Geschrieben von Oliver Heberling
Artist: Our Survival depends on us
Album: Melting the ice in the hearts of men
Genre: Epic Post Rock
Plattenfirma: Ván Records
Veröffentlichung: 08. Februar 2019
MELTING THE ICE IN THE HEARTS OF MEN ist das vierte mit extralangem Titel versehene Album der österreichischen Epic Post-Rocker OUR SURVIVAL DEPENDS ON US. Nach Scouts on the borderline between the physical and spiritual world damit das zweite, das bei Ván Records erscheint. So lang wie der Titel sind auch die Songs, denn das 46-minütige Album besteht gerade einmal aus vier Liedern.
Der Opener „Galahad“ ist benannt nach dem reinen Ritter innerhalb der Tafelrunde, der gleichzeitig Lanzelots Sohn ist und auf den die Band das Verhalten der Menschen heutzutage rückbindend in Frage stellt. Im Interview mit Andreas Schulz erklärt Sänger und Gitarrist Mucho, weshalb OUR SURVIVAL auf diese Form der mystischen und mythologischen Metaphorik zurückgreifen:
„Wenn man dem Menschen etwas über die Realität erzählt, nimmt er es oft nicht an. Wir sind als Menschen sehr darauf gedrillt, dass wir mystische oder mythologische Sinnbilder oder größere Dimensionen brauchen, um etwas im wahren Leben verstehen zu können.“ (Deaf Forever Nr. 2/19)
Nach dem mythologischen Einstieg mit „Galahad“ werden OUR SURVIVAL bei „Gold and silver“ und „Song for the lower classes“ inhaltlich deutlich direkter gesellschaftskritisch. Ohne Geld ist in unserer Zeit kein Leben möglich. Diesen monetären Strukturen zu entfliehen kaum noch möglich. So lautet die an sich simple Message, die auf die Fallstricke eines umso komplexeren Gesellschaftssystems hinweist, das sich gegen den Menschen als sozialem Wesen wendet. Mit „Sky Burial“ findet MELTING THE ICE dann noch einen psychedelisch-instrumentellen Abschluss.
Musikalisch folgt das Album einer klassischen Dramaturgie mit Exposition, Höhepunkt und Schluss. Der experimentelle Post Rock von OUR SURVIVAL ist nichts für kurzweiligen Hörgenuss, bleibt bei genauerer Betrachtung aber umso stärker in Erinnerung. Der Gesang von Primordial-Fronter Alan Averill bei „Galahad“ bleibt genauso nachhaltig hängen, wie das gebetsartige „Down we go, we are so very very low“ in „Song for the lower classes“. OUR SURVIVAL setzen insgesamt nicht nur textlich gesellschaftskritisch an, sondern auch musikalisch.
Wer MELTING THE ICE in seiner spirituellen Vielfalt erschließen und wertschätzen will, der muss sich der auf Schnelligkeit und Wandel ausgerichteten Spotify-orientierten Musikindustrie zumindest für 46:34 Minuten entziehen und sich diesem Album hingeben. Dabei wird kein fantastischer Eskapismus erzeugt, der einen die Realität vergessen machen soll, sondern vielmehr eine Rückwirkung auf diese erzeugt, die nachhaltig nachdenklich stimmt. Bands wie OUR SURVIVAL führen mir dabei gleichzeitig auch immer wieder die Krux des Rezensierens vor Augen, das ebenfalls eine Form der Kurzweiligkeit musikalischen Genusses mit sich bringt und eine gebührende Bewertung von Alben wie MELTING THE ICE immer wieder zur Herausforderung macht.
Von mir gibt es 9,5 von 10 Hellfire-Punkten.
Tracks:
01 – Galahad
02 – Gold and silver
03 – Song for the lower classes
04 – Sky burial
Line-Up:
Mucho Kolb – Vocals, Guitars
Thom Kinberger – Vocals, Guitars
Barth Resch – Bass, Vocals
Hajot Gmeilbauer – Keys
Thomas Apfelthaler – Drums
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