HORISONT – SUDDEN DEATH

von Mathias Keiber
Band: Horisont
Album: Sudden Death
Genre: Classic Rock
Plattenfirma: Century Media
Veröffentlichung: 15. Mai 2020

HORISONT ist keine Band wie jede andere. In der Vergangenheit der Siebziger Jahre unterwegs sind dieser Tage zwar viele. Doch was HORISONT von den vielen anderen unterscheidet, ist der stete Ausbau ihres stilistischen Spektrums. Kein Album hört sich so an wie das davor, immer kommt mehr als nur eine neue Facette hinzu. All das geschieht zwar auf bekannten, aber keinesfalls ausgetreten Pfaden. Und so klingt Album Nummer sechs einerseits wiederum ziemlich überraschend, zum Einstieg vielleicht sogar schockierend, andererseits führte da wohl kein Weg dran vorbei.

Nachdem das Debüt noch mit einem Bein in den Sechzigern gestanden hatte, klopfte der „Second Assault“ bei Zep und Sabbath an, bevor die „Time Warriors“ Geschwindigkeit und Powerpop-Schlagseite aufnahmen. Die „Odyssey“ führte HORISONT zum Prog, und mit Album Nummer fünf war es „About Time“ für AOR. Vor diesem Hintergrund war es wohl nur eine weitere Frage der Zeit, bis HORISONT zur ganz großen Geste ausholen und – nennen wir das Kind beim Namen – sich auch noch den Piano-Pop ihrer Landsleute von Abba draufschaffen. Genau das ist mit „Sudden Death“ geschehen. HORISONT legen los mit „Revolution“, einem Knallbonbon von einem Song, und nach wenigen Sekunden fühlt man sich wie mittendrin in der Abba-Revue. Das ist kein Auftakt nach Maß, das ist eine neue Messlatte, ein Song gewordener „What the fuck?“-Moment.

Doch um die aufgeworfene Frage direkt zu klären: HORISONT spielen nach wie vor Rockmusik. Und im weiteren Verlauf von SUDDEN DEATH erinnern die Piano-Einlagen dann auch eher an Toto und Foreigner. Im Endeffekt ist das aber völlig egal. Denn HORISONT beherrschen die hohe Kunst des Songwritings hörbar nach Belieben. Sie haben einen Sänger, der sein Herz auf der Zunge trägt und über eine Stimme mit sofortigen Wiederkennungswert verfügt. Sie haben einen Schlagzeuger, der mit einer Leichtfüßigkeit durch die Songs tänzelt, die ihresgleichen sucht. Und alle zusammen sind sie bereit, sämtliche Register zu ziehen – ohne jegliche Scheu, irgendjemandem damit vor den Kopf zu stoßen. Kurzum: SUDDEN DEATH ist ein fünfzigminütiges Feuerwerk aus maximaler Spielfreude und offenbar grenzenlosem Ideenreichtum – und es zündet einfach alles!

Manchmal stelle ich mir die Band als genialen Professor vor, der in seinen Seminaren vor verblüfften Studenten die Populärmusik der Siebziger Jahre als Funktion erklärt: „So haben das Genesis gemacht. Und deshalb hat es funktioniert. Aber hätten sie das hier weggelassen und stattdessen das hier gemacht, dann hätte es noch besser funktioniert. Bei Uriah Heep hingegen lief es so, während es Jethro Tull so machten.“

Fragt ein neugieriger Stundent: „Herr Professor, eine blöde Frage vielleicht, aber wie funktioniert Abba-Pop und würde der mit dem Genesis’schen Uriah-Tull-Gemisch reagieren?“

Professor Horisont lächelt freudig ob der Experimentierfreudigkeit seines Studenten. „Logisch“, sagt er, legt SUDDEN DEATH auf und drückt auf Play-Taste…

Diese Band macht einfach glücklich. Sie treibt mir die Freudentränen in die Augen. 10 von 10 HELLFIRE-Punkten. Danke.

Songs:
1 – Revolution 4:19
2 – Free Riding 5:48
3 – Pushin‘ the Line 3:11
4 – Into the Night 5:40
5 – Standing Here 3:09
6 – Runaway 4:00
7 – Graa Dagar 4:19
8 – Sail On 5:03
9 – Breaking the Chain 4:12
10 – Hold On 4:12
11 – Archaeopteryx in Flight

Band:
Axel – Vocals,
Charles – Guitar,
David – Guitar,
Magnus – Bass,
Pontus – Drums.

Weitere Infos:
https://www.facebook.com/horisontmusic/
https://www.facebook.com/centurymedia/
https://www.centurymedia.com/

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2 Kommentare

  1. Lieber Mathias Keiber,

    Du bringst es super auf den Punkt. Ganz großes Kino, diese neue Scheibe der Schweden. Die CD-Digipack-/Spotify-Version hat zwei zusätzliche Songs, die keinen Deut schlechter sind und prima ins Gesamtbild passen. „White light“ ist für mich sogar ein absolutes Highlight. Ich habe mir die Vinyl-Version zugelegt und musste feststellen, dass die beiden Songs fehlen … was mich ob der tollen Qualität der Lieder ehrlich gesagt ein wenig ärgert.

    • Herzlichen Dank für deinen lieben Kommentar, Steve!

      Ich freue mich sehr darüber. Danke auch für den Hinweis auf die Bonus-Tracks. Die sollte ich mir auf jeden Fall mal zu Gemüte führen. Nur ist es bei mir so, dass ich mit Bonus-Tracks generell hadere und sie meist ignoriere. Ich denke immer: Wenn sie hätten auf dem regilären Album sein sollen, dann wären sie es. Meist sind Bonus-Tracks letztendlich Marketing, so gut sie individuelle mitunter sind. Ich höre Alben eigentlich generell am Stück und bin mit den Titeln einzelner Songs oft gar nicht vertraut.

      Aber da es Horisont sind, du mich darauf hinweist und wir die Band anscheinend ähnlich sehen, werde ich mir die Nummern definitiv anhören.

      Nochmals vielen Dank!

      Sei gerüßt,
      Matze

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