Geschrieben von Dirk Draewe
Rheinaue – Bonn. Schon auf dem Weg nach Bonn war klar, es ist wieder Rockaue-Zeit. Deutlich erkennbar an diversen Band-Shirts, die von Leuten unterschiedlichen Alters getragen wurde.
Die Düsseldorfer Band ATOA hat sich dem HardPop mit deutschen Texten verschrieben und war auf der Rock und Heavy Stage mein erster Act des Tages. Thematisch handeln ihre Texte von alltäglichen Wahnsinn und da gibt es ja aktuell so einige Brennpunkte. Die wenigen Fans, die sich zu diesem Zeitpunkt vor der Bühne standen, gingen noch sehr verhalten mit. Aber das hielt die Band nicht wirklich ab, alles zu geben. Fürsorglich wurden in der Umbaupause, Gott sei Dank mit Ankündigung für die Fotografen, die wartenden und schwitzenden Fans von der Feuerwehr mit Wasser abgekühlt. Denn der Planet brannte gegen 15 Uhr schon ganz ordentlich. Hier mal ein herzliches Dankeschön für diese Aktion des Veranstalters und der Feuerwehr.
Der Soundcheck deutete es schon an und als der Moderator die Band mit „letztes Jahr noch in Wacken, heute in Bonn“ ankündigte, war die musikalische Marschrichtung der Bremer Band Watch Out Stampede klar. Post-Hardcore, gemischt mit wenigen clean Vocals, knallten den Fans um die Ohren. War es vorher noch etwas ruhig vor der Bühne, sah man nun schon die ersten Circlepits und auch erste Versuche der Wall of Dead.
Mit Skinny Lister aus England auf der Mainstage konnte ich eine Band erleben, die vor Spielfreude nur so strotzte. Von der ersten Sekunden an sprang der Funke über, kein Wunder bei den mitreißenden Mix aus Folk, Punk und Pop, dezent abgeschmeckt mit einer ordentlichen Prise Irish-Rock. Da konnte man einfach nicht anders als mittanzen, springen und hüpfen. Diese Band werde ich auf alle Fälle nicht aus meinem Fokus verlieren.
Danach ging es wieder zurück zur Heavy Stage, wo ich auf To The Rats And Wolves wartete, im Vergleich zu Skinny Lister das komplette Kontrastprogramm… so muss das auf einem Festival sein. Mittlerweile hatten die Temperaturen auch einen Punkt erreicht, wo man in den Umbaupausen über jedes schattige Plätzchen froh war. Aber diese waren schlagartig leer, als das Intro erklang. Electro-/ Metalcore vom feinsten war angesagt und für die wild moshenden Fans gab es kein Halten mehr… scheiß auf die Wärme. Nach der Hälfte der Spielzeit war das Eis endlich völlig gebrochen und eine riesige Wall of Dead bildete sich im mittlerweile vollen Infield. Für mich war die Band mit ihrer enormen Spielfreude auf alle schon ein echtes Highlight auf der Heavy Stage. Danach war wieder Feuerwehrduschen angesagt, denn die Sonne als auch der treibende Rhythmus hatte allen ganz schön zugesetzt.
Da wo To The Rats And Wolfes aufgehört hatten, da machten Any Given Day mit feinstem Metal gnadenlos weiter, sehr zum Freude der Fans. Da wurde gemosht als gäbe es kein Morgen und ich dachte es gäbe angesichts der tropischen Temperaturen keine Steigerung mehr. Selbst die Wasserpfützen vor der Bühne nach dem letzten Feuerwehrduschen dienten dem ein oder anderen, ganz wie in Wacken, dazu, durch den Schlamm zu rutschen. Für mich auch ein ganz deutliches Highlight des Abends.
Mit den Blues Pills auf der Mainstage wurden im Vergleich zur Heavy Stage deutlich ruhigere, aber nicht weniger stimmungsreiche Töne angeschlagen. Ich hatte die Schweden vorher noch nie live gesehen und sollte auch nicht enttäuscht werden. Bluesrock ganz im Stil der 80ziger, aber mit ganz eigenem Sound. So wie ich, waren auch viele Zuschauer regelrecht geflasht. Nach dem vierten oder fünften Song dann plötzlich die Ansage von Sängerin Elin Larsson, dass sie total heiser sei und nicht mehr weiter singen könne. Mir fiel das schon anfangs auf, da sie dem Tontechniker ständig irgendwelche Zeichen gab. Tja und so war dann auch schon nach 30 Minuten wieder Schluss. Schade, aber Gesundheit geht eben vor und das Publikum nahm es leicht enttäuscht, aber dennoch gelassen hin.
Danko Jones fing dadurch schon etwas früher an, was aber der Stimmung keinen Abbruch tat, ganz im Gegenteil. Die Kanadier bewiesen einmal mehr, dass sie sowohl auf großen als auch kleinen Bühnen zuhause sind und rissen die Fans mit ihrer Spielfreude von der ersten Sekunde an mit. Bei dem ein oder andren Riff war auch die musikalischen Vorbilder erkennbar, aber egal… Die Musik war geil, erfrischend frech und das ist die Hauptsache. Das animierte dann wohl auch immer mehr Fans zum Crowdsurfen und die Security hatte gut zu tun, ein nach dem andren Fan aus der Menge zu fischen. Aber auch die Kommunikation mit den Fans verstand Sänger Danko aufs beste, egal ob eine angehende Braut, ein crowdsurfender Fan mit Schwimmreifen oder ein Steckenpferd, nichts blieb ihm verborgen.
Gegen 22:15 Uhr war es dann endlich so weit, In Extremo stürmten als Headliner der Rockaue 2017 auf die Bühne. Wer In Extremo kennt, weiß was ihn erwartet, nämlich eine tolle Bühnenshow mit Pyro und einer nicht endenden Partystimmung. Vor der Bühne blieb kein Fuß mehr auf dem andren, da wurde getanzt, geklatscht und Party gemacht. Mit vielen Krachern aus der In Extremo Ära wusste die Band mehr als zu begeistern und gaben dem Festival bei Vollmond einen mehr als würdigen Ausklang.
Abschließend mein persönliches Fazit der Rockaue 2017. Es war ein tolles Festival mit einem Musikangebot, was viele Geschmäcker traf. Schade für die Veranstalter, dass nur sehr wenig Zuschauer da waren. Ich hätte mir mehr gewünscht, denn das drum herum war einfach toll. Ob Orga-Team, Security, Essen und Trinken es war aus meiner Sicht alles gut organisiert und das zu einem Eintritts-Preis, für den man sonst noch nicht einmal In Extremo zu sehen bekommt. Ich weiß, dass im Nachhinein auch schon über die Preise gemeckert wurde. Aber ich denke beim Geld kann man es niemand recht machen, egal ob das Festival kostenlos gewesen wäre oder wie im Fall der Rockaue wirklich wenig gekostet hatte. Wenn ich überlege, dass man z.B. in der Live Music Hall für eine (!) Band deutlich mehr Eintritt als für die Rockaue zahlt und die Preise für das Bier ähnlich sind… da höre ich komischerweise nie Klagen. Aber das nur am Rande, ich drücke dem Orga-Team für 2018 die Daumen, dass es nach dem Kassensturz auch in 2018 wieder heißt „Wellcome zur Rockaue“.
Hier gehts zu den Fotogalerien von der Rockaue 2017, Photos by Dirk Draewe (http://www.draewe.de und http://www.facebook.com/pixxelkunst):
ATOA
Watch Out Stampede
Skinny Lister
To The Rats And Wolves
Any Given Day
Blues Pills
Danko Jones
In Extremo