Nergard – Die Vergangenheit nicht verstecken

© Nergard

-English version below-

Die Überarbeitung des eigenen Debütalbums nur vier Jahre nach seiner Veröffentlichung ist ziemlich ungewöhnlich. Es – erneut – zusammen mit einer Vielzahl bekannter Namen umzusetzen, ist beeindruckend. Und wirft eine Menge Fragen auf.

Andreas Nergård, der Gründer dieses speziellen Projekts, war so freundlich, einige von ihnen zu beantworten.

HF: Ich muss zugeben, bevor ich die Review zur Neuauflage deines Debütalbums „Memorial For A Wish“ gemacht habe, wusste ich nichts über dich und deine Musik. Jetzt bin ich definitiv beeindruckt. Aber die Überarbeitung eines Albums, das gerade vier Jahre alt ist, erscheint ziemlich ungewöhnlich. Betrachtest du dich selber als Perfektionisten?

Andreas: Vielen Dank. Nun, ich bin definitiv ein Perfektionist, dafür ist das Umschreiben / Wiederaufnehmen meines Debütalbums wohl der Beweis. Wie du schon sagst, ist es eher ungewöhnlich, sich einem Album nach so kurzer Zeit schon wieder zu widmen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist, da mein letztes Album auch schon wieder drei Jahre her ist. In den letzen 1,5 Jahren habe ich Songs für mein drittes Album geschrieben, aber da es noch etwas dauern wird, das Album fertigzustellen, habe ich mich entschieden, diese Neuauflage meines Debütalbums umzusetzen, damit die Lücke zwischen den Veröffentlichungen nicht zu groß wird.

HF: Ich war überrascht zu lesen, dass du vor (oder sogar parallel zu?) deiner musikalischen Karriere selber Reviews geschrieben hast. Glaubst du, das hat dir beim Start deines Projektes einen Vorteil verschafft – außer zu wissen, wer die idealen Musiker sind, um deine musikalischen Ideen zu verwirklichen? Vielleicht eine andere Art der Annäherung an Musik und das gesamte Musikgeschäft?

Andreas: Es hat mir vielleicht einen Vorteil gebracht, der mir vorher nicht so bewusst war. Ich habe mit 17 Jahren angefangen, Reviews zu schreiben und in dieser Zeit bin ich auf viele Alben und Künstler gestossen, die mich sehr beeindruckt haben, egal ob ich eine Review dazu gemacht habe oder nicht. Viele der Sänger, die bei „Memorial For A Wish“ dabei waren, gehören zu denjenigen, die ich im Rahmen meiner Review-Tätigkeit entdeckt habe. Andi Kravljaca zum Beispiel, dessen Stimme ich zum ersten Mal 2008 gehört habe, als ich das neue Album seiner Band Silent Call rezensiert habe. Er ist von Beginn an der Künstler gewesen, der am meisten in das Projekt Nergard involviert ist. David Reece gehört auch zu denen, die ich in dieser Zeit entdeckte, mein Bruder Kristian hat damals sein neues Album „Universal Language“ rezensiert. Oder Michele Luppi, ich habe 2008 das selbstbetitelte Album seines Projektes Los Angeles rezensiert und liebe seither seine Stimme einfach. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, welche Vorteile dieser Job mir gebracht hat, außer das ich gelernt habe, ordentliche Pressemitteilungen zu schreiben, haha. 

HF: Wenn man sich die beeindruckende Liste von Namen durchliest, mit denen du dein Debütalbum aufgenommen hast, kommt einem unweigerlich als erstes die Frage in den Sinn: Wie hat er sie dazu gebracht, bei seinem Debütalbum mitzumachen? – Wie hast du das?

Andreas: Als ich damals die Leute kontaktiert habe, die ich in das Projekt einbeziehen wollte, waren fast alle daran interessiert. Ich habe es als ambitioniertes Projekt mit epischen Ausmaßen präsentiert, ein Metal Musical mit einer Reihe bekannter Namen auf der Gästeliste und glücklicherweise waren die meisten einverstanden, ein Teil des Line-ups zu werden. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nichts vorzuweisen, nur große Worte. Die Musik war noch nicht aufgenommen, noch nicht mal geschrieben, von daher war ich etwas nervös, als ich angefangen habe, die Demo Tapes zu versenden.

HF: War es nicht ziemlich riskant, mit deinem Projekt auf so einem hohen Level zu beginnen? Damit hast du dir ja quasi freiwillig den möglichen Raum für Fortschritte bei deiner zukünftigen Arbeit beschränkt.

Andreas: Nun, ich wollte einfach hoch hinaus und mich und das Projekt so weit oben wie möglich in der Metalszene etablieren. Und es hat funktioniert, das Album hat viel Aufmerksamkeit bekommen, als es erschien, hauptsächlich natürlich wegen dem großartigen Line-up, aber auch für die Songs. Es war jedoch ein riesiges Unterfangen zu der Zeit, da ich keine Erfahrung darin hatte, ein Album aufzunehmen. Ich war am Ende einfach nur ausgelaugt, nachdem ich fast drei Jahre damit zugebracht habe. Als ich dann mit der Arbeit an „A Bit Closer To Heaven“, dem nächsten Album, angefangen habe, habe ich für mich entschieden, dass ich damit in Sachen Ambitionen nicht so hoch hinaus wollte. Auf dem Album gab es nicht so viele Gäste wie bei MFAW und die Songs waren kürzer und zielgerichteter. Das soll nicht heißen, dass das Album nicht besser werden sollte. Ich wollte einfach nur den Aufnahmprozess für mich ein bißchen einfacher machen indem ich nicht so viele Gäste mit einbezog und die Songs nicht so lang und kompliziert gestaltete. Mit dem dritten Album, was sich gerade in der Entstehung befindet, möchte ich wieder einen ambitionierten Weg einschlagen, es geht in die Symphonic Richtung mit vielen Gästen und einem theatralischen Konzept. Im Laufe des nächsten Monats wird es weitere Infos zu diesem Album geben.

HF: Nachdem du mit so vielen großen Namen gearbeitet hast, gibt es für dich immer noch Idole, mit denen du dir eine Kooperation wünschen würdest? Oder ist es für dich schon normal geworden, mit Musikern zusammenzuarbeiten, die auf der ganzen Welt bekannt sind?

Andreas: Es gibt eine lange Liste von Leuten, mit denen ich unheimlich gerne zusammenarbeiten würde. Jedes Mitglied von Nightwish, meiner Lieblings-Metal Band. Glenn Hughes, vielleicht eine der besten Stimmen aller Zeiten in der Rock Szene. Die Liste wird immer länger. Jedes unbekannte Talent da draußen. Ich liebe es, neue Künstler zu entdecken. Ich habe z.B. Sanne Mieloo, die Lead Sängerin beim Song „The Haunted“, entdeckt, während ich auf YouTube nach neuen Künstlern gesucht habe, von denen ich vorher noch nie etwas gehört habe. Das passte einfach perfekt.

HF: Das überarbeitete Album unterscheidet sich in vielen Punkten von der ursprünglichen Version. Es gibt neue Songs, neue Künstler und viele weitere Veränderungen. Sogar die Trackliste wurde auf den Kopf gestellt. Kamen alle Änderungen dadurch zustande, dass du das Gefühl hattest, es beim ersten Mal nicht richtig gemacht zu haben oder musstest du auch ein paar Dinge ändern, mit denen du eigentlich immer noch zufrieden warst, damit sie sich ins Gesamtbild einfügen?

Andreas: Als ich mit der Überarbeitung des Albums angefangen habe, hatte ich nur solche Änderungen im Sinne, die die Songs und das Album so gut machen sollten wie nur möglich. Die Änderungen innerhalb der Lieder waren notwendig um sie mehr auf den Punkt zu bringen und die Teile wegzuschneiden, die eigentlich nur Füllmaterial waren und den Song nicht weiterbrachten. Einige Songs haben mehr Veränderungen erfahren als andere, insbesondere die langen Stücke. „Requiem“ war ursprünglich fast 15 Minuten lang. Ich habe mich dazu entschieden, zwei eigenständige Songs daraus zu machen. Der erste Teil des Stückes wurde zu einer Ballade mit dem gleichem Namen und der andere Teil wurde zu einem komplett neuen Lied mit dem Titel „Inside Memories“ umgeschrieben und lediglich die Gesangsspuren von Ralf Scheepers wurden beibehalten. Es gab in den Songs viele Teile, mit denen ich anfangs sehr zufrieden war, aber sie funktionierten nicht im Sinne des Songs, deshalb musste ich sie entfernen. Der Ausdruck „kill your baby“ war während des Umschreibens allgegenwärtig und ich denke, es hat alles perfekt geklappt. Die Trackliste wurde aus dynamischer Sicht zusammengestellt. Textlich könnte jeder der Songs als Opener oder Schluss des Albums fungieren. Es hat also nicht das Konzept durcheinandergebracht.

HF: Die Neuauflage von „Memorial For A Wish“ enthält auch die 2013er Version des Albums. Warum? Bist du zuversichtlich, dass die neue Version auch den Fans gefallen wird, die die erste Version lieben?  

Andreas: Einigen Fans ist die Original Version wirklich ans Herz gewachsen und als Zeichen meines Respektes dafür fand ich es notwendig, dass beide Versionen enthalten sind. Man darf die Vergangenheit nicht verstecken, auch wenn ich mit der ersten Version nicht komplett zufrieden war. Ich denke zudem, wenn man ein Album umschreibt und neu aufnimmt, möchten die Leute auch die ursprünglichen Ideen hören, den Fortschritt und was mit der Musik gemacht wurde. Was ist besser, was ist schlechter etc.

HF: Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen dir für die Zukunft weiterhin alles Gute.

Andreas: Danke für das Interesse eures Magazins. Es war mir ein Vergnügen. 

Interview: Katja Rohloff

Weitere Infos:
Nergard bei Facebook
Website von Nergard

 

-English version of the interview-
Revising your debut album just four years after its release is quite unusual. Doing it – again – together with a huge number of well known names is impressive. And raises a lot of questions. Andreas Nergård, founder of this special project, was kind enough to answer some of them.

HF: I must admit, before reviewing the new edition of your debut album “Memorial For A Wish”, I didn’t know about you and your music. Now I’m definitely impressed. But reworking an album that’s just 4 years old seems quite odd. Do you consider yourself a perfectionist?

Andreas: Thank you. Well, I am definitely a perfectionist, which the rewriting/rerecording of my debut album might be a testimony for. It is, like you say, quite odd to revisit an album as soon as this. I felt the timing was right now as it is three years since my last album. I’ve been writing songs for my third album for the past one and a half years but since it still will be taking some time to finishing it I decided to do this new version of my debut to close to gap between releases.

HF: I was surprised to learn that you yourself have worked as a reviewer bevor (or even parallel?) to your musical career. Do you think that gave you kind of an advantage when starting your project – besides knowing who would be the perfect musicians to realize your musical ideas? Maybe a different kind of approach towards music and the whole music business?

Andreas: It may have given me an advantage that I haven’t been fully aware of before. I began working as a reviewer when I was 17 and in that period I stumbled across many albums and artists that made a huge impact on me, both artists I reviewed and didn’t review. Many of the singers that I had on „Memorial For A Wish“ were people I discovered when I was an album reviewer. Andi Kravljaca for instant, I heard his voice for the first time in 2008 when I was reviewing the new album from his band Silent Call. He has been the most involved artist in the Nergard project ever since. David Reece was also one I discovered in those days when hearing his new album „Universal Language“ which was reviewed by my older brother Kristian. Michele Luppi, I reviewed the self titled album from his Project Los Angeles in 2008 and have loved his voice ever since. I’m not sure actually on what advantages this job might have given me, other than learning how to write some proper press releases haha.

HF: Reading the list of impressive names you recorded your debut album with, the first question that comes to mind is: How did he get them to agree to an appearance on his debut album? – How did you?

Andreas: When I contacted the persons that I wanted to involve almost everyone of them were quite interested. I presented the project as an ambitious project of epic proportions, a metal musical that would have a string of well-known names in the guestlist and luckily most of them agreed to become a part of the line-up. At the time I didn’t have anything to show them yet, it was only big words. No music had been recorded at that point, not even written, so I was a bit nervous when I started sending out the demo tapes.

HF: Wasn’t it quite a risk to start your project on such a high level? Seems like voluntary cutting down your possible range of progress for further works.

Andreas: Well, I just wanted to aim high and put myself and the project as high as possible on the metal scene. It worked, the album got a lot of attention when it arrived, mostly because of the great line-up but also the songs. However, it was a huge undertaking at the time as I had no experience in recording an album. I was so tired at the end, spending almost three years on it. So when I began working on “A Bit Closer To Heaven”, the follow-up, I decided that I didn’t want to top it when it came to ambitions. The album didn’t feature as many guests as MFAW and the songs were shorter and more straight to the point. That doesn’t mean I didn’t want the album to be better. I just wanted to make the recording process a little easier for myself by not including so many guests and making long intricate songs. For the third album which is currently in the making I decided to aim very high again, going symphonic with a lot of guests in a theatrical concept. News about that album will come within a month actually.

HF: Having worked together with such big names, are there still some kind of idols for you that you dream of working with? Or has it become normal to you to work with musicians that are known around the world?

Andreas: There’s a long list of people I’d love to work with. Anyone from Nightwish, which is my favorite metal band. Glenn Hughes, perhaps one of the best voices ever to hit the rock scene. The list just goes on. Any unknown talent out there. I love to discover new artists. I found Sanne Mieloo, the lead singer for the song “The Haunted”, while going on a youtube hunt for new artists that I had never heard of before. Such a perfect match.

HF: The renewed album differs from the original version in many ways. There are new songs, new artists and a lot of other changes. Even the tracklist was put upside down. Were all the changes due to your feeling of not having it done right at the first time or did you also have to change some things you were still satisfied with in order to make them fit into the overall idea?

Andreas: When I set out to do this album all over again the only changes I had in mind were to make the songs and album as good as they possibly could be. The changes within the songs were needed to make them more straight to the point, cutting away pointless parts of music that didn’t really help the song. Some songs saw more changes than others, especially the long ones. The song „Requiem“ was originally almost 15 minutes long. I decided to change it into two individual songs. The first part of it would become a ballad with the same name, and the other part would be rewritten into a whole new song “Inside Memories” only keeping Ralf Scheepers vocal parts. There were several parts in the songs that I was very satisfied with to begin with but these parts didn’t work out for the best of the song, which meant that I had to remove them. The term “kill your baby” was very present in the rewriting and I think it worked out perfectly . The tracklist was put together out of a dynamic perspective. Lyrically, every song could be the opener and closer of the album. It didn’t screw up the concept.

HF: The new edition of “Memorial For A Wish” comes with the 2013 version of the album. Why? Are you confident that the new version will also the please the fans that fell in love with the first version?

Andreas: Some fans have grown to love the original version and out of respect for that I thought it was needed to include both versions. It is important to not bury the past even though I was not completely satisfied with the first version. I also think that by rewriting/rerecording an old album people want to hear the original ideas, hear the progress, what have been done to the music. What is better, what is worse etc.

HF: Thank you very much for the interview. We wish you all the best for the future.

Andreas: Thank you very much for having me in your magazine. It has been a pleasure.

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