Geschrieben von Katja Maeting
Band: Long Way Home
Album: Stalker
Genre: Alternative Rock
Plattenfirma: unsigned
Veröffentlichung: 22. November 2019
„Hey, das ist doch kein Pop Punk mehr!“ – meine Empörung hat so ungefähr zwei Minuten gehalten, danach hatten die Jungs von Long Way Home mit ihrer ersten Single und gleichzeitig dem Album Opener „One More Dance“ meine Neugier geweckt. Zugegeben, generischen Bubblegum-Pop Punk haben Long Way Home ja noch nie gespielt, von daher ist es kein echter Schock, dass sich die Jungs in den drei Jahren seit dem Release ihres Debüts „Mother Earth“ weiterentwickelt haben. Eher eine angenehme Überraschung, wie gut die drei ihr Potenzial und ihre Kreativität inzwischen auszuschöpfen verstehen.
Dies hatten sie schon mit ihrer zweiten Single „Leave You“ bewiesen, welche elektronische Elemente als festen Bestandteil des neuen LWH-Sounds etabliert, ohne das es in belanglose Zuckrigkeiten abgleitet. Und auf dem Rest des neuen Albums gestalten sie diesen Ansatz facettenreich und in erstaunlich stimmiger Vielfalt aus. „Fading Away“ zieht direkt eine stabilere Klangwand ein und drückt mit einem massiven Synthie-Gerüst kraftvoll voran, immer wieder gekrönt von einem Refrain, der live zum großen Mitmach-Part werden wird. Beim nachfolgenden „Tidal Wave“ fusionieren Long Way Home ihre Pop Punk Wurzeln mit den neuen Sound-Facetten und heraus kommt ein melodisch locker jagender Track mit catchy Chor-Momenten und einer von stabilen Gitarrenlinien umspielte Synthie-Hook, den man so schnell nicht mehr aus dem Ohr bekommt.
„Break Away“ steigert das Ganze dann auf stadiontaugliches Hymnen-Format mit Pop-Rock-Grundzügen und höchstem Energielevel und mit „Roller Coaster“ beweisen die drei dann, dass sie selbiges auch mit fetten Alternative Rock-Riffs locker hinkriegen und dies auch noch sehr abwechslungsreich und mit schönen, leicht schnörkeligen Solo-Ausflügen. „Don’t Say“ kombiniert zurückgenommene Strophen mit absolutem Ohrwurm-Refrain und würde sich auch auf vielen Radiostationen gut machen und bereitet darauf vor, dass Long Way Home auch ohne Vollgas überzeugen könnten. Den Beweis dafür treten sie mit der unglaublich intensiven Ballade „Won’t Let You Go“ an, bei der Frontmann Jannik mit weiteren Facetten seiner markanten Stimme überrascht und überzeugt. Nüchtern betrachtet werden hier alle Register einer Klischee-Ballade gezogen, inklusive hochgezogener Vocals und einem übermäßig verzierten Gitarren-Solo. In der Praxis machen LWH aus der Nummer aber einen emotionalen Song, der einen beim Hören im genau richtigen Maß umfängt, sodass man sich berührt aber nicht bedrängt fühlt.
„Believe In Love“ befreit mit seiner schnellen Grundlinie dann wieder aus allzu viel Träumerei, ist aber mit ausreichend Synthies abgefedert, um das Aufwachen angenehm zu gestalten und zieht erst zum Ende hin ein paar härtere Rhythmus-Linien ein. Keine Hemmungen in dieser Hinsicht hat dafür „The Dark“ und tritt direkt mit breiten Riffs in den Allerwertesten, ist dabei aber melodisch noch gerade genug abgefedert, dass man ihm diese Tritte nicht übelnimmt. LWH haben sich definitiv nicht einfach linear in eine Richtung weiterentwickelt. Der Titeltrack „Stalker“ spielt dann mit den Gegensätzen aus stabil gewobener Rhythmus-Dominanz und lockeren Passagen mit Pop-Charakter und setzt so unterschwellig noch besondere Betonungen. Mit „Tough World“ heißt es dann Abschied nehmen aus dem Album, welches wieder breite Synthie-Spuren mit treibenden Beats, kraftvollen Vocals und einer abwechslungsreichen Dynamik kombiniert. Und da man noch keine Lust hat zu gehen, drückt man dann nach den letzten Klängen einfach wieder auf Play…
Zwischen Radiotauglichkeit und Modern Rock, zwischen Synthie-dominiert und Gitarren-getrieben, dort haben sich Long Way Home ihre eigene Nische gesucht, in der sie sich anscheinend sehr wohlfühlen, denn mit „Stalker“ überzeugen sie auf ganzer Linie. Den Songs wohnt bei aller Klangwucht eine aufgelockerte Leichtigkeit inne, die man aber nicht mit Oberflächlichkeit verwechseln darf. Das Trio sagte ja, dass es auf dem neuen Album „deutlich erwachsener zugeht“. Ich sage dazu: Wenn Erwachsensein so klingt, dann bin ich endlich bereit dazu 😉 Klar sind Long Way Home nichts für den eingeschworenen Fan der klassischen Lehre, aber dafür umso mehr für alle, die auf statt innerhalb von Genre-Grenzen unterwegs sind.
Von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten
Trackliste:
01 ONE MORE DANCE
02 LEAVE YOU
03 FADING AWAY
04 TIDAL WAVE
05 BREAK AWAY
06 ROLLER COASTER
07 DON’T SAY
08 WON’T LET YOU GO
09 BELIEVE IN LOVE
10 THE DARK
11 STALKER
12 TOUGH WORLD
Line-up:
Jannik Strobel – Vocals, Guitar
Simon Franz – Bass
Florian Biedlingmaier – Drums
Weitere Infos:
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Website von Long Way Home