Geschrieben von Gernot Sieger
Band: IQ
Album: Resistance
Genre: Prog Rock
Plattenfirma: Giant Electric Pea/Soulfood
Veröffentlichung: 27.09.2019
Steht IQ drauf, ist IQ drin!
Damit wäre eigentlich alles gesagt, wenn da nicht…. na ja, wenn da nicht ein Chefredakteur wäre, der gerne mehr Text haben möchte, ein Plattenlabel, welches auf eine ausführliche Kritik drängt, eine Band, welche gerne etwas mehr Text hätte, und letztlich der ein oder andere Leser, dem IQ nichts sagt. Ich könnte ja jetzt von Kulturbanausen sprechen, doch das wäre unfair, denn auch ich habe IQ 1996 nur durch Zufall kennen und schätzen gelernt.
Wie man an der Jahreszahl sehen kann, handelt es sich bei IQ um Dinosaurier des Progressivrock, ihre Geschichte geht noch deutlich weiter zurück, bis ins Jahr 1983, in welchem auch ihr Debutalbum erschien. Mit dem zweiten Album, The Wake, konnte die Band sich bereits eine kleine Fangemeinde erspielen, die bis zum heutigen Tag stetig gewachsen ist. Doch was ist das Geheimnis, welches hinter diesem Erfolg steht? Sicherlich ist es eine überdurchschnittlich hohe Konstanz in der Besetzung, die hierzu maßgeblich beigetragen hat, nach gelegentlichen Umbesetzungen spielt die Band heute, mit Ausnahme des Keyboarders, in ihrer Originalbesetzung von 1983. Aber auch den Umstand, dass IQ nie für kommerzielle Zwecke ihre musikalischen Wurzeln verraten haben, spielt eine Rolle. Doch ich denke, der Hauptgrund liegt in der Spielfreude, welche bereits bei den Studiowerken rüberkommt, aber live kaum zu übertreffen ist. IQ ist die einzige Band welche ich kenne, die nach einem Set von 2,5 Stunden plus Zugaben (an dem Tag wurde in der Stadthalle Kleve ihr Livealbum, Forever Live, 1996, aufgenommen) nochmal auf die Bühne kam, nachdem das Publikum 10 Minuten das Hallenlicht ignorierte und eine weitere Zugabe forderte. Was dann passierte ist legendär: Licht aus, die Band kam auf die Bühne, und spielte noch volle 2 Stunden!!! Bis morgens um halb 3. Und danach haben die Jungens noch fröhlich und vergnügt Interviews gegeben.
Aber ich schweife ab. Muss ich aber auch, denn wer IQ nicht kennt, sollte zumindest ein paar Grundzüge verstehen. Wofür steht IQ? Nun, die Band macht bodenständigen Progressivrock in seiner ursprünglichsten Form, das heißt teils recht lange, verschachtelte Songs, trotzdem strukturiert, und immer sehr melodisch. Mit ursprünglich ist auch definitiv nicht antiquiert gemeint, denn IQ stehen technisch immer auf dem aktuell höchsten Niveau, und sie entwickeln sich auch weiter. Trotzdem vergessen sie ihre Wurzeln nicht und orientieren sich an diesen. Wenn überhaupt sind IQ vergleichbar mit Pendragon, den frühen Genesis (zu Peter Gabriel Zeiten) und dem frühen Peter Gabriel. Gerade der Vergleich mit Genesis zeigt, an welchem Punkt IQ sich für ihre Musik, und gegen den Kommerz entschieden haben.
Aber nun zum eigentlichen Grund, aus welchem ich hier sitze und schreibe: Resistance, das neuste Werk aus der Feder dieser Ausnahmemusiker. Bereits die Gesamtlaufzeit der 11, auf zwei CD`s gebrannten Stücke, von fast 107 Minuten zeigt, dass es sich hier nicht um ein normales Album handelt. Nur zwei Stücke dauern unter 5 Minuten, drei Songs haben eine Laufzeit von über 15 Minuten. Damit das nicht langweilig wird, muss man sich einiges einfallen lassen. Und genau an diesem Punkt sind IQ in ihrem Element.
Ich möchte das am längsten Song, The Great Spirit Way, mit über 22 Minuten Laufzeit erläutern: Das Stück behandelt, musikalisch gesehen, ein Grundthema, welches auch immer wieder, teilweise in abgewandelter Form auftaucht. Dazwischen werden, verschachtelt, hierzu passende Elemente eingebaut, man schweift vom Grundthema ab, ohne es vollständig zu verlassen, und mit dem Ziel wieder zu ihm zurückzukehren. Basierend auf sehr melodiösen Strukturen verliert der Zuhörer nie das Interesse zu folgen, ich persönlich ertappe mich beim ersten Hören sogar dabei zu überlegen, wie es wohl weitergeht.
Sicherlich spielt auch die ausgefallen Stimme von Sänger Peter Nicholls eine wichtige Rolle in den Stücken von IQ. Nicholls gehört zu den wenigen Sängern, welche ich kenne, insbesondere in dem Genre, der so gut seine Stimmung in die Songs einbringen kann, von fröhlich vergnügt, über ernsthaft, melancholisch bis hin zu theatralisch. Genial macht ihn die Tatsache, dass er dies nicht nur im Studio, sondern auch auf der Bühne umsetzen kann.
Anspieltipps möchte ich definitiv nicht geben, denn das Hervorheben einzelner Stücke würde für mich eine Abwertung der anderen bedeuten. Und das finde ich nicht nur unfair, sondern es wäre in dem Fall falsch, da ich auf dem ganzen Album keinen Ausreißer finde. Meine Punktebewertung fällt nur so aus, da mehr nicht geht.
10 von 10 Hellfire Punkten!
Tracklist:
CD1
- A Missile
- Stay Down
- Rise
- A Shallow Bay
- If Anything
- For Another Lifetime
CD2
- The Great Spirit Way
- Fire And Security
- Perfect Space
- Fallout
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