Pure Steel Records – Metal aus Überzeugung

Heute wollen wir Euch mal eine Plattenfirma vorstellen, die besonders durch ihre NWOBHM Ausrichtung auffällt.
Pure Steel scheint eine kleine aber feine Firma zu sein. Aber der Eindruck täuscht: zwar ist Pure Steel Records fein, aber gewiss nicht klein.
Und die Geschichte der Firma reicht bis in die Achtziger zurück.
 

HF: Zu aller erst stellt bitte mal das Label und Euer Team vor. Wie viele Leute arbeiten bei Pure Steel Records und wer hat welche Funktion?

PS: Pure Steel hat insgesamt 5 feste Mitarbeiter. Andreas und Stefan leiten dabei das Unternehmen und entscheiden über die Bandauswahl und alle Veröffentlichungen.

Michaela und Markus arbeiten im Verkauf, für die Werbung etc.
Kai macht die Buchhaltung.

Wir haben ja auch zwei Standorte, den Hauptsitz in Schwarzenberg in Sachsen und als Zweigstelle Possenhofen in Südbayern.

 

HF: Eure Aktivitäten gehen bis in die 80er zurück; wie hat sich alles bis zum heutigen Tag entwickelt?

PS: Grundsätzlich nach oben, wobei der Markt mit den Wiederveröffentlichungen aus den 80ern der stärkste Pfeiler ist.

Die Experimentierfreude bei neuen Bands ist leider im Heavy Metal nicht sonderlich ausgeprägt. Vor allem, wenn es ungewöhnliche Sounds sind, ist es schwierig etwas am Markt zu platzieren. Auch, wenn es aus Ländern kommt, die nicht die „üblichen“ sind. Eine US-Band vermarktet man nach wie vor leichter als eine Spanische.

 

HF: Ihr habt seit Anfang 2001 so ziemlich alles von deutschen Bands wieder veröffentlicht, was nicht bei Major Companies unter Vertrag stand (GRAVESTONE, NOISEHUNTER, STRANGER) und mit dem Partner-Label „BattleCry“ Veröffentlichungen von STORMWITCH, NECRONOMICON, TYRANT.
Meines Wissens waren diese Bands allesamt bei Gama Records unter Vertrag.
Wie habt Ihr das möglich machen können? Die Rechte am gesamten Gama Paket von Garratoni/Marek übernommen?

PS: Wir haben die Rechte vor 13 oder 14 Jahren gekauft, ja. Allerdings halten wir nicht nur die Rechte an Gama.
Auch viele andere Bands aus den 80ern sind bei uns. Darunter auch einige aus Österreich, den USA etc.

HF: Die Pure Steel Labelgruppe entstand dann 2010. Ward Ihr damals an einem Punkt, wo Ihr „das Alte“ abgearbeitet hattet und nun mit einem neuen Label und neuen Bands in die Zukunft blicken wolltet?

PS: Nein, es ging nur darum zu wachsen, das war mit den alten Strukturen nicht möglich.

 

HF: Die Labelgruppe umfasst neben Pure Steel Records noch Pure Rock Records, Pure Legend Records, Pure Prog Records, Pure Underground Records, Pure Doom Records, und Karthago Records. Warum diese Unterlabels und nicht alles unter einem Dach Pure Steel Records?

PS: Erstens, weil es zum Teil eigenständige Segmente waren und sind, die allerdings alle zur Pure Steel GmbH gehören, zweitens weil es für die Kunden einfacher ist zu unterscheiden.

Auf Pure Underground erscheinen z.B. nur Newcomer und Nischenbands.
Auf Pure Steel klassische Metal Bands, auf Karthago Wiederveröffentlichungen usw.

 

HF: Stilistisch bedient PSR Hauptsächlich die Fangemeinde um den US/Power/NWOBHM, also den klassischen Heavy Metal. Ich denke, diese Ausrichtung hängt mit dem Geschmack des/der Labelgründer zusammen.

PS: Ja und Nein. Andreas bevorzugt US-Metal und Prog, Stefan NWoBHM, deutschen Heavy Metal und den Rest der traditionell spielenden Metal-Welt.
Gemeinsam gefällt high class melodic Metal.

Es ist zudem sehr viel am Markt, was eigentlich noch im Demostadium ist. Für manche dieser Bands betreiben wir Aufbauarbeit, allerdings nicht über unsere eigenen Labels sondern über Pure Steel Promotion.

Dann, wenn die Band soweit ist, gibt es erst mal einen Distributionsdeal, bevor es – bei guten Verkäufen – zu einem „echten“ Vertrag kommt.

 

HF: Wie kommt Ihr an Eure Bands? Sucht Ihr ganz gezielt nach Gruppen in dieser stilistischen Sparte oder entstehen die Signings überwiegend dadurch, dass die Bands Euch ihr Material zukommen lassen?

PS: Wir haben massenhaft Bewerbungen. Das abzuarbeiten ist schon eine Herausforderung.

 

HF: Beschränkt Ihr Euch auf eine bestimmte Anzahl von Veröffentlichungen im Jahr oder seid Ihr diesbezüglich komplett offen.

PS: Die Kapazitätsgrenze liegt bei ca. 40 Veröffentlichungen im Jahr.

 

HF: Da bekanntermaßen viel Musik ausschließlich über Downloads verkauft wird, ist dies doch bestimmt für Eure Arbeit eine finanzielle Gradwanderung.

PS: Ausschließlich über Downloads verkauft sich meines Wissens noch so gut wie nichts. Ohne die physische Verbreitung wird vor allem die echte Fanschicht nicht angesprochen.

Die Downloadkundschaft ist relativ gering im Verhältnis. Zunehmend sind die Leute, vor allem jüngere, die gar nichts für Musik bezahlen wollen. Aber das sind meistens keine Metalfans sondern die üblichen Trendhörer (Hip Hop, Rap, Pop, Soul) und die sind fast ausschließlich bei Spotify.

Ein Unternehmen was viel dazu beiträgt, dass die Musikszene leidet und die Qualität insbesondere im Popbereich immer weiter sinkt. Diese Hörerschaft interessiert sich auch nicht für qualitativ hochwertige Musik. Das sind „Fastfood“-Konsumenten und damit für uns nicht wirklich interessant.

 

HF: Arbeiten alle Mitarbeiter als Vollzeitkräfte bei PSR?

PS: Nein, nur Michaela und Markus. Alle anderen bekommen nur Aufwandsentschädigungen. Damit ist es für die Eigentümer der wohl schlechtbezahlteste „Fast“-Vollzeitjob, den man so haben kann. Pure Steel lebt quasi von ideellem Geist.

 

HF: Wie sehen generell die Verträge mit Euren Bands aus? Legt Ihr Euch von vorneherein auf eine bestimmte Anzahl von Alben mit den Bands fest, oder entscheidet Ihr immer nach einer Veröffentlichung, ob/wie lange Ihr mit der Band weiterarbeitet?

PS: Wir sind grundsätzlich nur an langfristiger Zusammenarbeit interessiert. Wiederveröffentlichungen natürlich ausgenommen.

 

HF: Als Redakteur eines Online Magazins habe ich die Zusammenarbeit mit Euch als extrem offen, zeitnah und herzlich empfunden.

Das ist beileibe nicht der Standard. Überrascht hat mich dabei auch, dass Ihr nahezu Euren kompletten Backkatalog für die Presse offen haltet (was uns dazu gebracht hat, sukzessive auch alte Veröffentlichungen zu besprechen). Damit hebt Ihr Euch von allen anderen Labels ab. Was ist der Hintergrund dieser Politik?

PS: Wir sind unabhängig. Sowohl finanziell als auch ideell. Das heißt, es ist nicht entscheidend, ob unsere Bands von bestimmten Redakteuren in Magazinen gemocht werden, noch richten wir uns bei Bands die uns gefallen ausschließlich nach den Verkäufen.

Wie gesagt, wir haben nur zwei Vollzeitangestellte. Das ist zwar immer noch ein gewisser Druck, aber er ist etwas abgemildert.

Die meisten Redakteure sind übrigens zum Glück auch echte Fans, vor allem die natürlich, die schon seit den 80ern dabei sind. Es gibt nur bei den Redakteuren, die erst im neuen Jahrtausend dazugekommen sind, ein paar ganz wenige unrühmliche Ausnahmen.

 

HF: Ich sehe bei PSR viele Parallelen zum NWOBHM Label Neat Records, die damals als kleine Kampftruppe vielen Bands die Möglichkeit gaben, ihre Musik zu veröffentlichen. In der damaligen Zeit war Neat eher ein Geheimtipp; im Nachhinein erreichte Neat Kultstatus. Erkennt Ihr auch diese Bezüge oder empfindet Ihr Euren Werdegang eher anders?

PS: Neat hatten die besseren Voraussetzungen. Ansonsten sind da Vergleiche durchaus erkennbar.

 

HF: Wenn man sich durch Euren Backkatalog hört, ist und bleibt es immer wieder spannend. Diese Spannung richtet sich natürlich auch auf alles, was da noch bei Euch kommen wird. Was liegt in der nächsten Zeit an? Habt Ihr neue Bands unter Vertrag, die ihre ersten Schritte in naher Zukunft gemeinsam mit Euch machen werden? Sind Folgealben bereits gesignter Bands in der Pipeline?

PS: Es würde jetzt den Rahmen sprengen das alles aufzuzählen.

Natürlich gibt es immer wieder Wiederveröffentlichungen. Zum Beispiel arbeiten wir gerade am RAGE – Backkatalog, der mit Bonustracks zum ersten Mal in wirklich schöner Form auf Vinyl herauskommen wird.

Aber natürlich haben wir auch viele sehr gute neue Bands. OLD SEASON und CONJURING FATE sind gerade erschienen, aber dieses Jahr kommen noch einige spannende Sachen.

Die Pure Steel-Seiten zu beobachten lohnt sich in jedem Fall!

 

Interview: Jörg Schnebele

 

Mehr Infos:

https://www.facebook.com/puresteelrecords/

http://www.puresteel-records.com/

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