Geschrieben von Katja Maeting
Band: Jonestown
Album: Dyatlov
Genre: Modern Metal/Groove Metal/Hardcore
Plattenfirma: Long Branch Records
Veröffentlichung: 16. November 2018
Jonestown, dieser Name sagt den etwas Älteren (inklusive mir) etwas außerhalb der Musik. Ich zumindest musste spontan an das sogenannte Jonestown Massaker denken, dem Massen-(Selbst)Mord einer Sekte im Jahr 1978. In ihrer Band-Info legen die Briten nahe, dass diese Assoziation ziemlich zutreffend ist, denn sie begründen ihren Namen damit, dass wir alle den Abgründen der menschlichen Natur ausgeliefert sind.
Ihre Musik beschreiben die vier Musiker dabei sinngemäß als “nichts besonderes, aber ehrlich und aggressiv” und zumindest den zweiten Teil der Aussage kann man so unterschreiben. 2014 erschien das erste Lebenszeichen in Form der Debüt-EP “The Erebus And The Terror”, auf der Jonestown schon einmal die Grundidee ihres Sounds präsentiert haben. Hardcore mit fetten Groove-Parts und auch gelegentlichen (Melodic) Death Anleihen, garniert mit brachialen Shouts. Dieses Rezept haben die Briten dann mit jedem Release verfeinert, zuerst auf dem im März 2016 erschienenen Debüt Album “Aokigahara”, welches schon aufs heftigste die Ohren vollgeprügelt hat und nun auf dem Nachfolger “Dyatlov”, mit dem sie zu Long Branch Records gewechselt sind.
Als erstes fällt auf, dass Jonestown eine Vorliebe für besondere Namen haben. Nicht nur trägt die erste Single des neuen Albums den Titel “The People’s Temple”, ein klarer Bezug auf die besagte Sekte, ein weiterer derartiger Song ist z.B. der Titeltrack “Dyatlov”, dessen Name sich vom berühmt-berüchtigten russischen Gebirgs-Pass ableitet, bei dem eine Gruppe von Ski-Wanderern einen mysteriösen Tod fand. Als nächstes ist positiv festzustellen, dass Jonestown ihren knallharten Sound noch etwas breiter aufgefächert haben.
Als Opener macht “Burn Victim” schon mal einen guten Eindruck, ist aber auch einer der melodischeren Songs in dieser geballten Klangwucht. Die Gitarre darf sich eine knappe Minute lang melodisch über die Drums legen, bevor sie mit Einsetzen der Vocals von der kompakten Wall Of Sound geschluckt wird, aber dominant ein durchgehenden Motiv als roten Faden in den wuchtigen modernen Hardcore-Sound webt.
Falls man so etwas bei Jonestown sagen kann, dann ist “Abyss” wohl der Softie des Albums, fahren die Briten hier doch den Härteregler für ihre Verhältnisse weit zurück und bewegen sich stellenweise in Melodic Hardcore Bereichen, ohne den Weichspüler auszupacken. Statt zu prügeln, fließt es hier aus den Boxen, allerdings in der vernichtenden Art von heißer Lava. Der Titeltrack ist hingegen eine moderne und gelungene Kreuzung aus modernen Hardcore-Elemente mit Metalcore Einschlag und mit zeitweisen Death Metal-Stilistiken, verziert mit einer Prise Melodic davor, die aber den Sound nicht verwässert, sondern nur den kosmetischen Extrapunkt setzt.
Den Abschluss des Albums bildet das neunminütige “The Pass”, den Jonestown dann auch ausgiebig zelebrieren. Hier wird nicht losgeprügelt, sondern atmosphärisch aufgebaut und das instrumentale Gerüst langsam zusammengewoben, bis es auf progressive Art ordentlich Groove aufnimmt. Den Gesang übernimmt hier in den ersten Minuten eine Sängerin, die auf das sich langsam enger ziehende instrumentale Geschehen ihre ätherischen Vocals legt, bevor Frontmann Harley Anderson auf gewohnt druckvolle, aber diesmal etwas weniger aggressive Art die Führung übernimmt und sich der Track entsprechend wandelt und sich auf kompakte Art Platz verschafft. Aber auch die Instrumentalarbeit wirkt hier weniger aggressionsbeladen, sondern beeindruckt auf einer tieferen Ebene.
Wer nicht zwangsweise überall “Classic” vorstehen haben muss und sich grundsätzlich in den härteren Gefilden des modernen Metal wohl fühlt, sollte hier mal reinhören. Jonestown haben mit ihrem zweiten Album einen guten Härtetest für die heimischen Boxen geschaffen und zeigen eine interessante Entwicklung, die für mich eindeutig in die richtige Richtung geht, denn die Briten werden individueller und abwechslungsreicher. Manchmal wiederholen sich ein paar Grundschemata zwar noch etwas zu sehr, aber Bock macht diese Scheibe trotzdem.
Von mir gibt es 7,5 von 10 Hellfire-Punkten
Trackliste:
01.Burn Victim
02.Blunt Force Nihilist
03.Novae
04.Abyss
05.Dyatlov
06.The Scorpion And The Frog
07.The People’s Temple
08.Cut Throat Lane
09.History Of A Drowning Boy
10.The Pass
Line-up:
Harley Anderson – Vocals
Craig Radford – Guitar
Lloyd Dunkley – Bass
Rich Owen – Drums
Weitere Infos:
Jonestown bei Facebook
Website von Jonestown