Geschrieben von Marco Gräff
Band: My Dying Bride
Album: The ghost of Orion
Genre: (Death) Doom Metal
Plattenfirma: Nuclear Blast
Veröffentlichung: 06.03.2020
Im Jahre 2015 sang Aaron Stainthorpe noch „Feel the misery“. Wer hätte fast auf den Tag genau zwei Jahre später gedacht, dass dem Sänger genau dieses Schicksal wirklich erleiden würde? Seiner damaligen fünfjährigen Tochter wurde Krebs diagnostiziert. Es ist wohl nicht schwer vorstellbar, dass er alle Aktivitäten seiner 1990 gegründeten Band MY DYING BRIDE von jetzt auf gleich auf Eis legte.
Doch es sollte nicht die einzige Hiobsbotschaft für die britische Death Doom Legende bleiben. Das kleine Mädchen war noch nicht wirklich über den Damm, kündigte Gründungsmitglied und zwischenzeitlich zurückgekehrter Gitarrist Calvin Robertshaw seinen Dienst in der Band – grundlos. Kurz vor dem Aufnahmen, man hatte schon das Studio gebucht, warf auch Drummer Shaun Taylor-Steels das Handtuch. Doch all diese Schicksalsschläge sollten die Band nicht hindern, einen weiteren Meilenstein zu schaffen…
Für mich persönlich ist jedes neue Album der sterbenden Braut etwas besonderes. Völlig unvorbereitet traf ich im Dezember 1995 das erste Mal auf die Band, als ein gewisser Steve Harris My Ding Bride als Support für die „X-Factour“ buchte. Diese schweren Riffs, der leidende Gesang, die generelle Schwere der Songs, all das war Neuland für mich, und sollte mir von dem Tag an mehr als einmal durchs Leben helfen. Die Alben „The light at the end of the world“, „Songs of darkness, words of light“, „Feel the misery“ und besonders „The angel and the dark river“ sind für mich Werke für die Ewigkeit, mit denen ich persönlich sehr viel verbinde. Somit sind My Dying Bride für mich DIE Band überhaupt.
Und nach all den Ereignissen, die My Dying Bride zuletzt durchmachen mussten, hatte ich ehrlich gesagt mit einem etwas anderen Album gerechnet. Einem Album, welches noch mehr die Tragik und Verzweiflung vertont als noch zuletzt „Feel the misery“. Doch THE GHOST OF ORION, das mittlerweile 13. Album, ist überraschenderweise sehr zugänglich geworden. Nicht so traurig und hoffnungslos wie der direkte Vorgänger oder so schwerfällig wie „The map of all our failures“. Aber doch ist es zu 100% MY DING BRIDE mit seiner typischen Melancholie, den verzweifelten Momenten und der unnachahmlichen Stimme von Aaron Stainthorpe. Wer diesen Mann einmal live erlebt hat, weiß wovon ich rede.
Dies macht neben den Riffs und den Songwriter Qualitäten von Andrew Craighan den unvergleichlichen Sound der Band aus. Dieser musste sich auf Grund o. g. Umstände erneut alleine auf die neuen Songs konzentrieren. Stainthorpe steuerte letztendlich nur die Lyrics bei. Am Ende steht ein Album, das überraschend eingängig ist und mit ein paar neuen Ideen aufwartet. Zwischen all der Tragik und dem Leid gibt es aber auch Hoffnung.
Natürlich gibt es die typischen MDB Songs. Gleich zu Beginn lässt Your broken shore das Herz aller Fans höher schlagen. Die typischen Riffs, der leidende sowie harsche Gesang, all die Trademarks der Briten auf den Punkt gebracht. Ebenso wie bei den folgenden beiden Songs, wobei Tired of tears eins der persönlichsten Songs von Sänger Aaron sein dürfte.
The solace stellt etwas wie ein Novum dar. Nur Andrew an der Gitarre und gesanglich begleitet von Gastsängerin Lindy-Fay Hella (‚Wardruna‘), ist dies ein Song, der Trauer gleichzeitig mit Hoffnung verbindet. Stelle man sich dieses Stück auf einem Dudelsack gespielt vor, es käme einem englisch-schottischen Trauermarsch gleich.
Auch der Titelsong The ghost of Orion und der letzte Song Your woven shore sind eher ungewöhnlich für die Band. Ruhig, nachdenklich und recht kurz und dennoch eindringlich. Aber es sind auch diesmal die epischen Zehn-minüter, die den Unterschied machen und das Album zu etwas besonderem. Sei es The long black land oder The old earth. Death Doom at its best, mit genialen, traurigen Riffs und Melodien zum Weinen. Dazu der Gesang von Stainthorpe, der dieses Mal ein geschlagenes ganzes Jahr brauchte um das Album einzusingen. Und ja, er klingt etwas anders als sonst. Doch es hat sich gelohnt.
The old earth ist es dann auch, was dem Album die Krone aufsetzt. Wenn nach kurzem Intro das markante Riff einsetzt, geht es einem durch Mark und Bein. Das ist es was MY DYING BRIDE ausmacht. Alle Welt hat mit einem traurigen, tonnenschweren Moloch gerechnet. Doch in ihrer schwärzesten Stunde entdecken MY DYING BRIDE die Hoffnung und den Neuanfang und machen THE GHOST OF ORION, wenn es auch etwas Abstand braucht, zu einem wunderschönen, traurigen, schweren aber auch hoffnungsvollen und zukünftigen Band Klassiker.
von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten
Tracks:
01 – Your broken shore
02 – To outlive the gods
03 – Tired of tears
04 – The solace
05 – The long black land
06 – The ghost of Orion
07 – The old earth
08 – Your woven shore
Line-Up:
Aaron Stainthorpe – Gesang
Andrew Craighan – Gitarre
Lena Abé – Bass
Shaun Macgowan – Keyboard, Geige
Jeff Singer – Schlagzeug
Neil Blanchett – Live Gitarre
Weitere Infos:
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Nuclear Blast Records