Geschrieben von Katja Maeting
Band: Polar
Album: Nova
Genre: Metalcore / Melodic Hardcore
Plattenfirma: Arising Empire
Veröffentlichung: 05. April 2019
Manchmal muss man innehalten, um überhaupt zu merken, welchen Weg man schon zurückgelegt hat. Umso schöner, wenn man dann feststellt, dass man immer noch die Verbindung zu den eigenen Wurzeln spürt ohne den Zwang zu empfinden, sich daran zu ketten. Die Jungs von Polar haben einen mit vielen Meilensteinen gepflasterten Weg hinter sich, der wohl auch mal holprig war, aber stetig nach vorne (oder oben) führte. Mit großen Pausen oder schnörkeligem „um sich selbst drehen“ hatten sich die Briten bis jetzt nicht befasst. Drei Alben und zwei EPs in 10 Jahren ließen auch nicht viel Zeit zum Luftholen, bei ihrem neuen und vierten Album „Nova“ ist es diesmal aber etwas anders gelaufen.
Nicht nur das sie sich diesmal drei Jahre Abstand zwischen den Alben gegönnt haben, auch die Inhalte werden, den Entwicklungen der einzelnen Bandmitgliedern entsprechend, persönlicher, individueller und stellenweise auch emotionaler. Die Themen reichen dabei vom Selbstmord eines Freundes bis hin zu den ersten Erfahrungen als Elternteil, bespielen also eine breite Palette an gefühlsintensiven Situationen. Und intensiv beschreibt den Sound von Polar immer noch am besten, auch wenn sie auf der neuen Scheibe die organische Entwicklung ihres Sounds logisch fortführen und den instrumentalen und gesanglichen Momenten voller Melodie einen angemessenen Raum geben.
Mit den inzwischen vier vorab bekannten Songs kann man sich als interessierter Hörer schon einen sehr guten Eindruck vom neuen Album „Nova“ verschaffen, bilden diese doch viele Variationen im Sound von Polar auf dem anstehenden Release ab. Absolute Über-Nummer ist dabei für mich eindeutig „Adore“, einer der Tracks mit der größten Strahlkraft überhaupt auf dieser Scheibe. Und auch der Polar-typisch aus der Reihe tanzende Song „Breathe“ setzt mit seinen dominierenden Cleans und seiner Ausgestaltung als Breakdown-Ballade in bekannter und immer wieder interessanter Weise den Gegenpol zum ansonsten durchgehend druckvollen, auf Melodic Hardcore gebürsteten Sound der Jungs. Aber auch der Rest der Scheibe muss sich nicht verstecken.
„Devil“ walzt sich im bekannten Stil in den Strophen rhythmisch voran und schiebt eine fette Druckwelle vor sich her, auf der die heiseren Shouts von Frontmann Adam aggressiv voransurfen. Im Refrain wird dann mit Chor und catchy-harten Singalongs gearbeitet, viel Spaß wer sich die Nummer aus dem Ohr pulen will. Auch wenn man das Konzept hinter der Songstruktur sofort erkennt, der konditionierte Reflex zieht trotzdem. Bei „Cradle“ wird ein ähnlicher Ansatz verfolgt, aber die Gegensätze aus harten Strophen und melodischem Chorus noch deutlicher herausgearbeitet und durch die clean gesungene Bridge auf den Punkt gebracht. Typisch Polar irgendwie, aber etwas aufgepumpter als man es von den bisherigen Scheiben kennt.
„Amber“ überrascht dann etwas mit seinem Fusions-Charakter. Während sich der Frontmann eine Punkrock-Attitüde in die Stimme legt und mehr roughe Cleans als Shouts anstimmt, verbreiten die weiblichen Guest-Vocals 90er Alternative Vibes. Dabei tanzt dieses ungleiche, aber zusammen sehr charmante Paar auf einer aufgelockerten Metalcore-Instrumentierung, die viel Raum für melodische Einflüsse aus anderen Richtungen lässt. „Prey“ schiebt dann deutlich wieder Richtung Hardcore, nimmt auf dem Weg aber auch ein paar melodische Synthies mit, die sich aber eher dezent hinter die druckvolle Riff-Linie und Gang-Shouts legen. Gesanglich Hardcore, musikalisch ziemlich heavy und mit fettem Breakdown Part. Zwischen ihre melodisch-harten Songs setzen Polar auch auf „Nova“ immer wieder kurze, hochmelodische und zum eigentlichen Sound gegensätzliche Interludes, die kurzzeitig den wild flatterndes Puls wieder einfangen.
Polar klingen immer etwas anders mit jedem Release, aber trotzdem immer wie sie selbst. Eine Leistung, die nicht viele Bands konstant auf diesem Niveau bringen können. Mit „Nova“ entwickeln sie sich konsequent fort, überraschen dabei nicht in ihrer Grundhaltung, aber doch mit einzelnen Facetten. Zwar zündet nicht jeder Song so genial wie der eher untypisch übercatchy Vorab-Kracher „Adore“, aber mit jedem Durchgang zieht es einen weiter in seinen hymnischen Bann. Die Briten haben es geschafft, ein Album ohne Ausfälle zu schreiben, dass sich breitbeinig im Core-Bereich platziert und nicht limitieren lässt. Dieser Access All Area-Ansatz beim Songwriting zeigt sich immer wieder in schönen Facetten wie perfekt gesetzten (eher seltenen) Clean Momenten, druckvollen Chor-Stimmen oder melodischen Instrumental-Malereien unter den mächtigen Shouts von Frontmann Adam Woodford. Wobei letztere in ihrer starken Hardcore-Färbung wohl wie so oft Geschmackssache sind. Ein Album, bei dem Core-Fans jeglicher Ausprägung eigentlich nichts falsch machen, wenn sie es in ihre Musiksammlung einreihen und wer den Weg der Jungs bisher begeistert begleitet hat, wird auch zukünftig weiter mit ihnen gehen.
Von mir gibt es 8,5 von 10 Hellfire-Punkte
Trackliste:
01. Mare
02. Devil
03. Cradle
04. Drive
05. Adore
06. Sonder
07. Amber
08. Breathe
09. Prey
10. Dusk
11. Midnight
12. Brother
Line-up:
Adam Woodford – Gesang
Tom Green – Gitarre
Fabian Lomas – Gitarre
Jonny Bowman – Bass
Nick Jones – Schlagzeug
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