Long Distance Calling – Eraser

(C) Long Distance Calling

Geschrieben von: Klaus Saalfeld
Band: Long Distance Calling
Album: Eraser
Genre: Post Rock / Progressive Rock
Plattenfirma: earMusic
Veröffentlichung: 26.08.2022

Gut zwei Jahre nach ihrem letzten regulären Studio-Album und anderthalb Jahre nach der Jam-EP „Ghost“ meldet sich die Münsteraner Post-Rock Formation LONG DISTANCE CALLING mit ihrem neuen Werk „Eraser“ zurück. Wie schon seinem Vorgänger liegt „Eraser“ abermals ein Konzept zugrunde, denn diesmal ist jeder Song einer vom Aussterben bedrohten (Tier-) Art gewidmet. „Das Songwriting für dieses Album begann fast zur gleichen Zeit, als ich eine Dokumentation im Fernsehen über diesen riesigen Grönlandhai sah“, erklärt Drummer Janosch. „Es ist möglich, dass dieses Tier bis zu 500 Jahre alt ist, und es gibt nur noch ein paar wenige Exemplare, vielleicht ein paar hundert auf der Welt. So kamen wir auf die Idee, dass wir für jeden Song ein bedrohtes Tier auswählen wollten. Wir hatten eine Liste, und dann haben wir für jedes Tier einen eigenen Song geschrieben, denn eine Biene ist natürlich etwas völlig anderes als ein Hai oder ein Nashorn oder so!“

Zugegeben, mit reinen Instrumental Alben tue ich mich nach wie vor etwas schwer, auch wenn es in der Vergangenheit Scheiben gab, die mich durchaus begeistern konnten (beispielsweise LONG DISTANCE CALLINGs 2018er Album „Boundless“). Von daher habe ich der Bitte unseres Album Papsts, mich dieser Scheibe anzunehmen, letztlich nur zähneknirschend zugestimmt.

Im Gegensatz zu „How Do We Want To Live?“ verzichtet „Eraser“ nahezu gänzlich auf elektronische Spielereien, Sprachfetzen oder gar Gesang sind ebenfalls nicht vorhanden. Stattdessen legt die Band den Fokus auf echte Instrumente, um die einzelnen Lebewesen darzustellen, nicht einmal Schlagzeug Samples wurden verwendet. Die größte Überraschung dürfte der Einsatz eines Saxophons auf dem dem Faultier gewidmeten Track „Sloth“ sein, dass zusammen mit elegischen Gitarren eine chillige, träge Atmosphäre schafft. Im Gegensatz dazu strotzt der mit Abstand kürzeste Song des Albums „Giants Leaving“ (dem Albatros gewidmet) nur so vor Dynamik und kann vor allem dank seiner exzellenten Gitarrenmotive überzeugen.

Dass sich mit dem Nashorn beschäftigende „Blades“ gefällt durch seinen teils stoischen Groove, seinen Wechseln aus härteren Gitarrenparts und zurückhaltenden Momenten sowie seinem verspielten Intermezzo in der Songmitte. Auch der längste Track der Scheibe, „Blood Honey“ (welcher natürlich von Bienen handelt) hebt sich nicht zuletzt seiner proggigen Ausrichtung von den übrigen Stücken etwas ab.

Die Tatsache, dass LONG DISTANCE CALLING den Mensch auch zu den gefährdeten Arten zählen, überrascht bei allem, was in der Welt so vor sich geht, eigentlich nicht wirklich. Daher befasst sich der finale Titeltrack mit unserer Spezies. Harte, intensive Passagen und verzerrte Klänge gehören hier genauso dazu wie der Einsatz von Streichern, die gegen Ende des Stücks eine gewisse Melancholie ausstrahlen. Ob dies tatsächlich unser Ende andeuten soll oder vielleicht doch ein kleiner Hoffnungsschimmer nach all dem Irrsinn sein könnte, bleibt vermutlich der Interpretation des Hörers überlassen.

Ohne Zweifel dürfte „Eraser“ das ambitionierteste Werk der Münsteraner Combo sein, denn ein solch tiefgründiges Konzept ohne Texte greifbar zu machen, ist schon eine beachtliche Leistung! So respektabel das Ergebnis auch ist, mich persönlich vermag „Eraser“ auch nach mehrmaligen Durchläufen nicht vollends zu packen. Zwar enthält die Scheibe einige starke Songs, die zum Betätigen der Repeat-Taste animieren, aber eben auch vereinzelt Stücke, die für mich lediglich in die Kategorie „ganz okay“ fallen. Dies mag aber vermutlich meinem zwiespältigen Verhältnis zu Instrumental Alben geschuldet sein. Ich bin mir dennoch sicher, dass LONG DISTANCE CALLING ihre Fans mit diesem Werk begeistern werden.

Von mir gibt es 7 von 10 Hellfire-Punkten.

Trackliste:

  1. Enter: Death Box
  2. Blades
  3. Kamilah
  4. 500 Years
  5. Sloth
  6. Giants Leaving
  7. Blood Honey
  8. Landless King
  9. Eraser

Line Up:

Florian Füntmann: Gitarre
Jan Hoffmann: Bass
David Jordan: Gitarre
Janosch Rathmer: Drums

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