Geschrieben von Oliver Heberling
Artist: Idle Hands
Album: Mana
Genre: Gothic, NWoTHM, New Wave
Plattenfirma: Eisenwald
Veröffentlichung: 10. Mai 2019
Seit IDLE HANDS im November 2018 ihre Debüt-EP Don´t waste your time veröffentlichten, las ich diverse Interviews, Rezensionen und richtige Lobeshymnen (die Leser des Deaf Forever kührten IDLE HANDS zum Newcomer des Jahres 2018). Ich kam und kam aber nicht dazu mich mit der EP auseinanderzusetzen, bis ein Freund mich anschrieb und meinte: „Mal IDLE HANDS gehört? Die klingen wie eine Mischung aus Danzig, Heroes del Silencio, Maiden und The Smiths. Die wirst du lieben.“ Damit war die Aufschieberei endgültig vorbei und zur Warnung an alle Leser: Seither bin ich ein unglaublicher Fanboy.
Von der grandiosen EP Don´t waste your time bis zum nun aktuellen Album MANA ist grad mal ein knappes halbes Jahr vergangen. Dennoch wurde die EP nicht nochmal in Langfassung durchgekaut, lediglich Blade and the will hat es nochmal als Verstärkung auf das Debütalbum geschafft. IDLE HANDS, das sind Gitarrist und Sänger Gabriel Franco, der, genau wie Lead-Gitarrist Sebastian Silva und Drummer Colin Vrazinan, dem ein oder anderen durch das Traditional Heavy Metal Quintett Spellcaster bekannt sein könnte, und der im Studio auch den Bass einspielt. SIlva war ebenfalls bei den Speed Metallern Leathürbitch aktiv. Seit 2019 gesellt sich noch Bassist Brandon Hill dazu. Gerüchten zufolge gibt es auch Bandüberschneidungen zwischen IDLE HANDS und den ebenfalls aus Portland stammenden Uada, deren Mitglieder anonym bleiben wollen.
Musikalisch ist MANA noch eine Spur facettenreicher geworden als Don´t waste your time. Der Sisters of Mercy goes NWoBHM-Sound wird in alle Richtungen hin ausgelotet. Somit dürfte der ein oder andere Song oder dramaturgische Kniff des Albums nicht auf Anhieb zünden, sie machen es jedoch nachhaltiger und öffnen Türen zum modernen Klassiker, anstelle eines schnell wieder abzuebben drohenden Hypes. Eröffnet wird MANA mit einem Paukenschlag. „Nightfall“ beginnt nicht nur mit den Worten „energy running free“, sondern setzt diese auch von 0 auf 100 frei. Ein schneller Rocker mit Hitcharakter, der sofort ins Ohr geht und neben Blastbeats auch härtere Gitarren vorzeigt. Statt dem Hörer jedoch den nächsten Knaller um die Ohren zu hauen, werden bei der Ballade „Jackie“ über vergangene Liebe die New Wave-Einflüsse der Band ausgelotet. Dabei kommt insbesondere Francos tiefer und dumpfer Gesang voll zur Geltung.
„Cosmic Overdrive“ ist eine Ode an schnelle Autos, die laut eigener Aussage Francos, der sich für die Lyrics verantwortlich zeichnet, auch als Metapher für Aufbruchsstimmung funktioniert. Der Fokus von „Cosmic Overdrive“ liegt im Gegensatz zu seinen Vorläufern nun auf dem Gitarrenspiel. „Don´t waste your time“ integriert den Titel der EP (die kein gleichnamiges Stück enthielt) ins Album, was aufgrund der zeitlichen Nähe beider Outputs nicht verwundert. „Give me to the night“, die erste Single-Auskopplung des Albums, ist ein absoluter IDLE HANDS-Superhit: Er vereint alle Elemente, die die Band ausmachen. Tempo, Härte, Energie, träumerische Leichtigkeit, qualerfüllten Gesang und einen thematischen Fokus auf die Faszination für Düsternis und Nacht. Er ist der kürzeste Song des Albums, dessen „Ayo“´s im Refrain den Hörer nicht mehr loslassen.
Mit „Blade and the will“ folgt dann der Superhit der EP. Von einem schmerzerfüllten Schrei eingeleitet thematisiert er die suizidale Phase Francos. Mit Gothic-Fokus in den Strophen und metallastigem, von Blastbeats und knackigen Gitarrenriffs geprägtem Refrain, holt er ohne Umschweife ab und macht, IDLE HANDS-typisch, trotz der schwerlastigen Thematik einfach Spaß. „Dragon, why do you cry?“ handelt von Stagnation in einer unglücklichen Beziehung und lässt dabei wieder deutlich stärker den New Wave-Rocker raushängen. Die Catchphrase des o-betonten „DragOn“ und die instrumentellen Zwischenspiele stimmen nachdenklich und bereiten damit die philosophische Sprechpassage nach zwei Minuten und den Countdown gegen Ende des Liedes vor.
„Double Negative“ und „It´ll be over before you know it“ knüpfen ihre Vanitas-Themen einerseits an einen schwungvollen Goth-Rocksong („Double Negative“) und andererseits an einen Gitarrenschwerenöter („It´ll be over before you know it“), dessen pointierte Paukenschläge unglaublich atmosphärische Trauer ausdrücken. Nicht von ungefähr endet er mit einem wehleidigen Schrei. Statt nun den Hörer mit Vollgas-Hits nach dieser schweren Phase aus dem Album zu „befreien“ endet MANA mit der weiteren Single „A single solemn rose“ und dem Titeltrack nicht unscheinbar, aber musikalisch eher unaufdringlich. Beide lassen nochmal sehr stark die Heroes del Silencio-inspirierten Gitarren raushängen.
MANA schließt nahtlos an die überragende Vorankündigung durch Don´t waste your time an, auf der sich bereits das Facettenreichtum andeutete. Neben „Blade and the will“ gibt es dort ebenfalls mit „By way of kingdom“ einen Heroes-inspirierten, druckvollen Metaltrack, mit „Can you hear the rain“ eine bedrückende Gothrock-Ballade, mit „Time crushes all“ einen punkig nach Vorn preschenden Rocker mit kraftvollem Refrain und mit „I feel nothing“ einen Schwerenöter mit Gitarrenfokus. Das zeitlose Artwork von MANA rundet ein für mich perfektes Album mit abwechslungsreicher Dramaturgie, die keine Langeweile aufkommen lässt, ab.
IDLE HANDS kreieren, ähnlich wie beispielsweise Volbeat, ihren eigenen Hybrid mit stilprägendem Gesang. Wie Gabriel Franco im Interview mit dem Legacy-Magazin äußert „hör[t] [er] einfach viele unterschiedliche Sachen, und alles davon beeinflusst [ihn] irgendwie“ (Legacy Nr. 120, S.80). Daher geben sich im Sound von MANA neben den bereits erwähnten Danzig, Iron Maiden, Sisters of Mercy, Heroes del Silencio und The Smiths vordergründig auch noch In Solitude, Paradise Lost oder The Cure die Klinke in die Hand. Nach mittlerweile zahllosen Durchläufen bleibt mir kein anderes Fazit zu ziehen, als mein, zumindest bisheriges, Album des Jahres 2019 zu verkünden und mich auf die laufende Tour, die mit Halle, Leipzig, Mannheim, Stuttgart, Kassel, Göppingen, Kamen, München und Oberndorf noch diverse Deutschlandshows und Festivalauftritte verzeichnet, zu freuen. IDLE HANDS leben seit Monaten aus dem Koffer und haben bereits angekündigt, dem vorerst auch kein Ende zu setzen. Vom Müßiggang, den ihr Bandname verlauten lässt, ist demnach keine Spur. Also „Don´t waste your time“ und bewegt eure „Idle Hands“ in den nächsten Plattenladen, um euch MANA zu kaufen 😉
Von mir gibt es 10 von 10 Hellfire-Punkten.
Tracks:
01 – Nightfall
02 – Jackie
03 – Cosmic Overdrive
04 – Don´t waste your time
05 – Give me to the night
06 – Blade and the will
07 – Dragon, why do you cry?
08 – Double Negative
09 – It´ll be over before you know it
10 – A single solemn rose
11 – Mana
Line – Up:
Gabriel Franco – Vocals, Guitars, Studio Bass
Sebastian Silva – Lead Guitar
Brandon Hill – Bass
Colin Vranizan – Drums
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Eisenwald
https://www.youtube.com/watch?v=0PVnML09w50