Leviathan – Of origins unearthed

© Leviathan

 

Geschrieben von Marco Gräff
Band: Living Abyss (Ex-Leviathan)
Album: Of origins unearthed
Genre: Progressive Melodic Death Metal
Plattenfirma: Eigenproduktion
Veröffentlichung: 03.10.2018

 

Ich muss zugeben, es dauerte einen Moment, bis ich mich mit dem Album zurechtgefunden habe. Ich brauchte etwas Zeit um mich reinzuhören. Das dritte Album OF ORIGINS UNEARTHED der Bonner Band LEVIATHAN ist nach vier Jahren Funkstille wieder ein Schritt zurück ins Business. Und ein Schritt zurück zu den Wurzeln. Ganz frei nach dem Intro BACK TO ZERO. Und auch das Cover deutet es schon an. Die fünf Musiker stehen erwartungsvoll vor dem sich erneut erhebenden LEVIATHAN.

„Nach gut einer Dekade im Geschäft blickt das Quintett anno 2018 auch auf eine mehr als bewegte Geschichte zurück. So folgte dem überraschend erfolgreichen Start im Jahr 2010 mit der Debüt-EP „From The Desolate Inside“, die prompt zur Demo des Monats im deutschen Metal Hammer gewählt wurde und der Band einen Slot beim Summer Breeze Open Air einbrachte, eine eher schwierige Phase mit den ambitionierten Konzeptalben „Beyond The Gates Of Imagination Pt. 1“ und „The Aeons Torn“, bei der vor allem Probleme mit den Vertriebspartnern den Fünfer immer wieder ausbremsten und zusehends ausbrennen ließen. Die daraus resultierenden finanziellen Verluste sorgten schließlich dafür, dass sämtliche Aktivitäten 2013 eingestellt wurden.“

Eine ausverkaufte Reunion Show in Siegburg führte dazu, dass man voller Tatendrang zusammen mit Sebastian „Seeb“ Levermann (Orden Ogan) diese neue Scheibe produzierte. Ohne Label im Rücken. Zwei Neuzugänge gibt es seit den ersten beiden Scheiben dennoch zu vermelden. Hendrik Franke gibt den neuen Mann an den dicken Saiten, Jule Dahs unterstützt Sänger Jonas mit ihrer klaren, weiblichen Stimme.

Das so schnell ein komplettes Album zustande kam hat natürlich seinen Grund: „Das Songmaterial war schon immer für ein Album geplant, nur nachdem wir diese Tracks für ganze drei Jahre jede Woche geprobt und auf der Bühne gespielt haben, hatten wir 2011 das Gefühl, dass wir den Songs im Studio keine neuen Aspekte mehr hätten abgewinnen können. Und so wanderte das Material erst einmal in die Schublade, während wir uns mit dem ‚Beyond The Gates…‘-Konzept beschäftigten. Umso spannender war es jetzt, diese Songs neu zu entdecken und ihnen mit einem gewissen Abstand neues Leben einzuhauchen.“ (Gitarrist Tobias Dahs)

Doch von B-Ware will man hier nicht sprechen und von Hören kann erst gar nicht die Rede sein. Trotz der zehn Jahre, welche die Songs im Kern schon auf dem Buckel haben, sind es neun melodische Death Metal Kracher geworden. Oft finden sich progressive Momente, nicht im Stile von ‚Opeth‘, eher unterschwellig und technisch versiert. Und lange nicht so ausgeprägt wie jetzt zum Beispiel auf dem Debüt „Beyond The Gates Of Imagination Pt​.​1“. Meist kommt das zum Vorschein, wenn die beiden Gitarristen freie Hand haben und sich austoben.

Daneben sticht noch die Schlagzeugarbeit ins Auge. Schon stark wie variabel und facettenreich hier die Felle verprügelt werden. Und das meist am Anschlag. Gesanglich hat mich das noch nicht so ganz überzeugt. Oft klingt mir Jonas Reisenauer zu sehr nach Mille Petrozza (Kreator). Im Prinzip nicht schlecht, ein paar mehr Growls wie in der Vergangenheit wären wünschenswert gewesen. Die weiblichen Parts hätte ich mir auch ausdrucksstärker gewünscht.

Doch genug der Kritik. Widmen wir uns der Musik. Grob gesehen ein Mix aus ‚At the Gates‘, ‚Children of Bodom‘ und ‚Kreator‘. Wobei der Faktor ‚Thrash‘ wohl ein bißchen zugenommen hat, gegenüber den ersten beiden Alben. Und mittelalterliche oder folkige Einflüsse wurden zurückgefahren. Und dann wäre da das „seltsame“ Intro. Lustige Idee eigentlich. Da wird mit dem guten alten Tapedeck auf der Kassette vorgespult (ach, wie ich diese Zeiten vermisse – Anm.) bis man endlich den richtigen Moment gefunden hat. Und wenn ich mich nicht irre, war da auch mal der Theme von „Pirates of the Caribbean“ dabei. Man möge mich korrigieren.

Nach dem ruhigen Piano Intro geht es dann mit BEYOND THE STARS geradeaus in die Magengrube. Da geht es im gestreckten Galopp nach vorne, als wäre die Band nie weg gewesen. Mit Flitzefingern a la Alexi Laiho (Children of Bodom) werden hier Riffs gespielt, das man kaum nachkommt. Ein stattlicher Einstand, der suggeriert, „Wir sind wieder da und wir wollen bleiben!“ Gerne, wenn es so weiter geht!

Mit PROCLAMATION OF DEATH geht es in dem Tempo weiter, und hier kommt der Thrash vermehrt ins Spiel. Und ich kann mir nicht helfen, das Ding hätte auch gut auf „Gods of violence“ (Kreator) gepasst. Sehr melodisch und technisch auf höchstem Niveau, gerade hier gefallen mir beide Gitarristen besonders. Und KEEP GOING hieße nicht KEEP GOING, wenn es nicht so weiter ginge. Tja, wer stand denn da Pate? Fehlt nur noch das Keyboard. Ich denke hier an ‚Children of Bodom‘. Dafür gibt es Chöre, die den Song zu einer idealen Live Nummer machen.

Um mal Luft zu holen, ist ein Titel wie THE EYE OF THE STORM gerade zu geschaffen. Und spätestens seit dem US-Blockbuster „The day after tomorrow“ wissen wir, dass es im Zentrum eines Sturmes sehr ruhig zugeht. So entpuppt sich der Song als ein akustisches Kleinod, nur untermalt von weiblichem Ohoho. Genau mittig des Albums. Dabei wirkt das ganz und gar nicht einschläfernd, das ist echt stark gespielt. Doch die Ruhe ist nicht von Dauer. Keine drei Minuten später baden wir in einem LAKE OF BLOOD. Auch wenn das Drum Intro verdächtig nach „Painkiller“ (Judas Priest) klingt, LAKE OF BLOOD ist sehr abwechslungsreich gestaltet. Ruhige Parts, geniale Soli, mächtige Power Metal Riffs und fieser Gesang. Mit ein Highlight der Scheibe!

SORROW kommt dann so richtig klassisch schwedisch daher. Göteborg a la (der guten alten) ‚In Flames‘. Auch gesanglich nimmt mich der Song jetzt richtig mit. Schön, fast nostalgisch, einfach geil! Zweiter Anspieltipp! Dagegen ist COME FORTH, LEVIATHAN erneut ein Instrumentalstück, das mit der Akustischen beginnt, sogar Flamenco auspackt und einen leichten mittelalterlichen Touch versprüht. Doch auch fette, stromgeführte Gitarren lassen nicht lange auf sich warten. Hier sind wieder die schwedischen Einflüsse deutlich, aber auch ein wenig ‚Amorphis‘ („Tales from…“) meine ich heraus zu hören. Aber das mit dem Flamenco ist schon strange…

Zum Schluss gibt es mit WHATEVER noch mal richtig auf die Mütze. Hier lassen erneut ‚Children of Bodom‘ grüßen. Allein die ersten 25 Sekunden lassen gar keinen anderen Gedanken aufkommen. Und wie man das Album mit BEYOND THE STARS begonnen hat, endet mit WHATEVER ein starkes Comeback Album. Kompromisslos, geradeaus, direkt auf die zwölf. Da hindert auch die zwischenzeitliche, akustische Unterbrechung nichts. Am Schluss noch mal ein Highlight drauf gesetzt. Stark!

Schön, dass sich LEVIATHAN wieder zusammengefunden haben. Da wäre uns eine feine Scheibe verborgen geblieben. OF ORIGINS UNEARTHED bietet frischen Wind in der Death Metal Landschaft. Nicht stur den Stiefel runterspielen und in eine Richtung blickend. Nö. Rechts und links des Weges gibt es auch coole Sachen. Und das macht dieses Album so stark. Gerne mehr davon. Wer sich live davon überzeugen möchte, am 05.10.2018 gibt es die Release-Party zum neuen Album bei unseren Medienpartnern von Taktart im RPZ Bonn. Schaut rein!

 

Tracks:

1 – Back to Zero (Intro)
2 – Beyond the Stars
3 – Proclamation Of Death
4 – Keep Going
5 – The Eye of the Storm
6 – Lake Of Blood
7 – Sorrow
8 – Come Forth, Leviathan!
9 – Whatever

 

Line-Up:

Jonas Reisenauer – Vocals & Guitar
Tobias Dahs – Guitar
Tobias Parke – Drums
Jule Dahs – Vocals
Hendrik Franke – Bass

 

Weitere Infos:

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