Geschrieben von Marco Gräff
Band: Paradise Lost
Album: Obsidian
Genre: Paradise Lost
Plattenfirma: Nuclear Blast Records
Veröffentlichung: 15.05.2020
Egal was PARADISE LOST in ihrer über 30-jährigen Karriere produziert haben, sie waren, sind und bleiben unverkennbar in ihrem Schaffen. Die Art wie Greg Mackintosh Melodien und Riffs schreibt und vor allem spielt, ist unverwechselbar und erkennt man sofort, sobald man auch nur einen Ton hört. Das können nicht viele Musiker von sich behaupten. Und es spielte auch nie eine Rolle in welcher Phase sich die britische Band aus Halifax gerade befand. Seien es die rohen Death Metal Anfänge, die langsam in Doom und Gothic übergingen, oder die Synthi geschwängerten Alben „One second“ und vor allem „Host“. Ein jedes der bisherigen 15 Werke ist PARADISE LOST.
Und doch war die Freude riesig, als 2015 dieser wütende Brocken „The plague within“ völlig überraschend auf die Metalwelt losgelassen wurde. Back to the roots hieß es, und diesmal im wahrsten Sinne. Der Death Doom mit den damit verbundenen prägnanten Growls von Sänger Nick Holmes kehrte zurück. ‚Bloodbath‘ sei Dank. Und auch Greg Mackintosh dürfte spätestens mit Gründung seiner Zweitband ‚Vallenfyre‘ (nun ‚Strigoi‘) wieder Gefallen am Death Metal auch für seine Hauptband gefunden haben.
Wie dem auch sei, das letzte Werk „Medusa“ führte den eingeschlagenen Weg konsequent fort, ging sogar noch einen Tick weiter und war noch schwärzer und trister als „The plague within“. Aber Paradise Lost wären nicht Paradise Lost wenn sie diesen Weg jetzt einfach so weiter gehen würden. Sie knüpfen nicht nahtlos am Vorgängerwerk an, auch wenn es die erste Single Fall from grace vielleicht noch Glauben machen wollte. Dieses wütende Beispiel mit den schwerfälligen Riffs, so passend für die aktuelle Situation, hätte auch dem 2015er Album gut zu Gesicht gestanden.
Doch beginnt OBSIDIAN verhalten und nachdenklich mit dem wunderschönen Darker thoughts. Ein melancholischer Nick Holmes führt begleitet von Streichern langsam in das 16. Werk, bevor die Growls aus ihm ausbrechen und die für Paradise Lost typischen Riffs einsetzen. Allein Darker thoughts steht schon irgendwie für den neuen Sound der Engländer. Nehme das Beste aus allen Werken und mache was Unverkennbares daraus.
Und doch ist Platz für Überraschungen, wie die zweite Single Ghosts beweist. Stärker denn je lebt Mackintosh seine Gothic-Vergangenheit aus, schüttelt ein Ohrwurmriff aus dem Ärmel und lässt Fans der 80er Gothic Szene frohlocken. Herausgekommen ist ein tanzbarer, hitverdächtiger Gothic Rocker, der irgendwo in der Schnittmenge von „Draconian times“ und „One second“ liegt. Schon jetzt einer der Songs des Jahres.
Und es geht munter weiter. Das traurig, düstere The devil embraced bietet wie Serenity Futter für die Anhänger der letzten beiden Alben, letzterer punktet zudem mit schauriger Atmosphäre. Forsaken rockt relativ hoffnungslos und pessimistisch, klingt wie ein Relikt aus „Icon“-Zeiten, wäre aber auch auf „Tragic idol“ gut aufgehoben gewesen. Dann hätten wir noch Ending days, ebenfalls an Trostlosigkeit kaum zu überbieten, dominieren zu Beginn wieder Gothic Rock Töne und der melancholische Gesang. Eine Typische Gothic Metal Nummer wie sie nur eine Band hinbekommt.
Bevor wir zum bitteren Ende kommen, zeigen uns PARADISE LOST mit Hope dies young, dass es immer noch ein bisschen trauriger und hoffnungsloser geht. „Host“ (Emotionalität) trifft „Symbol of life“ (Dark Rock Attitüde). Und mit dem abschließenden Ravenghast schlagen die Briten den Bogen zu den Anfängen ihrer Karriere. Schleppender Death Doom, fies und grausam anmutend. Hätte sowohl auf „Lost paradise“ (abgesehen vom leidenden Klargesang) als auch auf „The plague within“ Platz finden können.
PARADISE LOST bleiben sich auch mit dem 16. Album treu und machen alles, nur nicht das was man von ihnen erwartet. OBSIDIAN geht gut und gerne als Best-Of durch – nur eben mit brandneuen Songs. All ihre Stärken vereinen sie in neun Songs die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch zusammen so gut funktionieren. Was aber auch an den jeweiligen starken Übergänge zwischen den einzelnen Songs liegt. Mit OBSIDIAN haben PARADISE LOST auf jeden Fall wieder einen Genre Klassiker geschaffen, sofern man bei Paradise Lost noch von einem bestimmten Genre überhaupt noch sprechen kann. Paradise Lost sind halt einfach Paradise Lost.
von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten
Tracks:
1 – Darker Thoughts 5:44
2 – Fall From Grace 5:41
3 – Ghosts 4:33
4 – The Devil Embraced 6:07
5 – Forsaken 4:28
6 – Serenity 4:44
7 – Ending Days 4:34
8 – Hope Dies Young 4:00
9 – Ravenghast 5:27
Line-Up:
Nick Holmes – Gesang
Greg Mackintosh – Leadgitarre
Aaron Aedy – Rhythmusgitarre
Steve Edmondson – Bass
Waltteri Väyrynen – Schlagzeug
Weiter Infos:
Homepage
Facebook
Nuclear Blast