Geschrieben von Dirk Draewe
Band: Judas Priest
Album: Firepower
Genre: Heavy Metal
Plattenlabel: Columbia Records
Veröffentlichung: 09.03.2018
Man sagt ja, Legenden sterben nie und bei Judas Priest scheint das zu stimmen. Ende 2015, nach einer ausgiebigen und sehr erfolgreichen „Redeemer Of Souls“-Welttournee, gaben die Metal-Götter bekannt, dass sie keine ausgiebigen Touren mehr spielen werden. 2016 dann die Information, dass man an an einem neuen Album arbeite und seit dem wartete die Metal-Gemeinde sehnsüchtig. Viele wünschten sich nach den letzten beiden Scheiben wieder ein klassisches Priest-Album, im Stil von „Painkiller“, „British Steel“ oder „Screaming For Vengeance“. Auch wenn jetzt vielleicht viele Fans aufschreien, aber mir persönlich haben die Alben „Epitaph“ und „Redeemer of Souls“ sehr gut gefallen und gehören meiner Meinung nach in das CD-Regal eines jeden Fans.
Tja und nun liegt das langersehnte Album „Firepower“ auf meinem Tisch und ja, dass Ding ist ein echtes Killeralbum geworden, so viel schon mal vorab. Dazu noch ein geschicktes Marketing, durch welches die Fans regelrecht heißt gemacht wurden… hier mal ein Interview und im Hintergrund ein neuer Song, da ein paar Sound-Snippets oder auch die drei bisher veröffentlichten Songs/Videos „Lightning Strike“, „Firepower“ oder „Never The Heroes“, die Band hat dieses Mal alle Register gezogen. Ich bin aber auch ehrlich, ich war vor dem ersten Hören schon etwas skeptisch, ob das 18. Album (es wird ja schon jetzt als das Album des Jahres gehandelt) tatsächlich komplett so klingt, wie das, was wir bisher zu hören bekamen. Mittlerweile ist die Scheibe schon mehrfach durch meine Lautsprecher geballert und so sehr ich auch suche, kein einziges Stück würde ich als Ausreißer bezeichnen. Das was die Band da in Zusammenarbeit mit Produzent Tom Allom und Andi Sneap geschaffen haben, kann durchaus als Meisterwerk von Priest bezeichnet werden.
Los geht’s mit dem gleichnamigen Titel-Track „Firepower“, mit dem die Band von der ersten Sekunde an zeigt wo der Hammer hängt. Die Drums von Scott Travis und die genialen Gitarrenriffs im Mittelteil peitschen einen nur so durch den Song, schon jetzt kann ich kaum noch still sitzen. Kaum sind die letzten Takte verklungen, geht es mit „Lightning Strike“ weiter mitten in die Fresse und bei dem Song bin selbst ich über die brilliante Stimme von Rob Halford erstaunt. Klar erreicht er nach über 40 Jahren Bühnenleben und auch angesichts des Alters von 67 Jahren nicht mehr seine alten Tonhöhen, aber bei dem Song ist er verdammt nah dran.
Mit düsteren Riffs startet „Evil Never Dies“ und erstmals schalten Priest einen Gang zurück, aber auch nur kurz bevor der Song immer mehr Fahrt aufnimmt, um dann wieder in ein Midtempo zu verfallen. Dazu noch eine nahezu göttliche Stimme von Rob und freute ich mich schon beim vorherigen Song darüber, so zaubern mir die nun sehr hohen Screams von Rob ein immer breiteres Grinsen ins Gesicht. Fast kommt es mir so vor, als sei Rob in einen Jungbrunnen gefallen.
Nun ist aber Schluss mit Vollgas, denn mit „Never The Heroes“ wird es ruhiger und man kommt endlich wieder ein bisschen zum durchatmen. Mit dem Song haben Priest für mich eine weitere Hymne geschrieben, dass ist ganz großes Kino! Das war es dann aber auch schon mit „ruhig“, denn „Necromancer“ haut einen gleich wieder mit seinem unbarmherzigen Drive völlig aus den Träumen raus. Mit knapp über 3 Minuten ist der Song relativ kurz, aber dafür umso treibender. Ich stelle mich gedanklich schon auf den nächsten Brecher ein, doch „Children of the Sun“ startet zunächst verhalten um sich dann innerhalb von Sekunde zu seiner vollen Stärke zu entfalten. Die treibenden Drums gehen sofort wieder durch Mark und Bein und da sind sie wieder… die hohe Screams im Wechsel mit dieser warmen Baladen-Stimme, für die Rob so bekannt ist und die man so sehr vermisst hat! Dazu diese heftigen Scream-Gitarren-Battles, langsam bekomme ich feuchte Augen.
„Guardians“ dient als kurzes instrumentales Stück als Übergang, schön mit Gitarre und Piano, bevor es zum Schluss unbarmherzig mit einem Gitarrenriff zu „Rising from Ruins“ überleitet. Hier dominieren auch wieder eingängige Melodien, kompiniert mit der warmen Stimmlage von Rob und dem Gitarrenduell zwischen Richie Faulkner und Glenn Tipton. Mir bleibt dabei sofort der Refrain „We’re standig as one, we’re carrying on, rising from ruins!“ im Kopf hängen und fast könnte man meinen, es sei eine Kampfansage.
Noch gedankenverloren, stampft mit „Flame Thrower“ (auf Deutsch Flammenwerfer) der nächste Brecher durch meine Ohren. Ein Song den ich mir auch sehr geil live vor zig-tausend Metal-Heads vorstellen kann, die im Rhytmus des Songs mittanzen. Dazu ein noch heftigeres Scream-Gitarren-Battle als bei „Children of the Sun“, fast kann man Angst bekommen, wie aggressiv Rob mit seiner Stimme die Gitarren herausfordert. Mit „Spectre“ folgt wieder ein etwas leichterer Midtempo-Song, aber genau richtig, um einen wieder etwas runter zu holen. Bei den ersten Takten von „Traitors Gate“ denke ich schon an eine Ballade, bevor ich nach ca. 30 Sekunden eines besseren belehrt werde und der Song in düstere und wilde Gitarrenriffs verfällt und einen regelrecht mitreißt. Dazu leichter Stakkato-Gesang, wie man ihn von Rob auch nur zu gut kennt und wieder Screams… I love it!
Bevor es so langsam dem Ende zugeht, werden noch einmal alle Regler bis zum Anschlag gedreht, denn mit „No Surrender“ und „Lone Wolf“ kommen zwei regelrechte Mitgröhl-Songs. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, als sei die ganze Energie der Band in diesen beiden Songs geflossen und explodiert. Noch völlig benebelt von diesem Soundgewitter folgt mit „Sea of Red“, der Titel lässt es schon erahnen, die einzig echte Ballade die sehr viele Elemente klassischen Heavy Metal in sich vereint. Egal ob Akkustik-Gitarre, einfühlsame Gitarren-Soli, treibende Drums und diese weiche und warme, ja nahezu weinerlich klingende Stimme von Rob… ich bekomme allein bei dem Gedanken daran Gänsenhaut.
Die CD ist schon längst zu Ende und wieder sitze ich da und kann nicht glauben, was die Metal-Götter da auf die Menschheit losgelassen haben. Ich habe wirklich viel erwartet, ja fast sogar erhofft, aber diese Scheibe übertrifft alles. Damit haben sich Priest, in meinen Augen zu Recht, ein würdiges Denkmal geschaffen und sogar ihr viel gelobtes Meisterwerk „Painkiller“ vielleicht nicht übertroffen, aber „Firepower“ ist auf jeden Fall auf Augenhöhe. Ich denke von diesem Werk kann sich manch junge Band eine fette Scheibe abschneiden. Schließlich reden wir hier von Musikern, die (mit Ausnahme von Richie) schon alle weit über die 50 sind.
Trackliste:
01. Firepower
02. Lightning Strike
03. Evil never Dies
04. Never the Heroes
05. Necromancer
06. Children of the Sun
07. Guardians
08. Rising from Ruins
09. Flame Thrower
10. Spectre
11. Traitors Gate
12. No Surrender
13. Lone Wolf
14. Sea of Red
Mehr Infos:
http://judaspriest.com/
https://www.facebook.com/OfficialJudasPriest/