Geschrieben von Katja Rohloff
Photos by Sarah Jacob (https://www.metalmieze.de)
17. Juni 2017 – 3. Festivaltag
Sankt Goarshausen – Loreley. Ohrenfeindt bewiesen als Opener des letzten Festival-Tages, dass Deutsch-Rock auf dem Rockfels durchaus funktioniert, wenn er denn gut gemacht ist. Und da bestehen bei dem Trio aus St. Pauli keine Zweifel. Mit ihren Songs aus der Mitte des Lebens, unterlegt mit schnörkellosen Vollgas-Melodien, verstanden sie es auch zu früher Stunde, das etwas dünn besetzte Amphitheater mit ein bisschen Anlauf mitzureißen. Sänger Chris Laut und Gitarrist Pierre Blesse waren ständig in Bewegung. Während der Frontmann die Besonderheit der Rockfels-Bühne nutzte und über die Treppe bis vor zum Publikum ging, rockte Blesse zwischendurch gern im Duckwalk über den Bühnensteg, was die Stimmung weiter anhob. Angelockt durch die Musik, füllten sich die Ränge immer mehr mit Zuschauern. Nachdem das Publikum nach ein paar Songs warmgespielt war, zeigte es sich textsicher und freute sich über „Starkstrom-Baby“ vom nagelneuen Album „Zwei Fäuste für Rock’n’Roll“. Zum Abschluss hörte man dann auf der Loreley schon mittags eine respektable Wolfsherde bei „Heul den Mond an“. Für die Fans besonders toll war die anschließende Autogrammstunde direkt neben der Bühne.
Musikalisch völlig anders ausgerichtet war dann die nächste Band. Die griechischen Power Metaller Firewind um Gitarrist Gus G füllten mit ihren Songs die Ränge des Amphitheaters weiter. Dank des aktuellen Sängers Henning Basse gab es keine Kommunikationsprobleme zwischen Band und Fans. Der gebürtige Braunschweiger performte bereits den ersten Song teilweise aus dem Graben und begrüßte die Fans in der ersten Reihe per Handschlag und auch die anderen Bandmitglieder nutzen den Bühnensteg, um dem Publikum näher zu sein. Im perfekten Zusammenspiel von Stimme und Instrumenten bot die Band ihren Zuhörern eine Mischung aus alten und neuen Liedern. Der Aufforderung, die Musiker lautstark zu unterstützen, kamen die Zuschauer bei soviel Spielfreude gerne nach. Natürlich ließ es sich Gus G nicht nehmen, dem Publikum seine Zauberkünste auf der Gitarre zu zeigen und spielte mal eben locker mit der Gitarre hinter dem Kopf weiter. Belohnt wurde er mit viel Applaus und begeisterten Fans. Viele hätten den Griechen gerne noch länger zugehört.
Kings‘ X hatten es als nächste Band der Running Order dann wieder ziemlich schwer. Dies lag aber nur in ihrer musikalischen Ausrichtung begründet, an handwerklichen Fähigkeiten und Spielfreude mangelte es ihnen nicht. Die Amerikaner spielen eine Art progressiven Blues Rock und damit hatte man es beim Rockfels schwer, die Massen zu begeistern. Entsprechend dünn besetzt waren die Zuschauerränge und auch die verbliebenen Leute mussten sich erst einmal auf den Stilwechsel einlassen. Dass Sänger Doug Pinnick während der ersten Hälfte des Sets auf Ansagen und jegliche Kommunikation mit dem Publikum verzichtete, machte es zusätzlich schwer, mit der Musik warm zu werden. Aber zum Schluss sprangen doch ein paar Fünkchen über und die Anwesenden sangen, mehr oder weniger textsicher, mit dem Frontmann die letzten Songs zusammen.
Man kann von Alestorm halten was man will, die Feiertauglichkeit und den Gute-Laune-Faktor ihrer Songs kann definitiv niemand bestreiten. Und so hielten neben den bunten True Scottish Pirate Metallern auch die Publikumsmassen wieder Einzug ins Amphitheater. Und sobald der erste Ton erklang, ging die Party los. Selbst wer Alestorm bis dahin noch nicht kannte, war spätestens nach der zweiten Wiederholung in der Lage, die eingängigen Refrains mitzusingen. Jeder Song der Metal-Piraten schraubte die Stimmung weiter nach oben. Die Briten feierten sich mit ihrer schrägen Performance auf der Bühne selbst ab und steckten damit jeden auf dem Rockfels an. Nebenbei wurde der Wort- und Gestenschatz im nicht jugendfreien Bereich erweitert. Wer sagt, dass Lernen keinen Spaß machen kann? Natürlich wurden auch Songs des neuen Albums „No grave but the sea“ zum Besten gegeben, neben dem Titeltrack auch die Mitgröhl-Hymne „Fucked with an anchor“. Zum Abschied präsentierte Sänger Christopher Bowes dann dem Publikum noch, was man auf der zugigen Loreley unterm Schottenrock trägt. Natürlich eine bunte Boxershorts.
Während Alestorm sowas wie der heimliche Headliner des Tages waren, folgten mit Queensrÿche die ersten richtigen musikalischen Schwergewichte des Tages. Die amerikanischen Prog Größen hatten keine Probleme, das große Rund wieder zu füllen, auch wenn sie musikalisch einen überdeutlichen Kontrast zum vorherigen Bühnenprogramm darstellten. Der Auftritt der Amerikaner auf dem Rockfels war die zweite Station ihrer aktuellen Europatournee und sie präsentierten sich in gutgelaunter Topform. Sollte auch nur einer im Publikum vorm Auftritt der Band immer noch Geoff Tate nachgetrauert haben, so wurde er an diesem Tag endgültig von Todd La Torre als perfekter Stimme für die Formation überzeugt. Zudem verstand der Sänger es von der ersten Sekunde an, das Publikum mitzureißen. Nicht ganz unschuldig daran war natürlich die Set-Liste. So kamen die Fans nicht nur in den Genuss des Titeltracks, sondern auch weiterer Hits des Kult-Albums „Operation:Mindcrime“. Und es wurde sogar schon fast historisch, denn die Band ging zurück bis zu ihren Ursprüngen und spielte einen ihrer ersten Songs überhaupt, den Klassiker „Queen of the Reich“. Da war es kein Wunder, dass so manch einer gerne noch länger bei Queensrÿche verweilt wäre.
Als nächstes gab sich die Symphonic Metal-Diva Tarja die Ehre und stellte sich der Herausforderung, mit ihrem Gesang der sagenhaften Hausherrin Loreley Konkurrenz zu machen. Das Live-Gitarrist Alex Scholpp, unter anderem dank der Konzerte mit seiner eigenen Band Farmer Boys, in perfekter Bühnenform war, merkte man sofort. Während er und Bassist Kevin Chown echten Spaß auf der Bühne präsentierten, wirkte Tarjas überdrehte Begeisterung etwas künstlich. Gerade zu Beginn des Auftritts zeigte sie im Minutentakt die Pommesgabel und auch beim Headbangen wirkte sie irgendwie aus der Rolle gefallen. Wenn sie sich dagegen darauf beschränkte, die Zuhörer mit ihrem Gesang zu beeindrucken, gelang ihr dies ziemlich gut. Während des ganzen Sets agierte die Finnin auf hohem stimmlichen Niveau, musste sich aber trotzdem vor etwas ausgedünntem Publikum präsentieren. Viele Zuschauer nutzten ihren Auftritt für eine Verschnaufpause im hinteren Teil der Arena oder hörten ihrer über die Loreley klingenden Darbietung beim Packen auf dem Zeltplatz zu. Schließlich beeindruckt Tarja eher mit ihrer Stimme als mit ihrer Bühnenshow. Die nachfolgende Band vereinte aber beide Faktoren nahezu in Perfektion.
Große Ereignisse werden traditionell mit einer Messe gefeiert. Im Fall des diesjährigen Rockfels gaben Powerwolf die Zeremonienmeister für den Abschluss des Festivals und zelebrierten mit ihren Fans die Heavy Metal-Messe. Dafür waren sie mit der definitiv aufwendigsten Bühnenshow der ganzen drei Tage angereist. Waren die Kirchbänke zu Beginn noch etwas spärlich besetzt, füllte sich der Andachtsraum spätestens beim zweiten Song und so konnten Attila Dorn, Falk Maria Schlegel und der Rest des Wolfsrudels eine angesichts der drei anstrengenden Festivaltage doch noch recht ansehnliche Heavy Metal Army aufstellen, auch wenn ein Teil der potentiellen Rekruten schon vorher die Fahnenflucht gewagt und die Abreise angetreten hatte. Bei „Amen&Attack“ nutzte auch der Frontmann die Möglichkeit, das Publikum am Rand des Bühnengrabens per Handschlag zu begrüßen. Der traditionelle Wettstreit zwischen Sänger Attila und Keyboarder Falk um die Gunst des Publikums und die Gaukeleien des Tastenzauberers hinter dem breiten Rücken des Frontmanns sorgten wie immer für Erheiterung. Die Begeisterung der Musiker auf der Bühne hatte sich schon ab dem ersten Song wellenartig über das Amphitheater ausgebreitet und so schallten große Power Metal Hymnen wie „Army of the Night“ und „We drink your blood“ im Chor in die Nacht hinaus.
Und mit den letzten Tönen der Wölfe endete dann das diesjährige Rockfels-Festival auf der Loreley.
Alles in allem war es ein ziemlich gelungenes Festival. Aber das man mit drei Jahren auch als Metal- und Rock Open Air noch in den Kinderschuhen steckt, bekam man als Festivalbesucher zwischendurch immer mal wieder mit. Den Mitarbeitern fehlten teilweise Infos bzw. Kontaktpersonen. Auch eine Ausschilderung des Radio Rockland Zeltes, in welchem die Autogrammstunden stattfinden sollten, wäre wünschenswert gewesen. So sahen sich die Bands, gerade am ersten Tag, bei ihren Signing Sessions teilweise erstaunlich wenigen Fans gegenüber. Aber das alle Bands für Autogramme eingeplant wurden, war für die Fans ein sehr schöner Aspekt. Eine deutliche Kommunikation des Rucksackverbotes wäre ebenfalls bereits im Vorfeld hilfreich gewesen. So kam es teilweise zu Verwirrung und Wartezeiten, insbesondere am ersten Tag. Den Mitarbeitern vor Ort ist dies jedoch nicht vorzuwerfen und ich habe nicht ein einziges Mal einen unfreundlichen Mitarbeiter erlebt. Es wäre fürs nächste Rockfels aber schön, wenn der Veranstalter hier an der Informations- und Kommunikationspolitik arbeiten könnte. Ebenso bleibt zu hoffen, dass TXL im nächsten Jahr nicht schon wieder Berücksichtigung im Line up finden werden, auch wenn sie die Rockfels-Hymne verfasst haben. Schließlich gibt es genug talentierte Bands, die sich freuen würden, solch ein Festival zu eröffnen. Grundsätzlich ist das Rockfels Open Air aber von der Location und vom Konzept her ein tolles Festival. Durch die örtlichen Begebenheiten kann man zudem sicher sein, dass es auch immer seinen besonderen Charakter als mittelgroßes Festival behalten wird. Die freundlichen Mitarbeiter und das gut gelaunte Publikum haben natürlich ihren Teil zum guten Gelingen beigetragen. Bei der Bandauswahl war für viele Geschmäcker etwas dabei, ohne allzu exotische Ausreißer und die Abläufe auf der Bühne waren gut organisiert. Besonders gut gefiel mir die große Fannähe, die auf der Loreley für die Bands möglich war und auch gerne genutzt wurde. Nicht nur durch den direkten Zugang zum Graben, sondern auch durch die Autogrammstunden und die Möglichkeit für die Musiker, problemlos über das Festivalgelände zu schlendern und auch mal mit den Fans ins Gespräch zu kommen. Das macht definitiv einen großen Sympathiefaktor des Festivals aus und ich freue mich aufs nächste Jahr.
Hier gehts zu den Fotogalerien vom Tag 3 auf dem RockFels 2017 (Photos by Sarah Jacob https://www.metalmieze.de):
Ohrenfeindt
Firewind
Kings‘ X
Alestorm
Queensrÿche
Tarja
Powerwolf