Geschrieben von Katja Rohloff
Band: MYRA
Album: FCK VLK
Genre: Modern Metal/Hardcore
Veröffentlichung: 09. März 2018
Vier Minuten und vier Sekunden. So lange dauert der Opener und Titeltrack „FCK VLK“ des neuen und vierten MYRA-Albums und schon ist klar, zu viel versprochen haben MYRA nicht. Bitte einmal Checkliste abhaken. Facettenreich – check, denn auf Deutsch kannte ich MYRA bisher nicht, und auch der Grundsound ist etwas anders, als man es von den Fünfen gewohnt ist. Dazu noch die eingebauten Samples mit geschichtsträchtigen Originaltönen. Persönlich – check, denn hier äußert die Band eine politische und gesellschaftliche Meinung, viel persönlicher geht es wohl nicht, sind doch gerade das die größten Streitpunkte unserer Zeit. Auch wenn es bei MYRA nichts Neues ist, dass sie eine Meinung haben und vertreten. Kontrovers – check, denn schon mit diesem Song werden sie polarisieren und sowohl Unterstützer als auch Hater anziehen.
Aber das neue Album der Leipziger besteht aus mehr als nur diesen vier Minuten. Im 13. Jahr ihrer Bandgeschichte legen MYRA ein Album vor, das eben das „facettenreichste, persönlichste und kontroverseste Album“ des Quintetts sein soll. Aber es schallt immer noch 100 Prozent MYRA aus den Boxen. Um dieses besondere Album zu produzieren, hat die Band statt auf eine Plattenfirma lieber auf die Unterstützung ihrer Fans gesetzt und einen Teil der Kosten über Crowdfunding finanziert. Seit ihrer Gründung 2005 sind sie für ihren kraftvollen, nicht sehr filigranen, aber trotzdem eingängigen Sound bekannt. Und auch auf „FCK VLK“ gibt es ein Brett nach dem anderen.
„Ratcatchers“ tritt direkt den Beweis an, dass MYRA auch immer noch nichts von musikalischer Zurückhaltung halten. Hart und schnell knallt einen die Rhythmus-Sektion weg, während die Gitarren nur das Nötigste an Melodie drauflegen, um die typische eingängige Härte im Sound der Jungs aus Leipzig zu erschaffen. Dazu die Vocals von Sebastian Spillner, bei denen ich mir nie sicher bin, ob das raue Cleans oder schon Shouts sind. Aber wer braucht schon Kategorien, solang es so gut klingt.
Einen ersten Lieblingssong habe ich dann auch innerhalb kürzester Zeit gefunden, die zweite Single-Auskopplung „Keepers Code“ ist einer der melodischten Tracks des ganzen Albums, erinnert somit auch eher an den Sound des Vorgängers „Valley“ als an die älteren Scheiben. Absoluter Favorit ist jedoch „Together“, denn hier haben MYRA eine raue Hymne für sich selbst und für alle geschrieben, die sich nicht für den Erfolg verkaufen und für das leben, was sie tun, nichts bereuen und keine Kompromisse eingehen.
„Possessions“ ist dann wieder ein Song für alle, die Melodien für überbewertet halten, denn die sind hier wieder eher minimalistisch eingesetzt. Entsprechend treibend aggressiv kommt das musikalische Grundgerüst des Songs daher und die Vocals brettern ungebremst in den Gehörgang. „Overcome“ leitet den Abschied aus dem Album im gesetzteren Tempo ein, um dann ordentlich Fahrt aufzunehmen und mit dem Refrain direkt nochmal eine Mitsing-Hymne zu erschaffen.
Kommen wir am Ende nochmal zum Anfang zurück. An den Song „FCK VLK“ habe ich mich auch nach mehreren Durchgängen noch nicht gewöhnt. Da unterstelle ich mal Absicht. Die Aussage des Tracks unterschreibe ich sofort, aber mit dem Sound werde ich nicht so recht warm. MYRA haben noch nie ein Blatt vor den Mund genommen und das wird spätestens jetzt auch allen klar, die sich sonst mit englischen Lyrics nicht auseinandersetzen. Die Muttersprache blendet man schwerer aus. Allerdings spielt die Band hier auch auf Risiko, denn die erste Minute des Songs ist eher ein Intro mit besagten Samples, dazu ein schriller Alarmton, der dann von ebenso schrillen Gitarren aufgenommen wird. Im weiteren Verlauf geht es soundmäßig dicht gedrängt und aggressiv zu, so dass so mancher vielleicht den Song überspringen wird. Als Opener ist mir der Song einfach zu sehr Vorschlaghammer, mittiger im Album würde er sich vielleicht besser ins Gesamtbild einfügen. Aber genau das soll er wahrscheinlich nicht. Und MYRA haben, zum Glück, noch nie viel auf die Meinung anderer gegeben, was ihre Musik angeht.
Insgesamt bleiben sich die Leipziger auf ihrem vierten Album treu und ziehen ihren Sound durch. Neu erfunden muss hier nichts werden, Anbiederung an den Massengeschmack war eh noch nie das erklärte Ziel von MYRA. Und so gibt es hier zehnmal eingängige Härte, die bei allem Ernst in der Aussage auch einfach Spaß macht und zeigt, dass die Jungs immer noch verdammt viel Bock haben. Egal was andere davon halten. Wer sich musikalisch gerne im Bereich des Hardcore und Modern Metal tummelt, sollte dringend mal reinhören.
Trackliste:
01. FCK VLK
02. Ratcatchers
03. Keepers Code
04. Together
05. Pile Of Trash
06. Walls
07. Prove Me Wrong
08. Possessions
09. Broken Windows
10. Overcome
Line-up:
Sebastian Spillner – Vocals
Ron Henkel – Guitar
Heavy – Guitar
Felix Alvarez – Bass
Maximilian Grau – Drums
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