeit!!! Bleib(t) gesund.
Gerne doch, dir auch alle Gute.
Axel „Ironfinger“ Ritt
Interview: Jörg Schnebele
Mehr Infos:
https://www.facebook.com/hellryderofficial