In dieser Rubrik präsentieren wir Euch bis Weihnachten, welches erste Konzert unsere Team Mitglieder erlebt und den Live Virus (ich weiß, schlechte Wortwahl) bei ihnen in Gang gesetzt haben.
Viel Spaß damit….
Heute berichtet Redakteur Yannic, wie alles bei ihm livemäßig begann.
Mein erstes Konzert fand in der Live Music Hall in Köln am 07.02.2013 statt. Auf dem Plan stand Motionless in White, Betraying the Martyrs, While She Sleeps und Asking Alexandria. Ein Kumpel, der zu seiner Zeit ein erfahrener Konzertgänger war, wollte mich unbedingt mitschleifen. Die Bands waren allesamt für mich böhmische Dörfer. Lediglich Asking Alexandria war mir ein Begriff, weil mein Kumpel diese Band rauf und runter hörte. Ich hatte allerdings zu der Zeit wenig bis keine Berührungspunkte zu dieser Art Musik, die sich im weiteren Verlauf für mich als Metalcore herausstellen sollte. Aber als ich das Funkeln in seinen Augen gesehen hatte, als er an das bevorstehende Konzert dachte, da konnte ich nicht anders und habe ja gesagt.
Wir kümmerten uns jeweils unabhängig voneinander um weitere Verstärkung und sind somit an einem Donnerstagnachmittag zu viert in einem kleinen Toyota Aygo nach Köln gejümmelt. Vor der Live Music Hall befand sich bereits eine Schlange schwarz gekleideter Menschen, bewaffnet mit Büchsenbier. Als wir einen Parkplatz neben der Halle gefunden hatten drehte sich mein Kumpel grinsend zu mir um, drückte mir eine Packung Dextro Energy in die Hand sagte: „Wirst‘e brauchen.“ Seine Begleitung lachte und ich schloss daraus, dass auch er nicht gerade unerfahren im Konzert-Milieu war. Ich lächelte leicht verzweifelt zurück, blickte wiederum meine Begleitung fragend an und schulterzuckend pressten wir uns aus der bereiften Sardinenbüchse.
Nach ungefähr einer halben Stunde, die wir wartend in der Schlage verbracht hatten, betraten wir die Live Music Hall. Was ein abgerotzter Laden. Die Luft war so stickig und heiß, dass man dachte zwei Hobbits würden gleich auftauchen um einen Ring zerstören zu wollen. Die Toiletten sahen aus wie ein zerbombtes Berliner Bahnhofsklo um 4 Uhr morgens. Um das Erscheinungsbild perfekt zu machen fehlten lediglich die Herionspritzen auf dem Boden. Der Horror! Ich gehe davon aus, dass mein Kumpel mir mein schockiertes Gesicht angesehen hatte und es daher auch nicht lange dauerte, bis er mir ein kühles Bier zur Beruhigung in die Hand drückte.
Kurz darauf wurde es dunkel, ein melodisches Akustik-Gitarrensolo ertönte. Der Reihe nach traten die Musiker von Betraying the Martyrs die Bühne, welche mit tosendem Applaus empfangen wurden. Plötzlich ein gewaltiger Breakdown, gefolgt von einem tiefen Growl, Blastbeats und chaotischem Lichterspiel. Ich fühlte mich wie auf einem Schlachtfeld. Leute flogen durch die Gegend, Arme wedelten umher und abgerissene Beine flogen durch die Luft … Oke, vermutlich nicht ganz, aber es kam mir zumindest so vor. Wo meine Kumpels waren? Woher soll ich das wissen … die hatte ich bereits nach 10 Sekunden verloren, als ich energisch von der Meute mitgerissen wurde. Ich hoffte, dass es ihnen gut geht. Zuerst musste ich mich aber um mich selbst kümmern.
Sämtliche Leute, die wie Fliegen zu Boden vielen, wurden von irgendwelchen Menschen binnen Sekunden wieder aufgestellt und mit einem kräftigen Ruck zurück in das Getümmel geboxt. Bereits nach kurzer Zeit hatte ich mir das erste Traubenzucker- Dragée in den Rachen geworfen. Aufgrund meiner totalen Reizüberflutung an diesem Abend, kann ich mich nicht genau an die Einzelheiten erinnern. Lediglich an meinen dramatischen Überlebenskampf, einen unglaublich energievollen Auftritt von While She Sleeps und meinen persönlichen „AHA- Moment“, den ich gewiss etwas näher erläutern muss.
Denn nach geraumer Zeit traf ich tatsächlich einen Teil meiner Truppe wieder. Wir beantragten im hinteren und durchaus ruhigeren Teil der Menge etwas Asyl von der barbarischen Schwarterei und mussten in dieser Phase feststellen, dass meine Begleitung nicht da war. Unsere suchenden Blicke durchfuhren die Menschenmasse, welche sich plötzlich begann in zwei Hälften zu teilen. Plötzlich schrie mein Kumpel auf: „Hey, da ist er!“ Unsere Blicke folgten seinem Zeigefinger und da stand die Pappnase, völlig alleine in Mitten der menschenleeren Fläche, die sich innerhalb von Sekunden gebildet hatte.
Mein Kumpel versuchte ihm mit fuchtelnden Armbewegungen zu signalisieren, dass er von dort die Biege machen sollte. Er winkte grinsend zurück, glücklich darüber einen Platz ergattert zu haben der nicht von Menschen überflutet war.
Plötzlich ein weiterer Breakdown … die geteilte Menge rannte in einem Affenzahn aufeinander zu und begrub ihn gnadenlos unter sich. Ich blickte rasch zu meinem Kumpel, der kopfschüttelnd mit einer Facepalm versuchte das Gesehene zu verarbeiten. „Da hat ihn die Wall of Death voll erwischt!“, schrie seine Begleitung lachend. Ich begann mir bereits passende Worte in meinem Kopf zurecht zu legen, die ich an seinem Grab gerne sagen wollte.
Meine Trauerstimmung wurde allerdings abrupt unterbrochen, als meine Begleitung aus heiterem Himmel wie ein zerrupftes Huhn vor uns stand und inbrünstig brüllte: „Alter, war das geil!“ Er besaß nun das gleiche Funkeln in den Augen, was ich zuvor bei meinem Kumpel wahrgenommen hatte. Wir schauten uns entgeistert an, bis wir eruptionsartig und aus voller Kehle anfingen zu lachen. Von diesem Moment an wusste ich – hier bin ich goldrichtig!