MYRA – Musik ist für uns etwas sehr Persönliches

© MYRA

 

Mit dem Hellfire Quick5 Interview versuchen wir für unsere Leser möglichst interessante Infos aus den Musikern rauszukitzeln, ohne dass sie sich seitenlangen Fragen/Antworten hingeben müssen. Wir vom Hellfire bemühen uns dabei, (mehr oder weniger) kurz und prägnant im Rahmen von 5 Fragen zu agieren (manchmal kann eine Frage auch gedoppelt oder getrippelt sein); den Musikern obliegt es, nach ihrem Gutdünken zu antworten: kurz und knapp bis hin zu ausschweifend und umfangreich.

Heute sprechen wir mit der Leipziger Band MYRA, deren neues Album „FCK VLK“ am 09. März 2018 erschienen ist.

 

HF: Erst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album. Ihr beschreibt „FCK VLK“ als euer persönlichstes, facettenreichstes und kontroversestes Album. Seid ihr schon mit dem Grundgedanken, diesmal noch mehr von euch selber ins Album einzubringen, an das Projekt herangegangen oder hat sich das eher während der Arbeit am neuen Material so ergeben?

MYRA: Nein, das war tatsächlich fast von Anfang an klar. Wir wollten ein Album schreiben, was explizit den derzeitigen gesellschaftlichen Wahnsinn thematisiert. Fremdenfeindlichkeit, Übergriffe auf Flüchtlinge, eine aufgeheizte gesellschaftliche Stimmung und die schlimmsten Angriffe auf Connewitz seit den 1990-er Jahren sind Entwicklungen, die nicht spurlos an uns vorbeigehen. Wir haben uns schon immer politisch klar positioniert, allerdings haben uns die genannten Ereignisse noch etwas mehr zum Nachdenken angeregt. Die Songs, die wir schreiben, unser Artwork sowie die Musikvideos sind unser Sprachrohr und aktuell gibt es viel zu erzählen.

HF: Diesmal habt ihr einen Teil der Kosten über Crowdfunding finanziert, auch um unabhängiger von den eventuellen Wünschen eines Labels zu sein. Wie waren eure Erfahrungen damit? Ist das eine Option, die ihr in Zukunft ggf. wieder wählen wollt?

MYRA: Da wir keine Berufsmusiker sind und dennoch versuchen, die Musik auf möglichst hohem Niveau zu produzieren, müssen wir bei der Finanzierung neuer Alben immer kreativer werden. Zum Glück bietet die heutige Zeit hier viele Möglichkeiten und Crowdfunding war die für uns idealste. Wir hatten hier die Möglichkeit, gemeinsam mit unseren Fans das neue Album auf die Beine zu stellen, so, wie es also eigentlich sein sollte. Dabei muss kein Geld an irgendein Label oder andere Managements abgegeben werden, sondern fast 100 Prozent fließen in die Produktion der Musik und alles was dazu gehört. Absolut überwältigend war, dass es dann auch noch geklappt hat. Dafür sind wir allen Unterstützern sehr dankbar. Es motiviert unglaublich, wenn die viele Arbeit, die wir in die Band investieren, sich so deutlich auszahlt und MYRA nun schon das vierte Album veröffentlichen können. Wir wollen nach FCK VLK auf jeden Fall weiter machen und sicher folgt ein fünftes Album. Ob es dafür wieder eine Crowdfunding Kampagne gibt oder wir andere Möglichkeiten haben, wird sich zeigen. Solange es so viele treue Fans gibt, werden wir auf jeden Fall einen Weg finden.

HF: Nicht nur als Titeltrack und Opener des Albums ist „FCK VLK“ ein Song, der sich vom Rest des Albums absetzt. Ich kannte euch bisher nur auf Englisch und auch da habt ihr noch nie ein Blatt vor den Mund genommen. Warum habt ihr euch hier für einen deutschen Text entschieden? Und wird man euch zukünftig öfters auf Deutsch hören?

MYRA: Das mit dem deutschen Text bei „FCK VLK“ ist eine absolut bewusst gewählte Ausnahme. Der Song behandelt ein sehr brisantes Thema, welches vor allem Menschen in unserer Umgebung betrifft. So viele Ereignisse der letzten Jahre, wie die Pegida-, Legida- usw. Demonstrationen, das Erstarken der AfD oder noch näher: Nazidemos in Connewitz vor unserer Haustür, haben uns dazu bewogen, einen Song zu schreiben, der klar und deutlich zum Ausdruck bringt, wo wir in diesem Kontext stehen. Unserer Meinung nach sind der Hass und diese völkisch nationalen Hetzer das Problem unserer Gesellschaft und nicht Multikulti oder Flüchtlinge, woher auch immer. Überall wird dieser Nationalismus wieder salonfähig, da müssen wir einfach eine klare Gegenposition beziehen. Der deutsche Text sorgt besonders dafür, dass man genau hinhört und nicht so schnell an der Nummer vorbeikommt. Das genau war unsere Absicht. Wir können so eine komplexe Thematik natürlich nicht ausführlich in einem Text abhandeln, es geht uns eher darum, die Hörer zum Nachdenken anzuregen.

HF: Ihr seid ja nun auch schon ziemlich lange als Band unterwegs und habt auf vielen kleinen und großen Bühnen gespielt. Was waren dabei für euch prägenden Erfahrungen, sowohl in positiver als auch vielleicht in negativer Hinsicht und welche Erlebnisse werdet ihr wohl nie vergessen? Und wie autobiographisch ist da der Song „Together“?

MYRA: „Together“ beschreibt schon ganz gut, wie wir diesen Weg als Band erlebt haben. Wir machen das nun tatsächlich schon mehr als 13 Jahre und da gibt es Höhen und Tiefen. Im Gegensatz zu vielen Bands, die sich eher als musikalisches Projekt begreifen und sich entsprechend schnell wieder in Luft auflösen, war das für uns immer irgendwie Teil unseres Lebens. So etwas gibt man nicht einfach auf, nur weil gerade eine andere Musikrichtung gehyped wird. Es gibt diesen Spruch: „Hardcore is more than music“ – das klingt sehr plakativ, trifft den Nagel aber auf den Kopf. Wir sind nicht nur innerhalb der Band gut befreundet, sondern haben auch über die Konzerte oder im Studio viele tolle Leute kennengelernt, die uns nun schon Jahre begleiten. Egal ob große oder kleine Bühne, es sind immer die unterschiedlichsten Menschen zusammen an einem Ort und haben gemeinsam eine gute Zeit, wir 5 eingeschlossen, das ist eine sehr positive Erfahrung, die wir immer wieder machen.  

HF: Nach dem Album ist vor dem Album und Songwriting ist für eine Band ja unabdingbar. Wie entstehen eure Songs? Habt ihr da eine feste Aufgabenverteilung, geht ihr konzentriert für einen bestimmten Zeitraum daran, neue Lieder zu schreiben oder passiert das eher zwischendurch und „nebenbei“? Woher kommen die Ideen und Inspirationen für eure Musik?

MYRA: Du sagst so selbstverständlich, dass Songwriting für eine Band unabdingbar ist, da möchte ich kurz widersprechen. Leider gibt es auch in „unserer Szene“ schon viele Bands, die ihre Songs komplett oder teilweise schreiben lassen – das ist also gar nicht so selbstverständlich. Labels aber auch Bands vermarkten die Musik und den Lifestyle und dabei steht dann Erfolg vor Authentizität. Das hat uns schon immer abgestoßen. Wir schreiben unsere Musik und Texte immer selbst und versuchen sogar (soweit möglich), einen Großteil der Produktion zu übernehmen.
Wir arbeiten eigentlich fast immer an neuen Songs, jeder für sich zu Hause und dann gemeinsam im Proberaum. Wir tragen alle Fragmente zusammen, nehmen sie für uns auf, verändern oder verwerfen einiges und behalten die besten Stücke, so lange bis wir genug Material für ein neues Album haben. Wir lassen uns dabei von allem inspirieren, was um uns herum passiert, Menschen, Musik oder Politik.
Mit FCK VLK haben wir auch das erste Mal versucht, das Ganze zu visualisieren. Sowohl das Artwork der Platte als auch die Musikvideos zeigen Szenen bzw. Bilder von unserem Kiez und unserer Umgebung. Wie schon erwähnt, ist die Musik für uns etwas sehr Persönliches und das versuchen wir mit unseren Hörern zu teilen. Vielleicht ist die Auseinandersetzung mit komplexen Themen nicht immer der einfachste Weg, wir würden uns aber wünschen, dass die Hardcore- / Punk- / Metal- Szene unbequem bleibt.

HF: Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt. Wir wünschen euch viel Erfolg mit eurem neuen Album und für die Zukunft alles Gute.

Interview: Katja Rohloff

Weitere Infos:
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Website von MYRA

 

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