Geschrieben von Michi Winner
Band: John Diva & The Rockets Of Love
Album: Mama Said Rock Is Dead
Genre: Hair Metal
Plattenfirma: Steamhammer / SPV
Veröffentlichung: 08. Februar 2019
Wie viele Bands schaffen es wohl mir einen Ohrwurm zu bescheren, bevor ich auch nur einen Ton gehört habe??? Die Antwort ist, genau eine: John Diva & The Rockets Of Love. Der Titel des Debütalbums „Mama Said Rock Is Dead“ hat mich – warum auch immer – sofort an den Song „God Gave Rock’n’Roll To You II“ von KISS erinnert, der nun in Dauerschleife in meinem Kopf läuft. Die Bilder und Infos zu John Diva & The Rockets Of Love helfen auch nicht wirklich dabei den Ohrwurm wieder los zu werden, da allein der optische Eindruck mich zurück in die 80er versetzt, in die Hochphase des Hair Metal und der großen Rockhymnen. Ein wenig überrascht es mich daher doch, das es sich hier nicht um eine ältere Band handelt, von der man schlicht länger nichts gehört hat, sondern um eine noch recht frische Formation, die es zwar schon drei Mal nach Wacken aber erst zu diesem einen Album geschafft hat.
John Diva selbst ist bei weitem kein unbeschriebenes Blatt im Business, war bisher allerdings mehr hinter den Kulissen als Songwriter u.a. für Größen wie Bon Jovi, Guns N‘ Roses oder auch die bereits erwähnten KISS tätig. Was bewegt so jemanden dazu im Jahr 2019 mit einer Hair Metal Band ein Debütalbum zu veröffentlichen? Ich meine Hair Metal! Gefühlt ist der mit den 80ern gestorben und ich habe ihm ehrlich gesagt nicht hinterher getrauert.
Der Peitschenknall, der sehr passend den Opener „Whiplash“ einleitet, bringt mich zurück ins Hier und Jetzt und zu einem Song, der mit seinem satten Sound, griffigen Riffs und einer extrem einprägsamen Hookline mich sofort für sich einnimmt. Vielleicht braucht man Hair Metal ja doch?
Das folgende „Lolita“ wurde bereits vorab als Single veröffentlicht und erinnert mich stark an Bon Jovi in den frühen 90ern, allerdings ist der Text wesentlich frecher und anzüglicher, als bei Bon Jovi üblich. „Rock N’Roll Heaven“ ist mein ganz persönlicher Favorit auf dieser Platte. Das Intro hat noch etwas von mittlerem Westen, der Groove ist auch eher relaxed als peitschend oder energiegeladen, aber wenn das Wort „Catchy“ auf einen Song passt, dann auf diesen. Nach diesem verdammt starken Beginn kommt mir „Wild Life“ schon fast langweilig vor, dabei handelt es sich um einen guten soliden Rocksong mit netten Riffs, guter Hookline, aber mir fehlt dieses Schippchen mehr, das die ersten Songs so speziell gemacht hat.
Bei „Blinded“ sticht für mich besonders die Rhythmusfraktion heraus, die diesem Song etwas mehr Drive verleiht, während er sich insgesamt stilistisch irgendwo zwischen Bon Jovi und Mr. Big bewegt. Die Aufforderung „Dance Dirty“ wird durch einen akzentuieren Rhythmus quasi unterstrichen und ist für mich durch die Kombination mit coolen Riffs aktuell mein zweiter Lieblingstrack auf diesem Album.
Bisher habe ich den Eindruck, dass man sich hier sowohl bei den Texten als auch bei den Melodien eher auf die positiven Aspekte des Lebens konzentriert hat, zumindest vermittelt mir die Platte bisher eine durchweg positive Grundstimmung mit einem nasty-touch.
Kaum habe ich diesen Gedanken zu Ende gedacht wird er durch „Just A Night Away“ widerlegt. Die Ballade beginnt melancholisch und ich frage mich, ob da wohl jemand zu „nasty“ war, auf die Nase gefallen ist und dies nun hier verarbeitet. Der Text ist um einiges ernster als die bisherigen und regt auch den Hörer zum Nachdenken an. Um dem Hörer auch emotional mitzunehmen setzt man hier auf einen kraftvollen Chorus, der mit an „November Rain“ (für mich DIE Ballade schlechthin) erinnert. Obwohl ich ja bekanntermaßen kein Fan von „Quotenballaden“ bin, ist diese emotionsgeladene und dennoch theatralikfreie Ballade ganz nach meinem Geschmack. Love it.
Ein bombastisches Intro leitet „Fire Eyes“ ein, welches aber sehr reduziert mit Gesang und Bass einsetzt, bevor der Rest mit einem Knall dazu kommt. Dieser Song hat ganz klar einen Spannungsbogen und wird über weite Strecken vom Bass getragen, was das herausragende Gitarrensolo erst richtig zur Geltung bringt. Weiter geht es mit „Long Legs“, dass mich grob an Mr. Bigs „Daddy, Brother, Lover, Little Boy“ erinnert, ansonsten aber nicht besonders hervor sticht, ebenso wie das vorangegangene „Get It On“ das ich schon fast wieder vergessen hatte.
„Toxic“ hingegen lässt bei mir kurze Zweifel daran aufkommen, dass ich immer noch das gleiche Album höre, gefühlt bin ich bei Pink Floyd gelandet und auch hier bleibt der Song erstaunlich ernst und düster, zumindest für die Verhältnisse von John Diva & The Rockets Of Love. Etwas was ich auf dieser Platte bisher so noch nicht gehört habe, was das Gesamtpaket aber umso stimmiger und facettenreicher macht.
Ein NASA-Countdown leitet den letzen Track „Rocket Of Love“ ein. Mein erster Gedanke war ja: Ist ein Countdown oder Funkspruch das neue Must have? Aber der Songtitel klärt den Hintergrund für diese Wahl ja schnell auf. Stilistisch geht es zurück zum catchy Sound, ausgefeilter Hookline und ausgeprägten Gitarrenparts. Ein mehr als gelungener Abschluss.
Zu guter Letzt bleibt mir dann hier wohl nur die Feststellung: Totgesagte leben länger. In diesem Fall muss ich auch eingestehen, dass sich mehr als froh darum bin und meine Meinung über Hair Metal durch diese nahezu perfekte Platte revidieren muss. Was mich zurück zur Eingangsfrage bringt. Hair Metal im Jahr 2019, das braucht jeder, der wirklich guten Rock’N’Roll genießen will!
Von mir gibt es 9,5 von 10 Hellfire-Punkten!
Trackliste:
- Whiplash
- Lolita
- Rock N’Roll Heaven
- Wild Life
- Blinded
- Dance Dirty
- Just A Night Away
- Fire Eyes
- Get It On
- Long Legs
- Toxic
- Rocket Of Love
Line-Up:
John Diva: Gesang
Snake Rocket: Gitarre
J.J. Love: Gitarre
Remmie Marin: Bass
Lee Stingray jr.: Schlagzeug
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