English Version below
Vor kurzem haben wir euch das neue Album “Survive” der finnischen Power Metaller STRATOVARIUS vorgestellt (Review HIER), welches am 23.September veröffentlicht wurde. Grund genug um Sänger Timo Kotipelto einmal zu dessen Entstehungsgeschichte auf den Zahn zu fühlen…
HF: Seit eurem letzten regulären Studioalbum sind sieben Jahre vergangen. Habt ihr euch bewusst eine längere Auszeit genommen, bevor ihr ein neues Album angeht oder was war der Grund?
Wir haben gemerkt, dass die Band in gewisser Weise wächst, egal ob wir ein neues Album aufnehmen oder nicht. Die Musikindustrie hat sich in dieser Hinsicht verändert. Wenn wir also ein weiteres komplettes Album aufnehmen, dachten wir, wir sollten es wirklich zu etwas machen und uns viel mehr auf das Schreiben konzentrieren, als wir es in der Vergangenheit getan haben. Dieses Mal haben wir uns wirklich bemüht, zusammenzukommen, was für uns eine kleine Veränderung ist. Da wir alle an verschiedenen Orten leben, haben wir die vorherigen Alben seit 2008 mit einer Art Pandemie-Toolchain geschrieben: Dropbox, E-Mail und Textnachrichten. Diesmal hatten wir uns zum Ziel gesetzt, die Leute in einem Raum zu versammeln und mehr zu kommunizieren, was natürlich zu Reise- und Terminproblemen führt.
HF: Die Songs auf „Survive“ scheinen stark von den aktuellen Geschehnissen geprägt zu sein. Gab es jemanden in der Band, der in der Hinsicht der entscheidende Motor in diese Richtung war?
Eigentlich nicht. Wir alle sehen und lesen die Nachrichten, nehme ich an, und sind ein wenig besorgt über die Zukunft. Niemand von uns hat den Krieg, der dieses Jahr ausgebrochen ist, vorhergesehen.
HF: Ihr habt mit „Voice Of Thunder“ wieder einen Track mit epischer Länge aufs Album gepackt. Worum geht es in diesem Song?
Es ist einer der mehr an der Fantasie orientierten Songs. Ich nehme an, er ist offen und ein bisschen vage geschrieben, aber ich denke, er bewegt sich in klassischen Bereichen wie Heldentum und Selbstzweifel und nimmt eine Aufgabe an, die größer ist als man selbst. Vielleicht könnte es eine Kriegs- oder Kampfaufgabe sein, oder eine religiöse Aufgabe. Oder eine eher alltägliche Herausforderung.
HF: Gibt es auf Songs/Songideen, die es nicht auf „Survive“ geschafft haben? Falls ja, werden diese möglicherweise irgendwann doch noch euren Fans präsentiert?
Sehr viele. Nur etwa die Hälfte der Songs oder vagen Ideen, die wir in Betracht gezogen haben, haben es auf das Album geschafft. An den anderen werden wir weiterarbeiten.
HF: Täuscht der Eindruck, dass Timo auf „Survive“ nicht mehr ganz so hoch singt wie früher, oder zumindest nicht mehr so häufig? Wenn ja, war dies eine bewusste Entscheidung oder hat es sich eher zufällig so ergeben?
Ich denke, er singt immer noch hoch, es klingt wahrscheinlich nur bequemer, weil er diesmal mehr an der Gestaltung und Erprobung seines eigenen Materials beteiligt war.
HF: Die Corona Pandemie hat es Bands ja nicht unbedingt immer leicht gemacht, neues Material aufzunehmen. Wie seid ihr mit der Situation umgegangen? Alles „business as usual“?
Nein, es war besonders schwierig für den Schreibprozess, den ich beschrieben habe. Es war unser erklärtes und bewusstes Ziel, dass sich die Leute physisch zum Schreiben treffen. Natürlich hat uns die Pandemie in dieser Hinsicht ein wenig einen Strich durch die Rechnung gemacht. Gut für uns war, dass wir geplant hatten, das Album ab 2020 fertig zu stellen, so dass wir eigentlich nicht so viele Live-Shows auf dem Plan hatten. Es wurden also nicht so viele Shows abgesagt.
HF: Eure bis dato letzte reguläre Tour durch Mitteleuropa war 2018. Hatte ihr nicht die Befürchtung, dass ihr ohne neues Material bei den Fans vielleicht ein wenig in Vergessenheit geraten könnet?
Ich denke, bei uns ist die Situation auf dem Live-Markt nicht mehr so sehr mit der Veröffentlichung neuer Musik verbunden. Wir haben überall Festivals gespielt und uns auf „reguläre Touren“ zu stärkeren Märkten konzentriert, das einzige, was wir nicht gemacht haben, ist eine reguläre Bustour durch Europa. Aber die Aufmerksamkeit und die Aufregung, ein neues Album zu haben, schadet nicht, das ist es nicht! Es wird uns hoffentlich ermöglichen, bald eine richtige Europatournee zu machen, aber ich denke, die Pandemie hat immer noch einige Auswirkungen auf den Live-Markt.
Ich bin sehr froh, dass wir das Album nicht im Frühjahr 2020 herausgebracht haben und danach eine riesige Tour gebucht haben, das wäre ein echter Albtraum gewesen.
HF: Euer Line Up ist seit zehn Jahren konstant. Ist dies mit Blick auf die Querelen der Vergangenheit die vielleicht beste, weil entspannteste Phase der Band?
Die Streitigkeiten mögen von außen betrachtet sehr sichtbar gewesen sein, aber sie nahmen damals wirklich nur einen kleinen Teil der Existenz der Band ein. Es waren alles glückliche und harmonische Besetzungen. Ich liebe die jetzige Version, weil wir alle älter und erfahrener sind, entspannt ist wahrscheinlich ein gutes Wort dafür.
HF: Für mich persönlich ist „Survive“ die stärkste Scheibe der Post-Tolkki Ära. Wie bewertet ihr rückblickend im Nachhinein eure Alben ab 2009 im Vergleich zu „Survive“, wohl wissend, dass jedes Album für einen Künstler wichtig ist?
Vielleicht so etwas wie Survive/ Nemesis/ Elysium/ Eternal/ Polaris, wenn ich den Einfluss und meine persönliche Vorliebe berücksichtigen kann, aber das ist schwierig. Ich muss sie auch im Hinblick auf die Entwicklung unseres Arbeitsablaufs und das Wachstum aller Leute in der Band sehen, denke ich.
HF: Wo wie gerade von früheren Alben sprechen, welches Album eurer umfangreichen Discographie ist euer persönlicher Favorit und warum?
Eines meiner Lieblingsalben ist das Live-Album „Visions of Europe“, weil es so einfach aufzunehmen war und außerdem das Gefühl jener Tage sehr gut einfängt. Wir waren alle ziemlich erstaunt und fast schockiert darüber, dass der europäische Metal auf einmal lebendig geworden zu sein schien. Und dass wir irgendwie auf unerklärliche Weise in diese Revolution einbezogen und eingeladen wurden.
HF: Ihr seid schon sehr lange im Geschäft. Gibt es noch so etwas wie eine Wunsch-Band, mit der ihr mal auf Tour gehen oder vielleicht einen Ort, wo ihr mal auftreten möchtet?
Ich war noch nie in Afrika, das könnte also etwas Interessantes sein. Es könnte cool sein, in der Antarktis zu spielen. Ich kann mir vorstellen, dass Milliarden von Pinguinen von unserer Musik in den Bann gezogen werden.
HF: Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Danke sehr!
Interview: Klaus Saalfeld
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Video zu „Firefly“
English Version:
Recently we presented you the new album „Survive“ of the Finnish power metallers STRATOVARIUS (review HERE), which was released on September 23rd. Reason enough to ask singer Timo Kotipelto about the history of the album…
HF: Hi guys, great to have you back. Seven years have passed since your last regular studio album. Did you consciously take a longer break before starting a new album or what was the reason?
What we realized in a way was that the band grew whether we recorded a new full length album or not. The music industry has changed with regards to that. So, if we did another full length album we thought we should really make it count and concentrate much more on the writing than we had in the past. This time we made a real point of getting together, which is a bit of a change for us. Because we all live in different places, we were writing the previous albums since 2008 with more of a pandemic style writing toolchain: Dropbox, email, and text messages. This time we had as a goal to get people in the same room communicating more and that of course creates travel and scheduling issues.
HF: The songs on „Survive“ seem to be strongly influenced by current events. Was there someone in the band who was the decisive driving force in this direction?
Not really. We all watch and read the news I suppose and are a bit worried about the future. No one of us predicted the war that came up this year.
HF: With „Voice Of Thunder“ you have again put a track with epic length on the album. What is this song about?
It’s one of the more fantasy oriented songs. I suppose it’s open, and written to be a bit vague, but I think of it as moving in classic areas around heroism vs self-doubt and taking on a quest that is bigger than yourself. Maybe it could be a war time or battle quest, or a religious quest. Or some kind of more mundane challenge.
HF: Are there any songs/song ideas that didn’t make it onto „Survive“? If so, will they possibly be presented to your fans at some point?
Very many. Only about half to the songs or vague ideas we were considering made it onto the album. We will keep working on the other ones.
HF: Is the impression deceiving that Timo doesn’t sing quite as high on „Survive“ as he used to, or at least not as often? If so, was this a conscious decision or did it happen by chance?
I think he still sings high, it probably just sounds more comfortable because he was part of shaping and testing his own material more this time.
HF: The Corona Pandemic has not always made it easy for bands to record new material. How did you deal with the situation? Was it business as usual?
No, it was especially hard for the writing process I described above. We had a stated and conscious goal for people to get together physically to write. Of course the pandemic put a bit of a wrench in the machinery in that regard. What was good for us that we had planned to finish the album starting 2020, so we did not have so many live shows on the schedule actually. So there was not so many shows cancelled.
HF: Your last regular tour through Central Europe to date was in 2018. Didn’t you fear that without new material you might be forgotten by the fans a little?
I think on our level, the live market situation is not so connected anymore to having new music released. We have played festivals everywhere and concentrated „regular tours“ to stronger markets, about the only thing we haven’t done is a regular bus tour of Europe. But the attention and excitement of having a new album does not hurt, it’s not that! It will hopefully enable us to do a proper European tour soon, but I think the pandemic still has some effects on the live market.
I’m very happy we didn’t have this album out in the spring of 2020 with a giant tour booked after that, this would have been a true nightmare.
HF: Your line-up has been constant for ten years. Considering the quarrels of the past, is this perhaps the best, because most relaxed phase of the band?
The quarrels may have been very visible outwards, but really still occupied only a small fraction of the band’s existence at the time. They have all been happy and harmonious line ups. I love this version because we’re all older and more experienced, relaxed is probably a good word for it.
HF: For me personally, „Survive“ is the strongest record of the post-Tolkki era. Looking back, how do you rate your albums from 2009 onwards in comparison to „Survive“, knowing that every album is important for an artist?
Maybe something like Survive/ Nemesis/ Elysium/ Eternal/ Polaris, if i cound the impact plus my own personal preference, but it’s difficult. I also have to see them in terms of the evolution of our work flow, and the growth of all the people in the band, I guess.
HF: Speaking of earlier albums, which album in your extensive discography is your personal favourite and why?
One of my favorites is the live album „Visions of Europe“, since it was so easy to record and also it captures the feeling of those days very well. We were all pretty amazed and almost shocked at hos European metal just all of a sudden seemed to have woken up alive and kicking. And that we somehow inexplicably was included in and invited into this revolution.
HF: You have been in the business for a long time. Is there perhaps a band you would like to go on tour with or perhaps a place where you would like to perform?
I have never been to Africa so that might be something interesting. It might be cool to play in Antarctica. I can imagine a mass of billions of penguins being spellbound by our music.
HF: Thank you for taking the time and all the best for the future.
Thank you!
Interview: Klaus Saalfeld