Geschrieben von Dirk Draewe
Band: Operation Cherrytree
Album: Scum and Honey
Genre: Alternative Rock / Rock
Plattenlabel: Noizgate Records
Veröffentlichung: 24.11.2017
Es immer wieder faszinierend, was uns so als CD’s ins Haus schneit. Dieses mal ist es die Debüt-Scheibe des aus Bielefeld stammenden Quartetts Operation Cherrytree. Ganz unvoreingenommen lege ich den Silberling in meinen Player und eigentlich wollte ich nach den ersten Songs schon die Stopp-Taste drücken, aber irgendwas war da, was mich fesselte. Am Ende drückte ich dann wieder Repeat und mit jedem Durchlauf, gefiel mir der Silberling mehr. Währenddessen las ich mir das CD-Booklet durch und recherchierte im Internet und was die Plattenfirma über die Band an Infos für mich übrig hat.
Noizegate Records beschreibt den Sound mit „eine gute Dosis Seattle-Attitude, Bay-Area-Lässigkeit, ein bisschen Texas-Blues, Lebensart, Schwermut, Nostalgie, Aufbruchsstimmung, Experimentierfreude. Mal stinksauer, mal melancholisch, mal wunderschön. Immer unkonventionell, voller leidenschaftlicher Riffs, packender Beats, pulsierender Grooves und furioser Soli.“, besser könnte ich es nicht beschreiben. Für mich klingt die Story der Scheibe wie ein echtes Roadmovie, vier Weltenbummler, alle musikverliebt, die das Schicksal irgendwo in Norwegen zusammenführt… Der Stoff könnte auch das Drehbuch zu einer Musik-Doku sein und zwar zu einer verdammt gute Doku. Nicht auszudenken, wenn das Schicksal die Jungs nicht zusammen geführt hätte.
Los gehts mit „Nighthike In The Woods“, einem sphärisch klingenden Song der mit Fingerpicking, Vogelgezwitscher und teils elektronisch verzerrter Stimme von Wyno startet. Anfänglich gewöhnungsbedürftig und wenn man in einer Depri-Phase ist, vielleicht nicht gerade hörenswert. Aber dann nimmt der Song an Fahrt auf und die Vocals kommen druckvoll aus der Anlage. Es folgt mit „The Dawn“ ein Song, bei der Wyno scheinbar seine ganzen Ängste ins Mikro brüllt. Besonders hörenswert ist dieser Song aber aufgrund der ständige Wechsel zwischen den Schreien, sanften Akkustikklängen und angenehmen Blues-Gesang.
Deutlich schneller ist „Generation Fear And The Rats“, der mit einem tollen Solo-Part von Sieks begeistert und mit einem Hauch von Doom-Metal endet. Danach wird es romantisch und gleichzeitig ist „Colourful Bird“ mit seinen ständig wechselnden Vocals von clean, über Wisky-gewschwängert bis hin zu hohen Oktaven, eine sehr interessante Mischung. Den Song „Black Is Black“ zu beschreiben fällt mir schwer. Geprägt von sich ständig wiederholendem Refrain, durchbrochen mit Blues-Anteilen, macht Euch da am besten selbst ein Bild. Genauso wie bei „Kings And Crowns“, der für mich irgendwie in kein Raster zu packen ist.
Bei „That Is True“ wird es wieder sphärisch und experimentel. Gerade die sphärisch klingende Stimme von Wyno auf dieser Scheibe erinnert mich immer wieder kurz an David Bowie. Danach brummt der Song „Blurring Shadow“ nur so aus meinen Lautsprechern. Sehr blueslastig und die Stimme im wechselt zwischen ganz sanften, ja fast zarten Tönen um dann wieder rotzig rausgebrüllt zu werden. Der Song „Minus Hero“ startet rockig, die Gitarren mit leichtem Gain, aber die Stimme ist stellenweise sehr gewöhnungsbedürftig. Letztendlich ist es dann doch wieder ein toller Song, dessen Takt eine zum mitwippen animiert und mich ein bisschen an „Schools out“ von Alice Cooper erinnert.
Beim Song „Today“ (Video) hat sich die Band stimmliche Unterstützung von Björn Eric Brodner, der die Scheibe auch produziert hat, geholt. Deutlich hört man dessen Stimme raus, mir persönlich passt sie leider nicht so in das Gesamtwerk, aber Wyno’s Stimme rettet dann doch den Song. Es folgt der sehr experimentel anmutende Titelsong „Operation Cherrytree“, der mich leider nicht so überzeugen kann. Fast kommt es mir so vor, als ob die Band einfach drauf los gejammt hat und irgendwie eine Song draus gemacht haben. Ganz andere Töne, fast meint man es wäre eine andere Band, erklingen schließlich beim letzten Song „The World Is Too Fast“. Ganz dominant dabei das Cello-Spiel von Patrick Urban, welches diesen Song stilistisch wirklich völlig aus dem bisher gehörten hebt. Zugleich ist das auch der ruhigste Song, ja fast möchte man meinen der „Rausschmeißer-Song“, aber irgendwie passend zum Abschluss.
Abschließend kann ich sagen, dass es mir fast so vor kommt, als hätten Operation Cherrytree in den Songs all das was sie in ihrem Leben schon durchgemacht haben, verarbeitet. Selten habe ich eine so abwechslungsreiche Scheibe gehört und ich glaube genau deshalb habe ich es nicht übers Herz gebracht, den CD-Player auszumachen. Wer Bock hat, nicht nur musikalischen Einheitsbrei anzuhören und auch mal gern was neues und einzigartiges hören möchte, dem kann ich die Scheibe wirklich ans Herz legen.
LineUp:
Wyno (vocals)
Sieks (guitars)
Jansen (bass)
CH (drums)
Gastmusiker:
Patrick Urban (Cello bei „Colourful Bird“, „Blurring Shadow“ und „The World Is Too Fast“)
Till Sadlowski, Johannes Gerber (additional vocals bei „Black Is Back“)
Björn Eric Brodner (Accordion bei „Kings And Crowns“ und additional lyrics & vocals bei „Today“)
Trackliste:
1. Nighthike In The Woods
2. The Dawn
3. Generation Fear And The Rats
4. Colourful Bird
5. Black Is Back
6. Kings And Crowns
7. That Is True
8. Blurring Shadow
9. Minus Hero
10. Today
11. Operation Cherrytree
12. The World Is Too Fast
Mehr Infos:
http://www.operationcherrytree.com/
https://www.facebook.com/Operationcherrytree/