Geschrieben von: Marco Gräff – Photos taken by Nancy Nern
Schlachthof – Wiesbaden // 13.02.2019 Denke ich an die ersten Konzerte, die ich Mitte der 1990 Jahre besucht habe, da war es üblich, dass man an einem Abend „seine“ Band erleben durfte und es gab eine Vorband. Heutzutage sind es meist mindestens drei Bands am Abend, nicht selten sogar noch mehr. Ruck Zuck hat man auch mal vier bis fünf Stunden auf der Uhr, von Beginn bis Ende. Auf der einen Seite freut sich der Fan über Value for Money, auf der anderen Seite macht es aber gerade bei Terminen unter der Woche oft Probleme. Zum einen rechtzeitig anzukommen, und zum anderen zeitig wieder ins Bett zu kommen. So verwundert es dann auch nicht, das dieser Abend im Schlachthof Wiesbaden nicht ausverkauft war, wohingegen viele andere Städte dies schon weit im Vorfeld verkünden konnten. Und das liegt nicht am fehlenden Publikum in Wiesbaden und Umgebung. Doch das ist ein anderes Thema. Kommen wir also zum Wesentlichen.
Die finnische Band AMORPHIS hatte neben neuem Album „Queen of Time“ (Review) die Melodic Death Combo SOILWORK aus Schweden dabei, die ebenfalls ein neues Album dabei hatten („Verkligheten“ Review – hier). Als Anheizer durften zunächst die Melodic Death Doom Newcomer NAILED TO OBSCURITY ran, danach gab es auf die Mütze vom ukrainischen Metal Export JINJER.
Fast pünktlich um 18:10 Uhr begann der düstere Reigen mit NAILED TO OBSCURITY aus Ostfriesland. Auch dieses Quintett hatte ein neues Album an Bord, und von „Black frost“ (Review) gab es dann auch vier Songs zu hören, unter anderem meine Favoriten „Black frost“ und „Feardom“. Als fünften Song gab es am Ende „Desolate ruin“ vom Album „King Delusion“. Neben wenig Licht gab es viel Stimmung und Atmosphäre. Die Songs waren bekannterweise sehr stark ebenso in der Umsetzung. Und auch im Gegensatz zu dem was folgen sollte, gab sich die Band auch soundtechnisch nicht die Blöße. Für meine Begriffe haben NAILED TO OBSCURITY an diesem Abend abgeliefert und waren im Anschluss auch immer wieder mal am Merch oder auch so in der Halle anzutreffen. Starker Auftritt, den ich gerne länger genossen hätte.
Im Anschluss war Girlpower angesagt. Die Groove / Modern Progressive Metal Band JINJER aus der Ukraine traten mit Frontfrau Tatiana Shmailyuk an, um den Schlachthof in Grund und Boden zu brüllen. Leider muss ich es so ausdrücken, denn viel mehr blieb nicht hängen. Gerade erst vor einem Jahr spielte das Quartett im Vorfeld von ‚Arch Enemy‘ an gleicher Stelle, und hatten damals einen positiveren Eindruck hinterlassen. An diesem Abend jedoch war da nicht viel davon übrig. Der Sound war schon nicht wirklich gut, was im Schlachthof schon eine Kunst für sich ist. Dazu wirkten Songauswahl und Gesang über weite Strecken recht monoton und am Ende auch anstrengend. Dennoch war ich verwundert wieviel Zuspruch der 45-Minütige Auftritt bekam. Aber okay – Geschmäcker sind verschieden.
Mit Hoffnung auf Besserung erwarteten wir die Melo Deather SOILWORK. Mit neuem Album im Gepäck und ein paar Göteborg Klassikern sollte dieser Auftritt wieder in Richtung „Gut“ laufen. Doch das wurde auch nicht wirklich was. Die paar starken Songs die gespielt wurden, fielen auch dem schlechten Soundmix zu Opfer. Stimmlich war da schwer was zu verstehen, die Gitarren wirkten übersteuert, der Sound überladen. Immerhin gab es eine „angenehme“ Überraschung in Form eines Heiratsantrages auf der Bühne durch ein Crew-Mitglied der Band. Happy End zwar dort, für mich erst nach dem letzten Song von SOILWORK. Schade eigentlich, da meine Erwartungen deutlich höher waren, vor allem da ich sie 2017 auf dem Neuborn Open Air schon erleben durfte, und deutlich mehr begeistert war.
Aber es sollten ja noch AMORPHIS folgen, die machten dem Abend ein sehr erfreuliches Ende. Da passte alles. Sound ebenso wie Spielfreude und Songauswahl. Natürlich war das aktuelle Album „Queen of time“ mit sechs Songs am stärken vertreten. Den Beginn machte ganz klar „The Bee“, gefolgt von „The golden elk“. Logischerweise spielten die Finnen hauptsächlich Songs der Ära Tomi Joutsen, doch der Überhit „Black Winter Day“ durfte auch heute nicht fehlen. Eigentlich schade, dass nicht mehr solcher alten Klassiker gespielt werden. Auch eine Folge der vielen Bands am Abend, da selbst die Headliner, früher meist zwei Stunden, heute nur noch 90 oder gar wie hier, 75 Minuten spielen. Doch jetzt genug gemeckert.
Am Ende war es ein langer Abend und AMORPHIS konnten auch Dank der Präsenz von Sänger Tomi Joutsen das Publikum restlos begeistern. „Sky is mine“, „Silver bride“, „Hopeless days“ und auch „Bad blood“ (bei dem Kollegin Nancy besonders frohlockte 😉 ) sind mittlerweile Bandklassiker und dürfen nicht fehlen. Den Schlusspunkt in Form von zwei Zugaben setzten dann „Death of a king“ und „House of sleep“. Ein langer Abend ging damit würdig zu Ende, wie auch die Tour, die am 16.02. in der Schweiz zu Ende ging.
So gesehen ein Abend mit gemischten Gefühlen auf der einen Seite, wobei NAILED TO OBSCURITY nach AMORPHIS für mich am meisten Eindruck hinterlassen haben. Auf der anderen Seite nicht erst heute die Erkenntnis, dass mehr Bands nicht automatisch mehr Spass bereiten. Das kann, muss aber nicht funktionieren.
Set List Soilwork
Arrival
The crestfallen
Nerve
Full moon shoals
Death in general
Like the average stalker
The akuma afterglow
Drowning with silence
The phantom
The nurturing glance
Bastard chain
The ride majestic
The living infinite II
Witan
Stabbing the drama
Stalfagel
Set List Amorphis
The bee
The golden elk
Sky is mine
Sacrifice
Message in the amber
Silver bride
Bad blood
Wrong Direction
Daughter of hate
Heart of the giant
Hopeless days
Black winter day
Death of a king
House of sleep
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