Neverland – Dreamless (EP)

© Neverland

Geschrieben von Katja Maeting
Band: Neverland
Album: Dreamless (EP)
Genre: Metalcore
Plattenfirma: unsigned
Veröffentlichung: 29. September 2018

Welcome to Neverland – für mich als Disney-Fan definitiv der beste Satz, mit dem eine Band das erste Mal an die Öffentlichkeit treten kann. Wer von den fünf Jungs aus Süddeutschland jetzt allerdings einen etwas verkitschten Trickfilm-Soundtrack erwartet, liegt absolut daneben. Hier hätten Bambi, Arielle & Co wohl nur Spaß, wenn sie neuerdings auf Pit-Action stehen. Bleibt mehr Platz vor der Bühne für den Rest von uns.

Eine Bühne für einen Gig haben Neverland allerdings bisher noch nicht betreten, obwohl die Band eigentlich bereits seit Juni 2016 existiert. Stattdessen haben sich die Jungs dafür entschieden, mit einem umfassenden Gala-Auftritt öffentlich zu werden. Am 10. Juni diesen Jahres gab’s das erste Lebenszeichen auf Facebook, keine Woche danach veröffentlichten Neverland bereits ihre erste Single „Walls“ inklusive Video. Kurz darauf folgte die Ankündigung der EP „Dreamless“ für den 29. September und als Goldschleife für dieses Gesamtpaket feiern die Fünf am gleichen Tag ihre Release-Party (und gleichzeitig ihre erste Live-Show) als Opener für A Traitor Like Judas bei deren Abschiedstour-Stop in Neunkirchen. Da können sich die Jungs mit ihrer EP auch definitiv sehen lassen.

„Stigma“ schleicht sich als erster Track erst ganz langsam ins Ohr, um dann plötzlich eine fette Soundwand aufzubauen, an der einen die aggressiven Shouts zusammen mit der massiven Drum Arbeit vor sich herjagen. Kurze Verschnaufpausen bieten nur der clean gesungene Refrain und ein paar gitarrendominierte Zwischenspiele, die in ihrer Schnörkellosigkeit geschickt gesetzt sind, um die Härte nicht übermächtig werden zu lassen, diese aber niemals verwässern. Die erste Single „Walls“ besticht hingegen mit einer sehr melodischen Grundstruktur, auf die sich in den Strophen erstaunlich variantenreiche Shouts legen und mit einem Refrain, den man weder von der Melodie noch vom Gesang her so schnell aus dem Ohr kriegt. Die weitläufigen cleanen Passagen verleihen dem Song Eingängigkeit und Wiedererkennungswert, ohne das alles auf den Breakdown ausgelegt ist, an den sich hier als überraschender Effekt ein Moment des Chorgesangs anschließt.

Während man dann jetzt gerade noch denkt: okay, so klingen Neverland also, überraschen die Fünf beim nachfolgenden „Shanty“ mit einer komplett anderen Songstruktur. Beginnend mit einer dezenten Piano-Passage, treibt man hier erst einmal Richtung Post-Hardcore, was durch die Eröffnung im Klargesang noch weiter unterstützt wird, bevor sich eine druckvolle Strophe mit Shouts und passend kompakter Instrumentalarbeit anschließt. So entwickelt der Track einen faszinierenden Sog durch seinen wellenförmigen Wechsel zwischen melodischer Verletzlichkeit und druckvoller Dunkelheit, am perfektesten in Szene gesetzt in dem Moment, wo der Mann für die aggressiven Töne von Shouts in dunklen Klargesang wechselt und daran anschließend an der Schwelle zum Growling kratzt.

Bei „Smile“ verwenden Neverland eine ähnliche Struktur wie beim Opener „Stigma“, d.h. ein großer Anteil an Shouts und eine druckvolle Instrumentalarbeit dominiert den Song, auch wenn er deutlich melodischer ausgeprägt ist. Leider vermag es der Cleangesang diesmal nicht so richtig, ausreichend Akzente gegenüber den Shouts zu setzen, weswegen der Track nicht ganz so ausgewogen wirkt wie die anderen Stücke auf „Dreamless“.  „Eleven“ startet dann mit einem doppelten Überraschungseffekt, denn auf die an die Hochzeiten des New Wave angelehnte Melodielinie legt sich doppelter Klargesang, bevor die beiden Sänger wieder in die gewohnte Rollenverteilung wechseln. Hier können sich die Gitarren endlich mal richtig austoben und den Song mit ihrer treibenden Melodie ausgestalten, während Bass und Drums das rhythmische Grundgerüst entsprechend aufbauen. Der Verzicht auf einen deutlich herausgehobenen Breakdown trägt dabei noch zur Schnelligkeit und dem besonderen Charakter dieses Songs bei.

Ihr Grundrezept der, für eine so junge Band, erstaunlich ausgewogenen Mischung aus Härte und Melodie krönen Neverland mit einer Doppelbesetzung am Mikrofon, die heraussticht und Wiedererkennungswert hat, sowohl im gutturalen als auch im cleanen Bereich. Shouter Phil liefert die volle Bandbreite von dunkel über böse bis aggressiv ab und macht sich zudem sowohl bei Ausflügen in den Growl-Bereich als auch in cleanen Momenten äußerst gut. Mein persönlicher Liebling ist allerdings Clean Sänger Simon, der mit seiner markanten Stimme sofort heraussticht und endlich mal nicht den üblichen 08/15 Metalcore-Cleangesang abliefert, der bei vielen Bands oft als notwendiges Übel rüberkommt. Bei Neverland bekommt der Klargesang ausreichend Raum und Eigenständigkeit und die Songs gerade durch diese interessante Stimme noch etwas mehr Charakter. Wer sich musikalisch irgendwo zwischen Annisokay und den (neueren) Caliban wohl fühlt, sollte Neverland definitiv antesten.

Trackliste:
01. Stigma
02. Walls
03. Shanty
04. Smile
05. Eleven

Line-up:
Phil B – Shouts
Simon – Guitar/Vocals
Hendrik – Bass
Phil P. – Drums
Thomas – Guitar/Backing Vocals

Weitere Infos:
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