Band: Ozzy Osbourne
Album: Patient Number 9
Genre: Heavy Metal
Plattenfirma: Epic International (Sony Music)
Veröffentlichung: 09.09.2022
Das nächste Hellfire Crossfire war fällig; und zwar Ozzy Osbournes neues Album „Patient Number 9“.
Bevor sich unser Team das Album vorgenommen hat, war nicht abzusehen, dass die Meinungen über das neuste Werk des Madman derart weit auseinandergehen. Aber lest selbst.
Klaus Saalfeld:
Ach ja, der Ozzy. Für mich immer wieder erstaunlich, dass der Mann, nach allem war er erlebt und eingeworfen hat, im zarten Alter von dreiundsiebzig Jahren und an Parkinson erkrankt, immer noch Alben aufnimmt. Zugegeben, ich gehöre trotz diverserer Klassiker wie „Paranoid“, „Iron Man“ oder „Crazy Train“ nicht unbedingt zu seinen aller größten Fans, da konnte ich Black Sabbath/Heaven And Hell mit Dio am Mikro doch wesentlich mehr abgewinnen. Und auch sein 2020 erschienenes Album „Ordinary Man“, auf dem Genre-fremde Künstler wie Elton John, Post Malone oder Travis Scott zu hören waren, löste bei mir nicht gerade Begeisterungsstürme aus.
Für sein nunmehr dreizehntes Solo-Album hat sich der Madman illustre Gäste wie Jeff Beck, Zack Wylde, Mike McCready, Eric Clapton und Tony Iommi (!) an Bord geholt, die ihn tatkräftig unterstützen. Doch auch diese können nicht verhindern, dass „Patient Number 9“ eher im Mittelfeld der Veröffentlichungen landet. Denn vieles von dem, was sich unter den dreizehn Tracks befindet, wirkt irgendwie beliebig, um nicht zu sagen austauschbar. Natürlich gibt es Nummern wie den Titeltrack oder das zumindest partiell ein wenig Dynamik verbreitende „Mr Darkness“, denen man vielleicht eine weitere Rotation im Player gönnt. Doch Songs dieser Couleur sind leider in der Minderheit. Dem gegenüber stehen Tracks wie das balladeske „A Thousand Shades“ oder das einschläfernde „God Only Knows“, die ohne groß Aufmerksamkeit zu erregen an einem vorbeirauschen, dafür verfügen die Songs einfach über zu wenig Substanz.
Die Produktion ist so Furz-Trocken und steril, dass man am liebsten zur nächsten Wasserflasche greifen und sich abduschen möchte. Auch der Gesang unseres Ozzy scheint unter den gegebenen Umständen nicht mehr das zu sein was es mal war, zumindest wirkt das Ganze hier und das ein wenig arg quäklich. Bei „No Escape From Now“ klingt der gute Mr. Osbourne, als hätte man ihm eine Tonne über den Kopf gestülpt, und dieses total verzerrt/blecherne Etwas beim völlig überflüssigen, glücklicherweise nicht mal zwei Minuten langen „Darkside Blues“ grenzt schon fast an Zumutung! Positiv zu vermerken sind die Beiträge der beteiligten Gitarristen, von denen man einige, ohne auf die Info zu schauen, problemlos heraushört.
Für mich ist „Patient Number 9“ ein höchst durchschnittliches Album geworden, dass es meiner Meinung nach nicht wirklich gebraucht hätte. Vielleicht wird es auch für Ozzy langsam an der Zeit, sich musikalisch aufs Altenteil zurückzuziehen und das Zepter an Jüngere Rocker zu übergeben.
Von mir gibt es 5 von 10 Hellfire-Punkten
Gernot Sieger
Denn totgesagte leben länger! Eigentlich hat sich Ozzy Osbourne durch exzessiven Alkohol und Drogenkonsum schon so oft an die Schwelle des Todes gebracht, dass man es kaum noch zählen kann, und trotzdem lebt er und wirkt fitter und kreativer denn je. Das beweist er eindrucksvoll mit seinem neuen Album, Patient Number 9, welche mir hier vorliegt.
Wird der durchschnittliche Ozzy Fan hier perfekt bedient? Ja, jein, nein… schwierig zu beantworten. Das Album ist schon Ozzy Osbourne, und doch ist es ganz anders als erwartet. Direkt der Titelsong, ein 7 Minuten dauerndes Stück, Patient Number 9, erinnert klar und eindeutig an die alten Zeiten von Ozzy bei Black Sabbath. Die Tracks 2 bis 4 sind dann genau das, was der geneigte Ozzy Fan erwartet, getragen, hart, rotzig, frech. Mit One Of Those Days kommt dann aber eine ganz andere Seite zum Vorschein, sanft, melodisch, fast AOR tauglich. Und so geht es dann einige Songs weiter, ehe es wieder im alten Ozzy Osbourne Stil gipfelt. Der letzte Song des Albums, Darkside Blues, ein ruhiger Blues Song wirkt fast deplatziert.
Wenn man sich die Liste der Gastmusiker anschaut (Zakk Wyld, Eric Clapton, Mike McCready (Pearl Jam), Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Taylor Hawkins (Foo Fighters),Robert Trujillo (Metallica), Duff McKagan (Guns n’ Roses), Chris Chaney (Jane’s Addiction), Tony Iommi), versteht man allerdings das sehr differenzierte Songwriting. Es ist anzunehmen, dass die einzelnen Musiker auch Einfluss auf das Songwriting genommen haben. Der Vorteil von Ozzy ist, dass er sich nicht mehr beweisen muss, er ist ein Ikone. Das Album in sich ist stimmig, es sind keine Ausfälle zu verzeichnen. Die Produktion passt zum Stil von Ozzy, dreckig, ungeschliffen.
Bei Patient Number 9 handelt es sich um ein erstklassiges Rock und Metal Album, kreiert und präsentiert vom King Of Madness. Denn Totgesagte leben länger!
Von mir gibt es 10 von 10 Hellfire Punkten!
Mathias Keiber
Zu Ozzy habe ich ein gespaltenes Verhältnis. Einerseits sind da die ersten sechs Alben mit Black Sabbath. Nicht nur die Ursuppe des Heavy Metal, sondern eine qualitativ fast schon beispiellose Serie.
Andererseits ist da seine Solo-Karriere. Ja, auch die hat den einen oder anderen Klassiker abgeworfen. Aber solo wurde Ozzy zu dem, was er seit vielen Jahren ist: eine riesengroße Marke, aber als Musiker doch eher ein kleines Licht. Letztendlich sang er bei Sabbath ja auch oft „nur“ die Riffs von Tony Iommi — und die Texte von Geezer Butler. Aber: egal. Black Sabbath waren eine Band. Und Ozzy ein sehr wesentlicher Teil davon.
ass da eine Band am Werke war, davon konnte ich mich mit etwas Fantasie auch noch bei Ozzys Solo-Alben bis einschließlich „Ozzmosis“ überzeugen. Das war’s dann aber auch. Und damit zu „seinem“ neuesten Werk. Schaut man in die Credits, so sieht man, dass Ozzy bei 11 von 13 Songs als alleiniger Songwriter genannt ist. Was wahrscheinlich daran liegt, dass seine Frau Sharon eine mit allen Wassern gewaschene Managerin ist.
Denn hört man sich die Songs an, so wird schnell klar, dass es sich um reinste, von A bis Z durchkalkulierte Produzentenmusik fürs Radio handelt. In den 60 Minuten passiert nichts, absolut gar nichts überraschendes. Kein Zakk Wylde, kein Jeff Beck, kein Tony Iommi, kein Mike McCready, kein Eric Clapton, kein Josh Homme und kein Dave Navarro kann bzw. darf dem Album seinen Stempel aufdrücken. Nein, der einzige Grund, weshalb dieses „Who is Who“ der Gitarren-Größen hier versammelt wurde, ist: dass man es sagen und schreiben kann, dass sie dabei waren. Gutes Geld hat’s bestimmt gegeben. Und gutes Geld wird auch „Patient Number 9“ machen.
Weil es eben sehr viele Leute gibt, die auf die Marke Ozzy abfahren, oder Ozzys Gesang mögen (wozu auch ich gehöre), oder Fan einer der teilnehmenden Gitarristen und ihren Bands sind (auch zu jenen gehöre ich). All das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass „Patient Number 9“ ein seelenloses Populär-Produkt ist. Man kann zu dieser Art von Musik wunderbar Bügeln oder die Spülmaschine ausräumen. Man kann auch dazu Staubsaugen. Dann hört man sie zwar nicht, aber verpassen tut man deswegen auch nichts. 4 von 10 HELLFIRE-Punkten.
Marius Göddert
Ganze 13 Songs und damit über 60 Minuten Gesamtspiellänge umfasst das 13. Solo-Album von Ozzy Osbourne. Erinnert mich direkt an das letzte Black Sabbath Studioalbum „13“, das wann nochmal rauskam? Klar, 2013!
Gefühlt knüpft „Patient Number 9“ musikalisch auch beim letzten Sabbath-Album an. Statt auf die 13 gibt’s auf „Patient Number 9“ aber bloß auf die 12, was allemal reicht. Mit tatkräftiger Unterstützung von Profimusikern wie Jeff Beck, Zakk Wylde (Black Label Society), Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), dem jüngst verstorbenen Taylor Hawkins (Foo Fighters), Duff McKagan (Guns N‘ Roses), der Songwriterin Ali Tamposi, Eric Clapton, Chris Chaney (Jane’s Addiction), Ryan Tedder (OneRepublic), Robert Trujillo (Metallica) und Sabbath-Gitarrengott Tony Iommi liefert Osbourne ein rundes Album ab, das unerhört gefällig ist.
Die hin und wieder poppigen Passagen werden durch Ozzys Gesang abgemildert und spätestens durch Zakk Wyldes Kreissäge versöhnt. Insbesondere das Solo auf „Nothing Feels Right“ ist einfach Heavy-Metal-Klampferei in Reinkultur.
Und so gehen die 13 Nummern im Nu durch die Anlage und in den Kopf. Was bleibt ist ein begeisterter Zuhörer, der sich auf den zweiten Durchlauf freut. Dafür gibt’s 8 von 10 Hellfire-Punkten.
Jörg Schnebele
Dass Ozzy noch mal ein reguläres Studio-Album veröffentlicht, damit hat wohl niemand wirklich gerechnet.
Seine gesundheitliche Situation hat den Madman ja nun seit Jahren auf Eis gelegt; Tourneen wurden permanent abgesagt/verschoben, und dass Ozzy sich nun noch einmal ins Studio begeben hat, gleicht schon einem Wunder.
Unter „normalen“ Bedingungen wäre das Basteln an neuen Songs im Studio wohl gar nicht zu Stande gekommen. Die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen haben Ozzy allerdings die Tür geöffnet, eine weitere Produktion hinzubekommen. Schließlich saßen die beteiligten Musiker nicht zusammen bei den Aufnahmen, sondern jeder steuerte quasi seinen Teil Scheibchenweise (von zu Hause) bei.
Eine reguläre Ozzy Osbourne Band existiert ja aktuell eh nicht, so dass mit Gastauftritten diverser Künstler (Jeff Beck, Zakk Wyld, Eric Clapton, Mike McCready (Pearl Jam), Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Taylor Hawkins (Foo Fighters),Robert Trujillo (Metallica), Duff McKagan (Guns N’ Roses), Chris Chaney (Jane’s Addiction) und Sabbath Kollege Tony Iommi erstaunlicherweise ein nettes Stückchen Musik herauskam.
Und selbst, wenn keine aufeinander eingespielte Band hier zum Zuge kam, klingt das Gesamtwerk „Patient Number 9“ wie aus einem Guss.
Natürlich bestimmen gerade die beteiligten Gitarristen ein wenig die Richtung der Songs; Jeff Beck und Ozzy zusammen auf dem Titelsong… Grandios; eine geile Rocknummer mit einer Überflieger-Gesangsmelodie.
Zusammen mit Eric Clapton fabriziert der Madman mit „One of Those Days “ eine an Ugly Kid Joes, „Cats in the Cradle“ erinnernde softere Nummer, die ziemlich untypisch für Herrn Osbourne anmutet.
Die von Zakk Wylde übernommenen Tracks („Parasite“, „Mr. Darkness“, „Nothing Feels Right“, „Evil Shuffle”) passen am ehesten in die Ozzy typischen und gewohnten Songstrukturen, und Tony Iommi lässt einen mit „No Escape From Now“ und „Degradation Rules“ die Zeitmaschine besteigen, und alte Black Sabbath Gefühle aufkommen.
Ohne Frage ist gerade die Vielschichtigkeit der beteiligten Musiker die Ursache für ein stilistisch sehr breitgefächertes Album, welches seinen roten Fade durch Ozzy unverkennbare Stimme erhält.
„Patient Number 9“ ist ein sehr abwechslungsreiches Album geworden, bei dem mir persönlich die Ausflüge mit Beck und Clapton am meisten gefallen. Es ist kein Killeralbum, aber Ozzy hat schon deutlich schwächere Alben veröffentlicht. Ich denke, bei 7 von 10 Hellfire Punkten ist das neue Ozzy Werk bestens aufgehoben.
Aus den Bewertungen ergibt sich im Durchschnitt 6,8 von 10 Hellfire Punkten.
Tracklist:
01 Patient Number 9 (feat. Jeff Beck)
02 Immortal (feat. Mike McCready)
03 Parasite (feat. Zakk Wylde)
04 No Escape From Now (feat. Tony Iommi)
05 One of Those Days (feat. Eric Clapton)
06 A Thousand Shades (feat. Jeff Beck)
07 Mr. Darkness (feat. Zakk Wylde)
08 Nothing Feels Right (feat. Zakk Wylde)
09 Evil Shuffle (feat. Zakk Wylde)
10 Degradation Rules (feat. Tony Iommi)
11 Dead and Gone
12 God Only Knows
13 Darkside Blues
Mehr Infos:
https://www.facebook.com/ozzyosbourne