Geschrieben von Katja Rohloff
Photos by Sarah Jacob (https://www.metalmieze.de)
16. Juni 2017 – 2. Festivaltag
Sankt Goarshausen – Loreley. Eröffnet wurde der zweite Tag, bei angenehmen Temperaturen, von Motörhaze, den Siegern des Radio Rockland Coverband-Wettbewerbs. Bei dem Namen war direkt klar, dass es sich hier nur um eine Motörhead Tribute Band handeln konnte. Als Sänger Hans Haberkörn die Bühne betrat, musste man dann auch zweimal hingucken, denn optisch würde er mindestens als Cousin von Lemmy durchgehen. Und auch stimmlich machte er seinem Vorbild alle Ehre. Dem souveränen Auftritt der Band merkte man nicht an, dass sie sich erst nach dem Tod des Motörhead-Frontmanns gegründet hat. Sie konnten das, uhrzeitbedingt eher spärlich vorhandene, Publikum zum überwiegenden Teil mitreißen und wurden dafür nach „Ace of Spades“ als letztem Song mit einer respektablen Anzahl von Zugaberufen belohnt.
Xandria bildeten mit ihrem anschließenden Auftritt den musikalischen Gegenpol zum Lemmy-Tribute. Die Symphonic Metaller um die klassisch ausgebildete Sängerin Dianne van Giersbergen begeisterten die verhältnismäßig zahlreichen Zuschauer vom ersten Ton an und diese wurden durch die niederländische Frontfrau auch regelmäßig zum Mitmachen animiert. Van Giersbergen verstand es zudem, mit ihrer Gestik und Mimik die Wirkung der dargebotenen Songs zu unterstreichen. Bei „Nightfall“ räumte sie dann aber kurzzeitig ihren Lieblingsplatz auf dem Bühnensteg, damit Gitarristen und Bassist ebenfalls in den Genuss der Publikumsnähe während ihrer Darbietung kamen. Für den hervorragenden stimmlichen Support bei „We are murderers“ und dem körperlichen Einsatz bei „Cursed“ wurden die Fans dann noch mit „Call of Destiny“ vom aktuellen Album belohnt.
Als nächstes stand die ominösen Rockfels Show Band auf der Liste. Während man noch rätselte, worum es sich dabei handeln könnte, löste der Blick auf die Musiker beim Soundcheck erste Ernüchterung im Publikum aus. Die schon am Vortag nicht für Begeisterung sorgenden Mitglieder von TXL bereiteten sich auf einen erneuten Auftritt vor. Da das Verlassen des Amphitheaters einen auch nicht außer Hörweite brachte, musste man sich gezwungenermaßen schlechte Rock-Versionen diverser Popsongs von Mark Forster, Sarah Connor u.a. anhören. Die Aussage des Sängers, dass es angesichts der Kurzfristigkeit der Anfrage des Veranstalters nicht möglich gewesen sei, noch mehr Lieder auf Rock zu trimmen, sorgte nur im ersten Moment für allgemeine Erleichterung. Der Rest der eingeplanten Bühnenzeit wurde nämlich gnadenlos mit einem Großteil des Sets vom Vortag aufgefüllt. Wiederholung führte in diesem Fall leider nicht zu Verbesserung und so reichten die mehrheitlichen Reaktionen der Anwesenden vom stoischen Aussitzen bis hin zum Vorschlag, das Berliner Trio der CIA als neue Foltermethode zu empfehlen.
Die gequälten Ohren freuten sich anschließend auf Entspannung beim Auftritt von Sanctuary. Die US-Metaller, zwischenzeitlich unter dem Namen Nevermore aktiv, hatten bereits beim Soundcheck mit ein paar technischen Problemen zu kämpfen. Das Set pustete mit den eröffnenden Gitarrenriffs erstmal die Ohren frei, konnte aber anschließend die Erwartungen nicht erfüllen. Während die Instrumentalisten noch halbwegs motiviert agierten, wirkte Sänger Warrel Dane, als würde er neben sich stehen. Stimmlich bot er die Songs auf ordentlichem Niveau dar, aber schon optisch baute er mit Sonnenbrille und Basecap eine Barriere zum Publikum auf. Zwar machte er zwischendurch kurze Ansagen, die aber wie abgespult wirkten. Die mitten in der Performance auftretenden technischen Aussetzer trugen auch nicht dazu bei, die Stimmung zu verbessern. Zwar lockten Sanctuary ein paar der durch TXL vertriebenen Zuschauer wieder herbei, aber mit ihrem lieblosen Vortrag lösten sie höchstens dezentes Mitnicken im Publikum aus. Und so war kaum jemand traurig, als die Band nach sechzig Minuten die Bühne verließ.
Delain mussten anschließend zu Beginn ihrer Performance mit dem Handicap kämpfen, dass zeitgleich die Autogrammstunde von Blind Guardian stattfand. Die lange Warteschlange hatte dank der guten Akustik der Location das Glück, den Auftritt der zweiten Symphonic-Metal-Band des Tages genießen zu können. Umgekehrt bot sich den Niederländern von der Bühne aus aber zu Anfang der Ausblick auf die gelichteten Reihen. Davon ließen sie sich aber keinen Moment irritieren und sorgten mit ihrer energiegeladenen Darbietung dafür, dass es jeden Richtung Bühne zog, sobald die ergatterten Autogramme sicher verstaut waren. Die Freude, die die Band bei ihrem Auftritt hatte, übertrug sich sofort auf das Publikum und so wurde zusammen gesungen und gefeiert. Delain schafften es, die Enttäuschung über die beiden vorherigen Bands zu vertreiben.
Der Übergang zu Saltatio Mortis bedeutete einen nicht ganz so krassen Stilwechsel wie bei manch anderen Auftritten in der Running Order. Die Darbietung der Mittelalter-Rocker füllte an diesem Tag das Amphitheater zum ersten Mal vollständig. Und von der ersten Sekunde an war das Publikum Sänger Alea und seinen Mannen verfallen. Die Musiker hatten sichtbar Spaß und trieben die Zuschauer zu Höchstleistungen an. Als Alea bei „Wachstum über alles“ das Publikum mit den Worten „Könnt ihr springen?“ eben dazu aufforderte, sprang der ganze Rockfels. Ein beeindruckendes Bild. Die Setliste voller Hits und traditioneller Spielmannslieder sorgte, wie auch die Pyro-Show, weiter für eindrucksvolle Anblicke. So wurden bei „Koma“ die Arme auf die Schultern der Nachbarn gelegt und bei „Willkommen in der Weihnachtszeit“ streckten auf Aleas Kommando hin alle die Hände in Richtung des fleißig mitrockenden Rockfels-Weihnachtsmanns, der anschließend zu einer spontanen Performance auf die Bühne kam. Beim „Rattenfänger“ wurde der Frontmann dann mit der Offenbarung „ Er hat seit Neujahr nicht mehr geduscht“ zum Crowdsurfen ins Publikum befördert. Sportliche Höchstleistungen von Publikum und Künstler sorgten dafür, dass der Sänger auch den Weg bergab mit dem Kopf voran heil überstand und lediglich mit offenen Schnürsenkeln und einem Aufkleber auf dem Oberkörper als Souvenir wieder auf der Bühne landete, wo er sofort wieder Vollgas gab. Das „Spiel mit dem Feuer“ bildete dann das Ende des Auftritts von Saltatio Mortis.
Wenn diese Darbietung auch schon ein Highlight war, so wartete mit der nächsten Band quasi das Sahnehäubchen des Tages auf die Zuschauer. Auf dem Zeltplatz herrschte ab 21:00 Uhr wahrscheinlich gähnenden Leere, denn die Aussicht auf Blind Guardian dürfte jeden wieder auf die Beine gebracht haben. Und die Krefelder Musiker enttäuschten mit ihrer Mischung aus aktuellen Tracks und vielen Klassikern die Fans nicht. Den Opener bildete „The Ninth Wave“ vom letzten Album „Beyond the red mirror“, direkt gefolgt von den großen Hymnen „Welcome to dying“ und „Nightfall“. Und die ganze Loreley sang mit. Der Anfeuerungsrufe von Hansi Kürsch hätte es da eigentlich schon gar nicht mehr bedurft, schließlich gab jeder einfach alles, natürlich inklusive der Band. Die regelmäßigen „Guardian Guardian“ Rufe zwischen den Songs bestätigten noch zusätzlich, wie gut der Auftritt ankam. Und das selbst grenzenlose Begeisterung noch steigerungsfähig ist, bewies der Frontmann mühelos mit der einfachen Ansage, dass sie, wie versprochen, das gesamte Album „Imaginations from the other side“ spielen würden. Die einzigartige Kombination aus schlichtem Bühnenauftritt und faszinierenden Liedern riss alle Zuschauer mit und so schallte ein einziger großer Chor über die Loreley, der zusammen unter anderem „Born in a mourning hall“, und „Bright Eyes“ performte und dann bei „Valhalla“ zu ganz großer Form auflief. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass der Song fair zwischen Band und Publikum aufgeteilt wurde, jeder bekam für seinen Part in etwa fünf Minuten eingeräumt. Angesichts der Location durfte natürlich auch „The Bard’s Song“ nicht fehlen, während dem sich Sänger Hansi Kürsch eine kurze Auszeit gönnen konnte und dem Gesang der Fans lauschte. Das großartig zusammengestellte Set endete dann viel zu früh mit „Mirror Mirror“. Auch wenn Blind Guardian über mehr als anderthalb Stunden einen großartigen Auftritt hinlegten, hätten wohl alle im Publikum nichts gegen eine Verlängerung gehabt. Leider war dies nicht möglich und so verließ eine euphorisierte Menge langsam das Amphitheater und feierte den gelungenen Ausklang des Tages.
Morgen geht es dann weiter mit dem dritten und letzten Tag auf dem RockFels 2017 ?
Hier gehts zu den Fotogalerien vom Tag 2 auf dem RockFels 2017 (Photos by Sarah Jacob https://www.metalmieze.de):
Xandria
Sanctuary
Delain
Saltatio Mortis (tba)
Blind Guardian