Geschrieben von Oliver Heberling
Artist: Long Distance Calling
Album: How do we want to live?
Genre: Proggressive Rock, Post-Rock
Plattenfirma: Inside Out Music
Veröffentlichung: 26. Juni 2020
„Curiosity is real bastard“. Mit diesen Worten eröffnen LONG DISTANCE CALLING ihr neuestes Werk. Und es trifft den Nagel auf den Kopf: Als langjähriger Fan verfolge ich die Münsteraner Post-Rock-Formation nun seit genau zehn Jahren. Nach ihrem Meisterwerk Boundless und dem genialen Live-Album Stummfilm war meine Neugierde auf HOW DO WE WANT TO LIVE? enorm. Und mein Fazit anfangs eher durchwachsen.
Um kein enttäuschtes und vorschnelles Urteil zu fällen, gönnte ich mir zum Hören etwas mehr Zeit über den Veröffentlichungstermin hinaus und hoffte, dass das Album mit der Zeit wächst. Das tut es auch definitiv, dennoch geht gegen Ende in meinen Augen die Puste aus. Eine Band misst sich nunmal neben anderen Künstlern, auch stets mit dem eigenen Schaffen. Und LDC waren mit Sänger nie so gut, wie ohne. Das merkt man auch bei „Beyond your limits“, dem einzigen Vocal-gestützten Lied, einmal mehr. Mit diesem Song beweist die Band jedoch, dass sie sich auch nach ihrem allgemeinen Rückschwung zum Instrumentellen nicht in dieses Korsett zwängen lässt. Diese kreative Unberechenbarkeit begrüße ich sehr, auch wenn „Beyond your limits“ für mich den Tiefpunkt von HOW DO WE WANT TO LIVE? markiert.
Danach erholt sich das Album für mich auch leider nicht mehr. „True / Negative“ und „Ashes“ hören sich für mich nur noch wie ein Fade-out aus einem Album, dass sein Niveau leider nicht gänzlich halten konnte. Dennoch sollte dieses Meckern auf sehr hohem Niveau nicht missverstanden werden: mit „Voices“, „Hazard“ und meinem Favorit „Fail / Opportunity“ haben sich LDC einmal mehr selbst übertroffen. Sich als Künstler jedes Mal unkonventionell herauszufordern ist mutig für eine Band, die zuletzt mit Boundless flächendeckend hervorragende Resonanz erhielt. Der elektronische Überbau des neuen Albums im Einklang mit dem futuristischen Konzept ist mitreißend und erzeugt viele besonders nachdenkliche Hörmomente.
HOW DO WE WANT TO LIVE? fragt man sich an vielen Stationen seines Lebens und auch in den verschiedensten Gemengelagen. Die Band arbeitet nun die „Mensch vs. Maschine“-Thematik zeitgemäß auf. Das mag für viele abgedroschen sein, das menschliche Zusammenleben erfordert jedoch ein stetes Hinterfragen gewisser Grundsatzproblematiken, gerade hinsichtlich Ethik und Humanismus.
Als Gesamtkunstwerk betrachtet kann HOW DO WE WANT TO LIVE? in meinen Augen punktemäßig zwar nicht mit anderen Werken der Band konkurrieren, dennoch markiert es eine wichtige und großartige Entwicklung der eigenen Klangästhetik und entlässt den Hörer gewohnt mit der Frage, welche Genialität wohl als nächstes folgen wird. HOW DO WE WANT TO LIVE?: sicherlich nicht ohne LONG DISTANCE CALLING!
Von mir gibt es 8 von 10 Hellfire-Punkten.
Tracks:
01 – Curiosity (Part 1)
02 – Curiosity (Part 2)
03 – Hazard
04 – Voices
05 – Fail / Opportunity
06 – Immunity
07 – Sharing thoughts
08 – Beyond your limits
09 – True / Negative
10 – Ashes
Line – Up:
David Jordan -Guitar
Florian Füntmann -Guitar
Janosch Rathmer -Drums
Jan Hoffmann –Bass
Eric A. Pulverich (Kyles Tolone) – Guest-Vocals
Weitere Infos:
Homepage
Facebook
Twitter
Instagram
Inside Out Music