NOAF 2017 – Rheinhessen wie es singt und kracht…

(oder – Warum hier die Uhren etwas anders ticken)


Geschrieben von: Marco Gräff – Fotos by gräffiX

Neuborn – Wörrstadt. HEY NOAF! hieß es dieses Jahr bereits zum 13. Mal. Seit 2005 veranstaltet die Verbandsgemeinde Wörrstadt dieses kleine Festival, was ursprünglich als soziales Jugend-Projekt gedacht war. 2008 wurde den Veranstaltern sogar der „Sonderpreis für ein herausragendes Jugendprojekt“ vom Landesinnenministerium Rheinland-Pflaz verliehen. Seitdem hat das Festival nichts von seinem Charme und der familiären Atmosphäre verloren. Fast 300 ehrenamtliche Helfer sorgten wie schon im letzen Jahr dafür, dass das Neuborn Open Air Festival (NOAF) mit fast 5000 Besuchern kurz vor „ausverkauft“ stand.

Für 38€ hatte man dieses Mal die Möglichkeit an zwei Tagen 15 Bands live zu sehen, zu campen oder Sonntags ins nahegelegene Neuborn-Bad schwimmen zu gehen. Das Line-Up ist seit jeher bunt gemischt und so gab es auch 2017 vom Retrorock über Thrash zu Hardcore und Doom Metal für jeden Freund der harten Klänge was zu genießen.

Den Anfang machten am Freitag bereits um 15 Uhr die Österreicher IGEL VS. SHARK. Das gemischte Trio spielte bereits als Support für AC/DC und AIRBORNE. Auf dem NOAF konnten sie mit ihrem Hard Rock ’n‘ Roll zu Beginn zwar erst nur 40 Gäste vor die Bühne locken, was der Stimmung aber nicht Schaden sollte.

Einfacher hatten es da schon DUST BOLT aus Bayern. Die junge deutsche Thrash Nachwuchshoffnung konnte schon weit mehr als 100 Metaller vor die Bühne locken. Energiegeladen brachten sie die Menge zum moshen und headbangen und zeigten eine wahre Spielfreude. Ein erster Hinweis auf die hohe Qualität an Bands, die das NOAF mittlerweile anzieht.

NASTY aus Belgien konnte noch mal mehr Gäste animieren. Ihr Mix aus aggressiven Hardcore und stilprägenden Beatdown war mit das Härteste, was mir an diesem Wochenende um die Ohren flog. Sänger Matthias agierte wie ein Besessener über die Bühne, heizte das Publikum permanent an und scheute sich auch nicht politische Ansagen zwischen den oftmals direkten Songs zu streuen. Wie sehr die Band sich freute hier zu spielen, wurde mehr als einmal deutlich. Eine Show mit ordentlich Dampf, bei der man der Band jede Sekunde anmerkte wieviel Spaß sie an dem Gig hatten.

Mit BULLET trat dann ein Vertreter des traditionellen Heavy Metal auf die Bühne. Die Schweden hatten die Show schon begonnen, als urplötzlich der Abbruch erfolgte und die gut 600 Gäste Richtung Zelt flohen. Der Himmel öffnete sich und gab Unmengen von Wasser frei. Blitze krachten und  der Sturm wehte auf dem Campingplatz mehrere Zelte und Pavillons umher. (Wer mein Pavillon gefunden hat, darf es gerne behalten 😉 Anm.)
Nach nicht mal 15 Minuten war das Unwetter vorbei und die Aufräumarbeiten begannen. Mit knapp einstündiger Verspätung konnten BULLET dann endlich beginnen. Den Fans hatte das Wetter nicht sonderlich zugesetzt und feierten mit der Band einen gekürzten aber nicht minder gut gelaunten Gig.

Pünktlich zur Dämmerung traten dann die von mir sehnlichst erwarteten CROWBAR auf die Bretter. Mittlerweile war es gut voll auf dem NOAF-Gelände. Was die Amerikaner aus New Orleans aus den Boxen feuerten war ein wahres Freudenfest für Freunde des gepflegten Sludge/Doom Metal. Das hatte ordentlich Druck und machte einfach nur Spaß. Mit Nackenbrechern, Stampfern und Riffmonstern war Abwechslung garantiert! Ein echtes Highlight am frühen Abend.

Sólstafir sollten das aber noch toppen. Die Isländer sparten zwar am Licht, aber nicht am unfassbaren Sound, der wie ein dichter, melancholisch, psychedelischer Klangteppich über die Menge schwebte. Startete die Band die Karriere noch als Black Metal Act, zelebriert man heute eine geniale Mischung aus Psychedelic, Black, Post und Doom Metal die ihresgleichen sucht. Nicht nur ich war begeistert von der Darbietung. Auch das Publikum wusste das zu schätzen.

Der abschließende Headliner dieses ersten Tages stammte wiederum aus Schweden. Die Melodic Deather von SOILWORK sollten für den finalen Abriss sorgen. Und das gelang ihnen außerordentlich. Es fanden nochmal ein paar Leute mehr vor die Bühne und die feierten ohne Ablass und Ermüdungserscheinungen. Auch hier wurden keine Gefangenen gemacht. Die Band gab noch mal alles und verlangte den 3.000 Feiernden alles ab. Ein würdiger Abschluss.

Der Samstag begann dann erst mal mit Regeneration und Aufräumarbeiten. Mein Pavillon war vom Winde verweht, das Zelt war nass, der Schlafsack durchgeweicht und um uns herum sah es teilweise aus wie auf dem Schlachtfeld. Zeltplanen, Gestänge und Rohre, Bierdosen und Alkoholleichen. Der normale Festivalwahnsinn eben.

Um 13:45 sollte die erste Band des Tages schon eröffnen. Also zeitig runter aufs Gelände. Viel war noch nicht los, vor der riesigen Schanktheke und dem Essbereich sammelten sich ein paar Gestalten. Hier sollte erwähnt werden, dass das kulinarische Angebot einiges zu bieten hat (neben den Standards Wurst, Pommes, Steak auch unter anderem ein veganer Eintopf und Reibekuchen) und das alles zu fairen Preisen. Das setzt sich bei den Getränken fort. (Bier für 2,50€, Wasser für 1,50€ – 0,4l wohlgemerkt.) Plus einen Euro Pfand für die schönen Becher. Etwas gestärkt ging es dann zum ersten Act des Tages.

Die Mainzer FAR FROM READY hatten den schweren Part des Openers. Die drei Jungs machten ihre Sache aber ordentlich und schüttelten den paar Besuchern vor der Bühne mit ihrem Alternative / Heavy Rock gehörig den Schlaf aus den Gliedern. Ihre gesunde Mischung aus Rock, Metal und vereinzelt Blues kam gut an, kein Wunder, hatten sie ihre eigene Fanbase mitgebracht.

Mit ANIMAL BIZAARE stand danach ein weiterer regionaler Act auf der Bühne. Und als Wiesbadener mussten sie sich dann auch ein paar übliche Witze gefallen lassen. Die noch junge Band gewann im Vorfeld den vom NOAF ausgerufenen Bandwettbewerb und ergatterte sich somit einen Slot im diesjährigen Line-Up. Sie dankten es mit Spielfreude und guter Laune. Trotz anfänglicher technischer Probleme konnte der Mix aus Stoner, Blues und Heavy Rock durchaus gefallen.  Trotz der mittlerweile brennenden Sonne ging das Publikum ordentlich mit.

I’LL BE DAMNED aus Dänemark knüpften nahtlos an und begeisterten das rasch wachsende Publikum mit Heavy Rock ’n‘ Roll, gespickt  mit einer guten Portion Alternative Rock. Sänger Stig Gamborg spielte mit dem Publikum und lies es sich auch nicht nehmen gegen Ende ein Bad in der Menge zu nehmen.


Ganz andere Töne schlugen dann die Schweden von HORISONT an. Retrorock der 70er wurde nicht nur musikalisch geboten. Denn auch optisch fühlte man sich in die Zeit der freien Liebe zurückversetzt. Schlaghosen, wallende Mähne und stilechte Schnurrbärte. Dazu ein Schuss klassischen englischen Heavy Metal der 80er und fertig ist die Reise in die gute alte Vergangenheit. Das Publikum wurde auch hier nicht müde. Und gegen die immer stärker scheinende Sonne spendierte der Veranstalter kleine, kurze Regenduschen am Bühnenrand. Eine willkommene Abkühlung.

Den folgenden Part hatten ursprünglich (wieder einmal  Schweden) Adept inne. Diese mussten aber leider zwei Tage zuvor absagen. Den Ersatz den man in Rekordzeit finden konnte kam dann aber auch nicht, da deren Management die Termine durcheinander brachte. So kamen die jungen Musiker von NIOR zum Zuge. Die Metal (Core) Band aus Mönchengladbach konnte schnell das Publikum gewinnen und durften sich auch über reißenden Absatz am Merchstand freuen.

Dann wurde es langsam richtig voll im Infield. Die Thrasher HAVOK aus den USA  betraten die Bühne. Und von Anfang an war Leben in der Bude. Der Vierer fackelte ein Highlight nach dem anderen ab und die Meute dankte es mit Circle Pits, Headbanging und frenetischen HAVOK-Rufen. Die Band strotzte vor Energie und Spielfreude, sogar die Snaredrum musste zwischenzeitlich getauscht werden, da sie dem Ganzen nicht standhielt.  Havok waren für mich ganz klar der heimliche Headliner an diesem Samtag.

Nicht weniger impulsiv hauten dann die Kalifornier von IGNITE in die Saiten. Ihre Show zündete von Anfang an und die Band überraschte nicht nur mich mit ihrem Mix aus Punk und Melodic-Hardcore. Sänger Zoli Teglas verstand es erneut das Publikum zu Begeistern. Nicht nur mit seine Ansagen die zum Nachdenken anregten, nein auch mit klaren Meinungen zu gewissen Staatsoberhäuptern jenseits des Atlantiks oder all den Hatern die ihren Senf zu kürzlich verstorbenen Sängern geben mussten. Am meisten konnte er aber mit seiner Wahnsinnsstimme begeistern. Highlight dann  die Interpretation von U2’s Klassiker „Sunday Bloody Sunday“. DAS musst du erst mal singen können! Geile Show!

Dann war es endlich so weit. Mein persönliches Highlight auf das ich mich fast ein Jahr freuen durfte. Die Gothic/Doom Metaler PARADISE LOST beim NOAF. Man sagt Sänger Nick Holmes ja nach, dass er öfter mal keinen Bock auf der Bühne hat. Das konnte ich leider stellenweise bestätigen. Zwar machte er seine berüchtigten Witze, etwa über das deutsche Bier oder das Wetter bei der Anreise, gesanglich hatte er einen wohl schlechteren Tag erwischt. Es klang beileibe nicht mies, doch kann er mehr als an diesem Abend gezeigt wurde. Mit zehn Minuten Verspätung betrat Greg Mackintosh als erster unter Beifall die Bühne und stimmte den Opener ihres 2015er Werkes (The plague within) „No hope in sight“ an. Das Publikum war sofort da. Mit „Pity the sadness“ (vom Album „Shades of God“, 1992) hatte man das Publikum komplett auf seiner Seite. Die folgenden Songs boten einen perfekten Querschnitt der mittlerweile 15 Alben. Am besten kamen dennoch die alten Klassiker wie „Gothic“, „As I die“ oder „Embers fire“ bei den Fans an. Auch zwei Songs vom neu, am 01.09. erschienenen Album „Medusa“ fanden in die Setliste. Leider war nach gut einer Stunde schon Schluss. Mit drei Zugaben kamen die fünf Düstermänner noch mal auf die Bühne um mit „Enchantment“, „Beneath broken earth“ und „The last time“ dem Publikum den Rest zu geben. Der Abgang war dann Nick Holmes typisch – kurz und knapp. Als müsse er dringend weg. Leider ein bitterer Nachgeschmack zu einem dennoch geilen Konzert! Die anderen vier Bandmitglieder hatten sichtlich ihren Spaß.

Dann war es auch leider schon vorbei, das NOAF 2017. Moderator „Zahni“ bedankte sich artig bei allen Besuchern, den Bands und den vielen ehrenamtlichen Helfern und blickte etwas wehmütig auf die letzten beiden Tage. Dennoch gab er schon einen kleinen Ausblick auf das kommende Jahr und konnte mit ORDAN OGAN schon die erste Band für 2018 verkünden.
Was bleibt war mal wieder ein feucht-fröhliches Wochenende mit geiler Musik, perfektem Sound, gemütlichem Ambiente und einer familiären Atmosphäre die es so in der deutschen Festivallandschaft wohl kaum ein zweites Mal gibt. HEY NOAF! Danke dafür! Weiter so – wir kommen wieder!

Mehr Infos:
Neuborn Open Air Festival Homepage
NOAF auf Facebook

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