Geschrieben von Stefan Lorenzen // Fotos by Stefan Lorenzen
Ross The BossNo Playback Festival – Tag 1
DAS Festival von Fans für Fans was noch „echten“ Metal bietet öffnete am 28.04.2023 im beschaulichen Remchingen seine Pforten. Die Rahmenbedingungen sind super. Nach dem Einlass gegen 17 Uhr verschaffte man sich erstmal einen Überblick über das Merch Areal und man traute kaum seinen Augen. Von den Preisen die dort aufgerufen wurden, kann man auf manch anderen Festivals nur träumen. Alles ist halt Familiär gehalten und das merkt man der Stimmung vom ersten Tag her an. Alle, vom Veranstalter-Team bis zum Security-Team, sind immer nett und freundlich. Natürlich darf man auch die ehrenamtlichen Helfer vom DRK nicht vergessen, die sicherlich nur gelegentlich mal eingreifen mussten. Rangeleien oder ähnliches gab es nicht, nur um das mal vorwegzunehmen. Auch für das leibliche Wohl in Form von Speis und Trank war ebenfalls ausgiebig gesorgt.
Um 17:30 Uhr eröffneten dann die Speed Metal Verrückten von Hell Patröl das No Playback Festival 2023. Ich konnte diesen Vierer schon auf dem Full-Metal-Osthessen erleben und sagen, dass sie ihren Genreruf „Speedmetal“ wörtlich nehmen und schonmal ordentlich Vollgas gaben. Mit Songs wie „On the Edge“ wurde die Marschrichtung der nächsten zwei Tage vorgegeben. Die Jungs mussten sogar ohne ihren zweiten Gitarristen starten, da dieser im Stau feststeckte. Aber auch eben das zeichnet das No Playback Festival aus, das kurzfristig die Setlist ohne Umschweife etwas modifiziert wurde. Zur Hälfte des Sets stieß dann der zweite Gitarrist zur Band dazu.
Weiter ging es mit wahren Exoten auf dem Festival. Mit Savage Existence gaben 5 Jungs aus Costa Rica ihr Stell dich ein, die mit ihrem Groove-Death Metal die härtere Fraktion bediente. Auch diese wurden gebührend empfangen und konnten mit ihren Songs wie „Leap of Faith“ neue Fans gewinnen und zeigten sich dann auch später am Merch Stand sehr Fan nah.
Die nächste Band auf dem Billing ist ein Trio aus Brooklyn und hört auf den Namen Sanhedrin. Diese spielt Hard Rock und Metal der alten Art. Man könnte sie fast mit Motörhead vergleichen. Natürlich ist das ein hinkender Vergleich, da ja eine Sängerin beim Trio die Noten zum Besten gibt. Musikalisch könnte man sie z.b. auch bei „Die Trying“, Iron Maiden zuordnen. Eine energiegeladene Performance die unverwechselbar ist.
Langsam nähert man sich der besten Prime Time und wir nähern uns Bandtechnisch, heimischen Gefilden. Mit der Thrash Metal Formation Rezet aus Hamburg, wurde wieder richtig Fahrt aufgenommen. Die Jungs erfinden den Thrash Metal nicht neu aber haben eine Menge Energie und mit Songs wie „Minority Erazer“ richtig heiße Eisen im Feuer. Ein Bandmitglied durfte sogar gleich doppelt auf dem Festival auftreten. Basser Lorenz ist am Samstag dann mit Traitor wieder zu hören.
Der Abend schreitet weiter fort und ein weiteres Quintett schießt seinen traditionellen Heavy Metal durch die Boxen. Die aus Polen stammenden Crystal Viper warten ebenfalls mit weiblichem Gesang auf. Der harmonische Gesang passt wunderbar zu Songs wie „Still Alive“ und hat feine Melodien im Köcher.
Als nächstes wartet der Headliner des ersten Abends auf seinen Auftritt. Dieser gebührt keinem geringerem als Ross the Boss, der in den 80ern seine Äxte für Manowar schwang. Was soll man über jemanden schreiben der den Heavy Metal zu der Zeit so dermaßen geprägt hat. Songs wie „Blood of Kings“, „Wheels of Fire“ oder „Battle Hymn“ sind wohl jedem eingefleischten Heavy Metal Fan ein Begriff. Und dementsprechend wurde der Abend mit viel Pathos und reichlich Heavy Metal beendet.
Der erste Tag ist damit Geschichte und man sieht nur zufriedene und glückliche Gesichter. Egal mit wem man gesprochen hat, waren sich alle einig das es eine sehr ausgewogene Mischung an Bands und Genres war.Noch dazu konnte man so gut wie jeden Musiker an einem der Merch stände treffen und sogar auch noch welche die ihren Auftritt erst noch vor sich hatten. Keine sperrigen Zäune oder VIP-Bereiche. Das war Musiker und Metal zum Anfassen. Wie der zweite Tag war erfahrt ihr im nächsten Bericht.
No Playback Festival – Tag 2
Tag 2 des Festivals startete etwas früher als am ersten Tag, da ja auch eine Band mehr spielen durfte. Dieses Mal öffneten sich die Pforten bereits um 15 Uhr. Auch dieses Mal wurde erstmal das Merch Areal unter die Lupe genommen und mit einigen bekannten Gesichtern Meinungsaustausch über den gestrigen Tag betrieben.
Gleich zu Beginn gab es richtig was auf die Ohren. Mit dem aus Siegen stammenden Quintett Act of Creation wurde einem eine brutale Mischung aus Thrash und Melodic Death Metal um die Ohren gehauen. Verstärkt wurde das Ganze noch durch das Growlen von Sängerin Jess. Die ein wahrer Wirbelwind auf der Bühne ist. Bei Songs wie „Sector F“ wird die ganze Bandbreite der Band aufgezeigt.
Weiter ging es mit dem stadionreifen 80er Jahre Heavy Metal von Tarchon Fist. Sie stachen nicht nur mit ihrem Outfit am heutigen Tage heraus. Ihre Songs mit Ohrwurmcharakter waren heute die einzigen mit softerem Charakter. Gleichzeitig wurde am Vortag ihr neues Album „The Flame still burns“ veröffentlicht, das zum ersten Mal Live präsentiert wurde. Songs wie „Soldiers in White“ erinnern da stark an Iron Maiden.
Es folgt die erste Band, die sich gerade auf ihrer Abschiedstournee befindet und zum Ende des Jahres ihre Äxte strecken. Contradiction sind seit 34 Jahren im Geschäft und servieren knallharten Thrash-Metal. Auch sie spielten bereits auf dem Full-Metal-Osthessen und verteilten das volle Brett. Weiterhin waren sie schon mit dem who des who der Metal Szene unterwegs und hat schon so gut wie auf jedem größeren Festival gespielt. Songs wie „The Warchitect“, „Hate Patrol“ oder „Voice of Hatred“ schallten zum ersten und letzten Mal durch die Boxen in Remchingen.
Wenn man so in die Runde schaute, folgt danach das „Heimspiel“ der Local Heroes von Traitor. Diese haben sich stetig weiter in der Gunst der Fans nach oben gespielt. Spätestens seit der Dokumentation „Total Thrash“ sind sie in aller Munde. Ihr brutaler Thrash-Metal läßt die Menge richtig durchdrehen und sorgt für den ersten Moshpit an diesem Tag. Mit Songs wie „Exiled to the surface“, „Venomizer“ oder dem Klassiker „F.U.A.D.“ zeigen die Jungs wo der Hammer hängt. Das war richtig fett Remchingen.
Nicht weniger hochklassig geht es mit dem nächsten Act weiter. seit nun mehr 44 Jahren sind Vicious Rumors auf der Bühne unterwegs und nach einer kleinen Odysee haben sie es endlich zum No Playback Festival geschafft.
Die Mannen um Geoff Thorpe, der noch als letztes Gründungsmitglied verblieben ist und auch sonst bei diversen wechseln im Line-Up die einzige Konstante war, knallten den Metalheads klassische US-Metal-Riffs um die Ohren. Bei Songs wie „Abandond“, „Hellraiser“ oder „Don´t wait for me“ war die Menge immer voll dabei und feierte die Band gebührend ab.
Momentan in aller Munde sind Holy Moses, die nach dem Chart Erfolg ihres neuesten Lonplayers „Invisible Queen“ nochmal auf eine letzte Tour gehen, bevor dann zum Ende des Jahres entgültig Schluss ist, nach 43 Jahren feinstem Thrash/Death Metal. Sabina Classen, die als erste Sängerin in diesem Genre gilt, und ihre Mitstreiter ballerten noch einmal eine volle Breitseite in das Remchinger Publikum und ließen dabei kein Stein auf dem anderen. Im Saal wurde nochmal richtig abgebangt und gepogt zu Songs die quer durch die gesamte Schaffensphase gingen.
Den Abschluss des Festivals bildeten keine geringerer als die NWOBHM Legenden Raven. Und was soll man zu solchen Legenden sagen, die die gesamte Metalwelt so beeinflußt haben. Immerhin tourten sie Anfang der 80er mit Metallica auf der „Kill ´em all for One“ Tour. Ihr Auftritt sollte noch ein ganz besonderes Highlight bereithalten. Neben neueren Songs wurde das komplette Album „All for One“ in seiner Reihenfolge gespielt. Was die Gallagher Brüder mit ihren über 60 Jahren auf die Bühne zauberten, ließ den einen oder anderen mit offenem Mund dastehen. Die komplette Bühne
wurde gerockt und betanzt. Da kann sich manch „Youngtimer“ eine Scheibe abschneiden. Neben Klassikern wie „Rock Until you Drop“ und „Faster than the speed of Light“ wurde eben das komplette Album „All for One“ zum Besten gegeben, was die noch vorhandene Menge, leider lichtete sich diese nach Holy Moses etwas, mit frenetischem Jubel aufnahm.
Damit geht ein richtig cooles kleines Festival zu Ende welches am Freitag 600 Gäste und am Samstag 700 Gäste begrüßen durfte. Fans sollten sich auf jeden Fall den 19. und 20. April 2024 vormerken. Da wird die sechste Auflage wieder in Remchingen stattfinden. Also auch alle Metalheads von außerhalb der Region einen Kurzurlaub einplanen und neben dem Festival auch noch ein Stück vom Schwarzwald genießen. Meine persönlichen Highlights waren Rezet, Traitor und Raven. Auf bald und ein riesen DANKE SCHÖN an das Team rund um Veranstalter Matthias Häcker für dieses familiäre Kleinod.