„Wir vom Hellfire reden nicht nur davon, den Untergrund zu unterstützen, wir wollen Euch dieser Tage eine Menge Bands vorstellen, die „unsigned“ sind, also keinen Deal bei einer Plattenfirma haben, zumindest aber ihre komplette Promoarbeit selber machen.“
Unserem Aufruf folgte die Band LIVING ABYSS aus Bonn, die sich im letzten Jahr von ihrem bisherigen Namen „Leviathan“ trennen musste. Da kam unsere Aktion gerade recht und Gitarrist Tobias Dahn nutzt die Chance, uns ein wenig zu erklären, wieso es dazu kam, und wie man nun wieder in die Spur kommen will. Immerhin hatte man schon drei Alben unter dem alten Namen veröffentlicht.
HF: Hallo Tobias. Ein weiteres aufregendes Jahr liegt hinter Euch. Nach dem Release eures letzten Albums „Of origins unearthed“ (hier geht es zur Review) gab es 2019 ein paar wenige Live Auftritte und auch doppelten Nachwuchs innerhalb der Band. Aber auch weniger Grund zur Freude. Ihr musstet Euch von Eurem bisherigen Bandnamen „Leviathan“ trennen. Erklärt doch bitte mal kurz wie es dazu kam. Wie ist man in dem Fall an Euch ran getreten?
Tobias / Living Abyss: Die Anfrage dazu kam eigentlich aus heiterem Himmel per Mail. Wir wussten natürlich seit kurz nach dem Release unserer ersten EP im Jahr 2010, dass es durchaus noch andere Bands mit dem Namen „Leviathan“ gab und gibt, doch im September des letzten Jahres trat dann eine gleichnamige Band mit dem Hinweis an uns heran, dass sie das Trademark für den Namen in den USA halten. Wir haben daraufhin recherchiert und geprüft, dass das der Wahrheit entspricht. Danach haben wir uns erst einmal den Rat eines Anwalts eingeholt, der uns aufgeklärt hat, dass wir durchaus Chancen gehabt hätten, uns das Recht zu erstreiten, den Namen weiterführen zu dürfen. Das hätte aber im Härtefall eine lange gerichtliche Auseinandersetzung bedeutet, während der wir praktisch nicht hätten weitermachen können. Da uns aber die namentlichen Überschneidungen und die damit verbundenen Verwechslungen auch schon seit längerem auf die Nerven gingen, haben wir uns dann schweren Herzens dazu entschlossen, den Namenswechsel durchzuziehen. Glücklicherweise waren die Reaktionen der Fans bisher hierzu aber mehr als positiv, weswegen wir eigentlich sogar ganz glücklich sind, dass wir über diesen Weg nun zu diesem Schritt praktisch gezwungen wurden.
HF: Ich stelle mir das gerade für eine noch recht junge Band wie Euch sehr schwierig vor. Euer letztes Album habt ihr in Eigenregie unters Volk gebracht, jetzt müsst Ihr quasi erneut von vorne anfangen. Dabei standet ihr ja 2013 schon mal vorm Ende der Band. Wie geht man damit um? Ist man da nicht geneigt nun endgültig das Handtuch zu werfen? Gab es diese Überlegungen (von Einigen)?
Tobias: Ich glaube, dass einigen von uns schon kurz der Gedanke kam, das Handtuch zu werfen. Wir haben in den vergangenen zwölf Jahren schon so viel Pech gehabt, dass es teilweise schon wirklich kaum zu glauben war. Andererseits lieben wir es einfach, zusammen Musik zu machen und haben mit der Band auch schon so viel erreicht, dass wir nach ein paar Tagen des Trübsal blasens schnell den Entschluss gefasst haben, dass es weitergehen muss. Einfacher macht es der Namenswechsel natürlich nicht, aber wir haben schon schlimmere Sachen durchgestanden. Zu Gute kam uns dabei auch, dass „Of Origins Unearthed“ so erfolgreich war und wir wenigstens etwas Geld auf die hohe Kante legen konnten, um jetzt auch den Neustart mit frischem Namen finanzieren zu können.
HF: In meiner Review zu „Of origins unearthed“ hatte ich u. a. geschrieben Ein stattlicher Einstand, der suggeriert, “Wir sind wieder da und wir wollen bleiben!”. Nun müsst Ihr erst mal wieder auf die Beine kommen. Wie sind diesbezüglich die Pläne? Da hilft ja nur raus und spielen. Den Leuten zeigen, dass Ihr immer noch da seid und bleiben wollt?
Tobias: Bisher muss ich sagen, hatten wir mit der Umbenennung wirklich Glück, denn die meistens Fans sind den Schritt problemlos mitgegangen. Insbesondere merken wir das bei den Streams über Spotify und andere Portale, wo die Zahlen seit der Umbenennung eigentlich wieder auf dem vorherigen Niveau angekommen sind. Deutlich schwieriger wird es da natürlich bei den Hörern, die uns nicht auf den sozialen Medien folgen. Da wird das große Problem sein, diese Hörer wieder zu erreichen, wenn wir die nächste Scheibe fertig haben und veröffentlichen. Bis das aber soweit ist, werden wir auf jeden Fall versuchen, so viel wie möglich auf der Bühne zu stehen, um den neuen Namen bekannt zu machen.
HF: „Of origins unearthed“ habt ihr unter neuem Namen wiederveröffentlicht. Wie kam es denn zu dem Namen? Und auch auf den gängigen Streaming Portalen habt Ihr die beiden ersten Alben immerhin unter neuem Namen wieder bereitgestellt. Gibt es Überlegungen diese (evtl. mit dem damaligen Label) ebenfalls wiederzuveröffentlichen? Oder ist das nicht machbar?
Tobias: Also bei der Namenssuche haben wir uns wirklich teilweise das Gehirn zermartert. Am Ende kam Jonas (Vox & Guitar – Anm. d. Red.) mit dem Vorschlag „Living Abyss“ um die Ecke, weil der Leviathan in der Mythologie gerne auch mit der Metapher „lebender Abgrund“ beschrieben wird. Das erlaubt uns, unser typsches Leviathan-Artwork, das sich ja auf unseren Shirts, im Bühnenbild und auch auf dem Cover der letzten Scheibe wiederfindet, zu behalten. Gleichzeitig sorgt die große Überschneidung in den Buchstaben der beiden Namen dafür, dass wir auch beim Logo optisch ein sehr ähnliches Bild behalten konnten. Das sehr spezielle „L“ zu Beginn ist geblieben und auch das große A, das zuvor die Mitte des Wortes „Leviathan“ markierte, ist geblieben. So stellt man beim ersten Blick auf das Logo große Ähnlichkeiten fest, was den Namen für uns zur perfekten Wahl gemacht hat.
Was die Neuveröffentlichungen angeht – da haben wir konkrete Pläne auch die anderen beiden Scheiben sobald wie möglich wieder auf CD herauszubringen. Dabei werden wir das vormals geteilte Konzeptalbum „Beyond The Gates Of Imagination“ auf einer Veröffentlichung zusammenbringen und die EP „From The Desolate Inside“ wird es separat geben. Wann wir das alles umsetzen können, hängt aber natürlich auch ein wenig mit den finanziellen Möglichkeiten zusammen. Aber das ist auf jeden Fall alles in der Pipeline.
HF: Ich kann mir vorstellen, nach dem letzten Jahr ist die Motivation erst mal eine andere. Die Prioritäten bei über der Hälfte der Band haben sich doch etwas Richtung Familie verschoben. Dennoch wollt Ihr die Band ja am Leben erhalten. Was ist dieses Jahr also geplant? Wohin steuern LIVING ABYSS im neuen Jahrzehnt? Gibt es neue Musik, wo kann man Euch live erleben?
Tobias: Wie schon erwähnt, ist momentan die Familienplanung noch in Bewegung, weswegen wir auch in diesem Jahr zwischen Juli und Oktober eine Pause einlegen müssen. Nachdem Jule und ich im letzten Jahr Eltern geworden sind, wird unser Schlagzeuger nun zum zweiten Mal Vater. Dennoch wollen wir sowohl zuvor, als auch im Herbst und Winter wieder auf der Bühne stehen. An den genauen Terminen arbeiten wir aber gerade noch.
Gleichzeitig nutzen wir die Pause dazu, um an neuer Musik zu arbeiten. Jonas schreibt fleißig am nächsten Album, das aber wohl nicht vor 2021 das Licht der Welt erblicken wird. Kurzfristig spielen wir aber mit dem Gedanken, eine oder sogar zwei Live-EPs herauszubringen. Da sich unsere Besetzung nach der Reunion ja deutlich verändert hat, haben wir auch viele Songs für die Shows neu arrangiert und gerade beim Gesang gab es dank Jule einige Umstellungen und Verbesserungen. Die Liveaufnahmen würden wir gerne dazu nutzen, den Leuten zu zeigen, wie das alte Material anno 2020 klingt und was die Hörer auf unseren Shows erwartet. Das Ganze würden wir dann eher als Kleinstauflage wahrscheinlich auf CD und digital veröffentlichen, vielleicht nur 100 Stück pro Auflage als spezielles Gimmick für die Fans und Sammler.
HF: Dann danke ich für Deine Zeit und wir wünschen für die Zukunft viel Erfolg und dass Ihr unter neuem Namen mindestens genauso erfolgreich wie unter dem alten Namen weiterhin Eure Musik machen könnt!
Tobias: Wir haben zu danken, dass wir bei diesem sehr coolen Interview-Format dabei sein durften und so mal ein wenig Licht ins Dunkel um unsere Umbenennung bringen konnten!
Interview: Marco Gräff
Living Abyss sind:
Jonas Reisenauer – Vocals & Guitar
Tobias Dahs – Guitar
Tobias Parke – Drums
Jule Dahs – Vocals
Hendrik Franke – Bass
Weitere Infos:
Homepage
Facebook
Instagram
Bandcamp